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Dramatischer Rückgang

Was jeder einzelne gegen das Insektensterben tun kann 

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PETBOOK Redaktion

2. Mai 2023, 13:49 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Die Vielfalt der Insekten in Deutschland ist drastisch gesunken. Um einen weiteren Rückgang zu vermeiden, muss vor allem die Landwirtschaft gegensteuern. Doch jeder kann etwas tun, denn jeder Quadratmeter Blühfläche zählt!

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Insekten wie Wildbienen und Schmetterlinge sind für das Ökosystem unverzichtbar. Als Bestäuber von Wild- und Kulturpflanzen spielen sie unter anderem eine herausragende Rolle für die Landwirtschaft und damit auch für die Ernährung der Bevölkerung. Gleichzeitig ist ein gewaltiges Insektensterben im Gange. Und das sogar in Naturschutzgebieten.

Ein am Mittwoch vorgestelltes Forschungsprojekt unter der Leitung des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) ergab, dass sich ein bereits im Jahr 2017 belegter massiver Schwund von Insekten in Naturschutzgebieten weiter fortsetze. „Ich habe befürchtete, dass es so ist, ich habe gehofft, dass es nicht so ist“, sagte Projektleiterin Gerlind Lehmann vom Nabu.

Nach ihren Angaben zeigt das Projekt, dass sich die Gesamtmasse der Insekten, die in direkter Beziehung mit dem Artenreichtum stehe, in keiner Weise erholt hat. Genaue Zahlen sollen in den kommenden Monaten veröffentlicht werden.

Gesamtmasse an Fluginsekten hat drastisch abgenommen

Im Jahr 2017 hatte eine Studie ehrenamtlicher Insektenkundler des Entomologischen Vereins Krefeld gezeigt, dass die Gesamtmasse an Fluginsekten in Teilen Deutschlands von 1989 bis 2016 um mehr als 75 Prozent abgenommen hat. An diesem Trend hat sich laut Nabu in den vergangenen Jahren nichts verändert.

Eine besonders große Bedrohung für die Insektenvielfalt besteht den Ergebnissen zufolge darin, dass sich Naturschutzgebiete oft in unmittelbarer Nähe zu Äckern befinden, auf denen für Insekten tödliche Pestizide ausgebracht werden. Das hat dramatische Folgen für die Tiere und die Biodiversität. „Die Biene ist systemrelevant“, sagte das Mitglied der Nabu-Geschäftsführung, Konstantin Kreiser.

Ein weiteres Problem und Ursache des Insektensterbens ist die Fragmentierung der Landschaft. Vor allem Insekten, denen es nicht möglich ist, weite Strecken zurückzulegen, haben keine Chance, sich außerhalb der Naturschutzgebiete weiter auszubreiten. Umso wichtiger ist die Anlage von Blühstreifen und naturnahen Flächen, um die Gebiete wieder miteinander zu verbinden.

Vielen Menschen ist das Problem inzwischen bewusst – und sie möchten helfen. Eltern bauen mit ihren Kindern Insektenhotels, Städte und Kommunen säen bunte Blühstreifen zwischen Autofahrbahnen und Naturschutzorganisationen geben Tipps für insektenfreundliche Balkone und Gärten.

Auch interessant: Insekten, Spinnen und Co. wiegen zusammen doppelt so viel wie alle Menschen

Jeder Blumenkasten auf dem Balkon ist hilfreich

Doch bringen solche kleinen Maßnahmen überhaupt etwas? „Jeder Blumenkasten auf dem Balkon ist natürlich immer hilfreich“, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie, Jürgen Gross.

Vor allem in Großstädten sei der Effekt eines großen Angebots an heimischen Pflanzenarten nicht zu unterschätzen. Natürlich rette man damit nicht alle Bienenarten, tue den Insekten aber viel Gutes. Außerdem seien solche Aktionen auch für die Weiterbildung von Kindern in Sachen Naturschutz wichtig: „Was man nicht kennt, kann man nicht schützen.“

Für einen insektenfreundlichen Garten sei es wichtig, viele heimische Pflanzenarten anzupflanzen, etwa Glockenblumen oder Natternköpfe. „Aber auch Weiden sind gerade im Frühjahr, wo die meisten Wildbienen fliegen, ganz wichtige Nahrungsquellen“, erklärt der Biologe.

