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Tier inzwischen heimisch

„Kolibri“ im Garten gesichtet? Es handelt sich nicht um einen Vogel!

Ein Taubenschwänzchen trinkt mit seiner langen Zunge an einem Blütenkelch
Auf den ersten Blick könnte man meinen, hier labt sich ein Kolibri an einer Blüte. Allerdings handelt es sich um das Taubenschwänzchen, das in Deutschland immer heimischer wird. Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

23. Juni 2025, 11:20 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Bei Naturschutzorganisationen häufen sich ab Juni Anrufe, die von Kolibrisichtungen in Deutschland berichten. Allerdings handelt es sich dabei höchstwahrscheinlich gar nicht um einen Vogel, sondern um das Taubenschwänzchen. PETBOOK stellt es näher vor.

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Seit einigen Jahren häufen sich bei Naturschutzorganisationen wie dem NABU Berichte, die von Kolibrisichtungen im Garten oder auf dem Balkon sprechen. Allerdings ist dies höchst unwahrscheinlich, denn die possierlichen Vögel kommen nur auf dem amerikanischen Doppelkontinent vor. Die Sichtungen beziehen sich daher höchstwahrscheinlich auf das Taubenschwänzchen, das auf den ersten Blick zwar wie ein Kolibri daherkommt, aber tatsächlich ein Schmetterling ist.

Profiteur des Klimawandels? „Kolibri“-Taubenschwänzchen nicht heimisch

Dass das Taubenschwänzchen immer häufiger in Deutschland auftaucht, ist kein Zufall. Als wärmeliebende Art stammt es ursprünglich aus dem Mittelmeerraum, doch durch zunehmend milde Winter und heiße, trockene Sommer finden die Tiere auch bei uns ideale Bedingungen. Der NABU schreibt, dass in besonders warmen Jahren wie 2022 die Sichtungen sprunghaft angestiegen sind.

Experten sehen das Taubenschwänzchen daher als einen sogenannten Klimawandel-Indikator: eine Art, deren Ausbreitung mit der globalen Erwärmung korreliert. Beobachtungen zeigen, dass sich die Tiere inzwischen auch in höheren Lagen und weiter nördlich etablieren – etwa in der Schweiz, Frankreich oder sogar Großbritannien.

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Eine interaktive Karte auf der Website des NABU dokumentiert die jährlichen Sichtungen und zeigt deutlich, wie stark die Verbreitung zugenommen hat. Gegenüber den Vorjahren haben sich die Beobachtungen laut dem Naturschutzbund vervielfacht. Besonders Anfang Juni wurden in den Vorjahren im Süden und Südwesten Deutschlands zahlreiche der am Tag aktiven Nachtfalter gezählt – mehr dazu, warum das Taubenschwänzchen so beschrieben wird, später.

Taubenschwänzchen überwintert in immer größerer Zahl

Seit einigen Jahren ist das Taubenschwänzchen nicht mehr nur zu Gast, sondern überwintert hier auch. „Man kann es inzwischen fast überall in Deutschland beobachten. Tendenziell ist es im Süden stärker vertreten“, bestätigt Silvia Teich, Pressereferentin beim NABU, auf Anfrage von PETBOOK. Wie andere Falter seien sie besonders bei sonnigem und windstillen Wetter zu sehen. „Dementsprechend während den sonnigen Stunden des Tages, vom Vormittag bis zum späten Nachmittag“, so Teich weiter.

Gegen Mitte Juni schlüpfe dann die neue Taubenschwänzchen-Generation. Heimisch sind die Wanderfalter aus dem Mittelmeerraum jedoch noch nicht vollständig. Allerdings überwinterten sie in zunehmender Zahl auch bei uns, berichtet der NABU weiter. Selbst auf Alpengletschern wie dem oberösterreichischen Dachsteingletscher seien schon Tiere nach Norden fliegend beobachtet worden. Aus der Schweiz wurden dem NABU Sichtungen in Höhen bis 2500 Metern gemeldet.

Auch für das Jahr 2024 zeigt der NABU anhand einer Karte auf, dass die Taubenschwänzchen sich immer mehr angesiedelt haben. Sie wurden vor allem an Main, Rhein und Neckar gesichtet und mussten entsprechend dort überwintert haben.

Wie man ein Taubenschwänzchen erkennt

Wer also im Sommer in Deutschland einen flinken „Kolibri“ an Balkonblumen oder Wildstauden beobachtet, hat mit großer Wahrscheinlichkeit ein Taubenschwänzchen vor sich. Auf den ersten Blick ähnelt das auch Macroglossum stellatarum genannte Tier tatsächlich dem Kolibri. Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch Unterschiede. Denn der Vogel hat einen langen, dünnen Schnabel, während der Schmetterling einen Rüssel trägt, den er einrollen kann.

Auch das namensgebende, an eine Taube erinnerte Schwänzchen des Schmetterlings erinnert doch sehr an Federn. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um verlängerte Schuppen, die eine ähnliche Steuerungsfunktion wie Schwanzfedern übernehmen können. Wirklich charakteristisch sind jedoch die Beine und die Fühler, die das Taubenschwänzchen eindeutig als Insekt identifizieren.

