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Anpassungsfähigkeit erklärt

Einer der gefährlichsten Haie der Welt kann auch in Flüssen leben

Bullenhaie sind die einzigen Großhaie, die auch im Süßwasser von Flüssen leben können
Bullenhaie sind die einzigen Großhaie, die auch im Süßwasser von Flüssen leben können Foto: Getty Images
Ninja Sinke Autorin

03.08.2023, 11:32 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Bullenhaie haben eine seltene Eigenschaft. Sie sind die einzigen großen Haie, die nicht nur im Ozean, sondern auch in Süßwasser überleben können. Deswegen kommen sie, wenn auch selten, in einigen Teilen der Welt in Flüssen vor. Was dahintersteckt, erklärt ein Experte.

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Der Lebensraum der hunderten verschiedenen Haiarten erstreckt sich über alle Weltmeere. Wer jedoch vermutet, dass Haie nur im Salzwasser leben, irrt sich. Zumindest, was Bullenhaie betrifft, da diese Art tatsächlich auch in Flüssen anzutreffen ist. Diese großen Haie besitzen eine besondere Anpassungsfähigkeit, die es ihnen ermöglicht, auch im Süßwasser zu überleben. Wie das funktioniert und warum Bullenhaie den Ozean für Flüsse verlassen, erklärt Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz für PETBOOK.

Bullenhaie gelten als eine der gefährlichsten Haiarten

Bullenhaie gehören zu den großen Haiarten. Weibchen werden bis zu dreieinhalb Meter lang und bis zu 320 Kilogramm schwer. Die Männchen sind deutlich kleiner und auch leichter. Als Lebensraum bevorzugt diese Haiart flache Küstengewässer. Vor den amerikanischen Kontinenten leben Bullenhaie im Atlantik und Pazifik aber auch südlich der Sahara vor Afrika, Indien, Südostasien und Australien.

Aufgrund ihres Lebensraums in Küstennähe kommen sie regelmäßig mit Menschen in Berührung. Von verschiedenen Experten werden Bullenhaie als eine der gefährlichsten Haiarten eingeschätzt, so die US-Umweltorganisation National Wildlife Federation. Das geht auch auf die weltweite Datenbank über Haiangriffe zurück, die International Shark Attack File. Dort aufgelistet sind bislang 119 bestätigte Attacken durch Bullenhaie weltweit (Stand: 2.8.2023). Damit befindet sich diese Haiart hinter dem Weißen Hai und Tigerhai auf Rang drei der meisten unprovozierten Haiattacken.

Jagdtechnik des Bullenhais erweckt aggressiven Eindruck

Auf Anfrage von PETBOOK erklärt Biologe Ulrich Karlowski: „Als aggressiv gilt der Bullenhai aufgrund seiner Jagdtechnik. Er fischt im Trüben und stupst seine Beute an, bevor er in etwas hineinbeißt. Dieses Verhalten wirkt auf Menschen natürlich aggressiv, insbesondere wenn ein Hai auf einen Menschen trifft.“ Das heiße jedoch nicht, dass sie Jagd auf Menschen machen würden oder eine aggressive Natur hätten.

Karlowski erklärt außerdem, dass küstennahe Meerestiere, egal ob Haie oder Säugetiere, immer das Problem haben, dass sie früher oder später auf Menschen treffen. Es gäbe für sie in diesem Lebensraum kaum Ausweichmöglichkeiten, sie stünden zudem unter Überlebensdruck. Allein ihre Größe und die Beschaffenheit der Zähne von Bullenhaien und weiteren Großhaien reicht aus, um Menschen ernsthafte Verletzungen zuzufügen, geht aus Informationen der International Shark Attack File hervor. Daher kann selbst ein Biss, der kein Fressversuch ist, für einen Menschen tödlich enden.

Auch interessant: Fischer holt unheimliche Kreatur aus der Tiefe – ist es eine unbekannte, neue Hai-Art?

Bullenhaie in Flüssen verbreitet

Im Süßwasser werden sie nur selten beobachtet, dennoch gibt es eine Vielzahl von Berichten über Bullenhaie in Flüssen. Sichtungen der Tiere im oberen Mississippi-Becken in den USA belegen, dass die Fische dabei mehr als 1000 Kilometer zurücklegten, so ein im Wissenschafts-Journal „Marine and Fishery Sciences“ veröffentlichtes Paper. Auch im oberen Amazonas in Peru wurden Bullenhaie dokumentiert, die mehr als 3000 Kilometer zurücklegten, ebenso im südafrikanischen Fluss Sambesi, im Ganges auf dem indischen Subkontinent sowie im Süßwasser indonesischer Inseln und auf Fidschi.