Auf Zierpflanzen und Zierrasen besser verzichten

Viele Zierpflanzen hingegen seien für Insekten nicht nutzbar. Dazu zählten etwa Rhododendren oder Rosen mit gefüllten Blüten, die keinen Nektar hätten. Auch auf einen Zierrasen solle man verzichten und lieber Wert auf eine Wiese mit vielen verschiedenen Kräutern legen.

Nisthilfen wie Insektenhotels sind Gross zufolge ebenfalls eine gute und hilfreiche Maßnahme – vor allem für Wildbienen. Etwa die Hälfte der insgesamt 570 Wildbienenarten in Deutschland sind demnach bedroht. „Wenn man eine Nisthilfe aufbaut, sollte man sie selbst bauen“, rät Gross. Bei fertigen Modellen aus dem Baumarkt seien die Löcher oft nicht gut gebohrt. Dadurch bestehe die Gefahr, dass Insekten sich beim Hineinkrabbeln an ihren Flügeln verletzten.

Insektenhotels oder Nisthilfen, die aus Röhrchen bestehen, nutzen aber nur einem kleinen Teil der Wildbienen. Über die Hälfte aller Wildbienenarten nistet im Boden. Für sie sind offene, sandige Flächen wichtig, die in den meisten Gärten aber kaum vorkommen. Dabei kann man sogar auf dem Balkon sogenannte Sandarien anlegen, indem man einfach einen Blumentopf mit lockerem Sand befüllt und an einen sonnigen Standort platziert.

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Tipps für Garten und Balkon im Überblick

Egal, ob man einen großen Garten hat oder einem nur ein kleiner Balkon zur Verfügung steht. Jeder kann etwas gegen das Insektensterben tun. Selbst die Baumscheibe vor dem Haus kann mit ein paar einfachen Tipps insektenfreundlicher werden – denn jeder Quadratmeter zählt! Hier noch einmal die wichtigsten Tipps im Überblick

  • Wildblumen aussähen: hierfür am besten insektenfreundliche Mischungen aus heimischen verwenden, die das ganze Jahr über blühen
  • Totholz stehen lassen: hier finden zahlreiche Insekten Unterschlupf. Wildbienen nutzen die Gänge von Käfern gern als Nistplatz
  • Nisthilfen selbst bauen: entweder aus Bambusröhrchen oder verschieden große Gänge in Totholz bohren.
  • Sandarien anlegen: offene sandige stellen mit kargem Bewuchs an sonnigen Standorten werden von vielen Wildbienen zum Nisten benötigt
  • Kräuter anpflanzen: Kräuter wie Basilikum, Oregano oder Rosmarin sind wahre Insektenmagneten – natürlich nur, wenn man diese nach der Blüte erntet

Auch interessant: Wie man ein Insektenhotel tierfreundlich gestaltet 

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Schottergärten feindlich für jedes Insekt

Ein absolutes Tabu sind für den Biologen Schottergärten. „Die sind feindlich für jedes Insekt und jeden Vogel und sorgen auch noch für ein schlechtes Klima in der Stadt.“ Bei hohen Temperaturen heizten sich die Steine auf und erwärmten die Luft zusätzlich. In mehreren Bundesländern und zahlreichen Gemeinden ist die Anlage von Schottergärten inzwischen nicht mehr erlaubt.

Weil Steine, Beton und Asphalt ganz offensichtlich wenig verlockend für Insekten sind, rüsten viele Städte inzwischen nach. Begrünte Dächer von Bushaltestellen in Städten wie Hamburg und Bottrop sind nur ein Beispiel.

Dass Aktionen wie diese durchaus einen Mehrwert für Insekten haben, zeigt eine erste Bilanz aus Hamburg: Auf nur zwei begrünten Unterständen in der Hansestadt wurden im vergangenen Jahr 49 verschiedene Wildbienen- und Wespenarten nachgewiesen. Darunter seien auch seltene und bedrohte Arten sowie Goldwespen gewesen, die zuvor noch gar nicht in Hamburg gefunden worden seien, hieß es.

Mit Material der dpa

Themen Insekten
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