Typisch ist aber auch das laut brummende Fluggeräusch und der schnelle Schwirrflug von Blüte zu Blüte. Laut dem NABU kann es so in fünf Minuten bis zu 100 Blüten bestäuben. Seine Flügelschläge erreichen dabei eine Frequenz von bis zu 85 Schlägen pro Sekunde – ähnlich wie beim Kolibri. Diese Fähigkeit nennt man „Rüttelflug“. Sie erlaubt es dem Taubenschwänzchen, selbst kleinste Blüten in der Luft anzusteuern, ohne sich niederzulassen. Hinzu kommt eine beeindruckende Orientierungsfähigkeit: Die Falter merken sich Blütenstandorte und kehren gezielt zu besonders nektarreichen Pflanzen zurück – ein Verhalten, das man sonst eher von Vögeln oder Säugetieren kennt.

Was man tun sollte, wenn man ein Taubenschwänzchen gesehen hat

Wer ein Taubenschwänzchen entdeckt, kann die Sichtung auf Plattformen wie naturgucker.de oder über die NABU-App melden – ein wertvoller Beitrag zur Beobachtung der sich verändernden Tierwelt. Dabei sollte man folgende Dinge beachten, um ein gutes Foto vom Taubenschwänzchen zu knipsen:

  • Kamera oder Smartphone auf Serienaufnahme stellen, um den perfekten Moment im Flug einzufangen.
  • Kurze Belichtungszeiten (1/1000 Sekunde oder kürzer) helfen, die schnellen Flügelschläge scharf abzubilden.
  • Pflanzen mit langem Kelch wie Sommerflieder, Phlox. Lichtnelen oder Fuchsien sind laut NABU ideale Lockmittel und bieten darüber hinaus einen hübschen Bildhintergrund.

Warum das Taubenschwänzchen ein tagaktiver Nachtfalter ist

Nun zur Bezeichnung„Tagaktiver Nachtfalter“, die erst einmal komplett falsch klingt, aber tatsächlich eine weitere kuriose Eigenschaft des Taubenschwänzchens ist. In der Welt der Schmetterlinge unterscheidet man grob zwischen Tagfaltern und Nachtfaltern – eine Einteilung, die sich auf die Aktivitätszeit, aber auch auf Körperbau und Verhalten bezieht.

Tagfalter wie den Admiral oder das Tagpfauenauge erkennt man meist an ihrer auffälligen Färbung und den keulenförmigen Fühlern. Sie sind, wie der Name sagt, tagsüber aktiv und ruhen nachts. Nachtfalter (darunter Schwärmer, Spinner oder Eulenfalter) hingegen haben meist fadenförmige oder gefiederte Fühler, gedecktere Farben und sind dämmerungs- oder nachtaktiv. Das Taubenschwänzchen gehört zur Familie der Schwärmer (Sphingidae) und damit eindeutig in diese Gruppe, die für ihre außergewöhnlichen Flugfähigkeiten bekannt ist.

In dieser Hinsicht sorgt es also für Verwirrung. Es fliegt tagsüber, zählt biologisch aber zu den Nachtfaltern. Es gibt aber weitere Ausnahmen, die die Grenzen verwischen: „Tagaktive Nachtfalter“ haben sich evolutionär an bestimmte Blüten angepasst, die nur tagsüber geöffnet sind, und nutzen den Tag, um Fressfeinden aus dem Weg zu gehen. Häufig sind sie dabei besonders schnell und flink unterwegs, um Vögeln zu entkommen. Das Taubenschwänzchen vereint dabei Eigenschaften beider Gruppen:

  • Verhalten: wie ein Tagfalter aktiv am Tag, an sonnigen und windstillen Plätzen
  • Körperbau und Verwandtschaft: typisch Nachtfalter (z. B. Fühlerform, Flugtechnik, Schuppenstruktur)

Können Taubenschwänzchen stechen?

Über Taubenschwänzchen kursiert aber nicht nur das Gerücht, sie seien Kolibris. Es wird ihnen auch nachgesagt, dass sie stechen. Dort gibt der NABU jedoch volle Entwarnung. Taubenschwänzchen seien völlig harmlos, nicht gefährlich und ihr vermeintlicher Stachel sei nur der Saugrüssel. Mit diesem bis zu drei Zentimeter langen Organ bekommen sie den Nektar auch noch aus der tiefsten Blüte herausgesaugt. Wer nun beruhigt ist und selbst einmal eins im Garten oder auf dem Balkon beobachten möchte, kann sie mit den schon erwähnten bevorzugten langkelchigen Blumen anlocken.

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Sind sie eine invasive Art?

Auch bei der Frage, was die Anwesenheit für die heimischen Tiere bedeuten könnte, gibt der NABU Entwarnung. „Das Taubenschwänzen ist nicht invasiv, es verdrängt keine anderen Arten“, bestätigt Silvia Teich PETBOOK.

Denn die Sichtungen häufen sich, während heimische Schmetterlingsarten seltener zu sehen sind. Dafür ist jedoch nicht das Taubenschwänzchen verantwortlich, sondern die anhaltende Trockenheit, versiegelte Flächen und das Anpflanzen von gebietsfremden, schmetterlingsunfreundlichen Blumen. Wegen der heißen und trockenen Witterung stehen die Zeichen für das Taubenschwänzchen aber zumindest weiter günstig. „Wenn es weiter warm bleibt und wärmer wird, wird das Taubenschwänzchen sicher bleiben“, so Silvia Teich abschließend zu PETBOOK.

Themen Insekten

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