Ein weiteres Gebiet, in dem die Haie verbreitet sind, sind die Ozeane um Australien. Daher sind dort ebenfalls in mehreren Flüssen Bullenhaie zu finden: An der Ostküste wurden sie unter anderem im Brisbane River und an der Westküste im Swan River in Perth gesichtet. Zuletzt wurde im Februar dieses Jahres im Swan River eine 16-jährige Australierin von einem Bullenhai tödlich verletzt, wie die US-amerikanische Zeitung „The New York Times“ berichtete.

Warum schwimmen Bullenhaie Flüsse hinauf?

Dafür, dass Bullenhaie ihren Lebensraum im Ozean verlassen, gibt es verschiedene Erklärungen. Einerseits handele es sich dabei um eine Überlebensstrategie der Jungtiere, ordnet Karlowski das Verhalten für PETBOOK ein. Der Hai-Nachwuchs wird lebendgeboren und ist weit entwickelt aber für Raubtiere dennoch leichte Beute. Indem die jungen Bullenhaie die Flüsse hinauf schwimmen, begeben sie sich in einen sicheren Lebensraum. Dort verbleiben sie mehrere Jahre, um zu wachsen und danach in den Ozean zurückzukehren.

Der Grund dafür, dass auch erwachsene Bullenhaie in Flüsse zurückkehren und diese hinauf schwimmen, liege Karlowski zufolge vor allem am attraktiven Nahrungsangebot. Potenzielle Beute würde sie auch im Erwachsenenalter zurück in die Flüsse locken. In Deutschland sei dieses Verhalten in der Vergangenheit auch bei Schweinswalen und Großen Tümmlern zu beobachten gewesen, so Karlowski. Die Meeresbewohner wären Fischschwärmen über die Elbe sogar bis nach Magdeburg gefolgt – bis der Bau von Schleusen sie daran hinderte.

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Wie Bullenhaie im Süßwasser überleben können

Bullenhaie besitzen als einzige große Haiart spezielle körperliche Anpassungsmechanismen, die es ihnen ermöglichen, als Meerestiere im Süßwasser zu überleben. Das Zusammenspiel verschiedener Organe sorge dafür, dass sich der Organismus des Bullenhais an den Salzgehalt des Wassers anpassen kann, erklärt Karlowski. Aber warum ist es so ein Problem für Fische, vom Salz- ins Süßwasser zu wechseln?

Auf die Körperflüssigkeiten eines Organismus wirkt der sogenannte osmotische Druck. Dieser Prozess führt dazu, dass zwischen zwei Flüssigkeiten mit unterschiedlich hoher Salz- oder Mineralienkonzentration, die durch eine halbdurchlässige Membran wie eine Zellwand miteinander in Kontakt stehen, ein Konzentrationsausgleich stattfindet. Das geschieht so lange, bis auf beiden Seiten ein Gleichgewicht herrscht. In den Körperzellen von Salzwasserfischen ist der Salzgehalt an das sie umgebende Salzwasser angeglichen. Kommen diese Tiere nun ins Süßwasser, dringt dieses durch den osmotischen Druck in die Körperzellen. Diese blähen sich auf und können sogar platzen. Gleichzeitig verliert der Organismus sehr viele lebenswichtige Mineralien. Daher können Meerestiere ohne spezielle Anpassungen nicht lange im Süßwasser überleben. 

Bullenhaie verwenden dafür mehrere Tricks: „Ihre Nieren sind darauf spezialisiert, sich im Körper befindende Salze und Mineralien zu recyceln, wenn sie sich im Süßwasser aufhalten. Zudem können sie ihre Darmanhang-Drüse abschalten und verhindern so, dass ihr Körper zu viel Salz verliert. Entscheidend ist, dass ihr Körper das richtige Wasser-Salz-Gleichgewicht halten kann, unabhängig vom Salzgehalt des Mediums, in dem sie sich gerade aufhalten“, führt Karlowski aus. Dieser Prozess ermögliche es den Tieren zwar, auch für längere Zeit im Süßwasser zu überleben, sei jedoch aufwendig und fordere zusätzliche Energie. Wie lange die Haie durch diese Anpassung im Süßwasser überleben können, dazu gäbe es unterschiedliche Informationen, die sich nicht eindeutig eingrenzen lassen, so der Biologe.

Themen Haie Meerestiere
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