
30. Juni 2025, 5:53 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Warum sieht man auf den Straßen eigentlich kaum noch schöne Hunde? PETBOOK-Autorin Manuela Lieflaender hat eine klare Meinung: Die Tierschutz-Ideologie hat das Denken der Menschen komplett verändert. Wer heute bewusst einen Rassehund wählt, muss sich rechtfertigen – und wird schnell zum Feindbild.
Neulich habe ich etwas Interessantes gelesen: Eine Influencerin aus der Hundeszene schrieb in einem Social Media Post, dass sie auf einer städtischen Veranstaltung Menschen mit ihren Rassehunden kritisiert hat. Sie war beispielsweise wütend darüber, dass sie mit ihren Kleinhunden die Straßenseite wechseln musste, weil eine Dogge „schlecht gelaunt“ war. Der Hund sei zu groß gewesen, die Besitzer zu unfähig und überhaupt würden Doggen ohnehin nur eine geringe Lebenserwartung haben und wie man sich eine solche Hunderasse überhaupt anschaffen könne. Eigentlich kein besonders bösartiger Beitrag, aber einer, in dem es schon wieder verdächtig nach Rassehunde-Bashing und der „Adopt, don’t shop“-Community roch.
Die Leute sind es leid, ständig negative Aussagen über Zucht und Rassehunde zu hören
Ich war genervt, weil ich natürlich weiß, dass sie gegen die kontrollierte Zucht ist. Trotzdem war es wie bei einem schlimmen Unfall: Ich musste hinsehen und mir die Kommentare durchlesen. Ihre zahlreichen Follower schrieben das, was Claqueure eben so schreiben: Wie recht die Influencerin doch hat und dass die Rassehunde-Besitzer ohnehin alle oberflächlich und rücksichtslos sind.
Aber dann folgten Kommentare, die eine Entwicklung zeigen, die mir seit Kurzem auffällt: Die Leute sind es leid, ständig negative Aussagen über Zucht und Rassehunde zu hören. Sie haben keine Lust mehr auf Gutmenschen-Gebrabbel. Sie möchten wieder schöne Hunde. Hunde, die etwas darstellen, die Ausstrahlung haben und geistig sowie körperlich keine Beeinträchtigungen haben. Sie möchten Hunde, die in ihr Leben passen.
Ich habe diesen Hund gerettet, also musst du umsonst mit mir arbeiten
In Zeiten von „Adopt, don’t shop“ bekommt man dafür normalerweise direkt mit der Moralkeule eins übergebraten. Einen Hund nach der Optik kaufen? Wie oberflächlich und egoistisch kann man sein? Und dann noch aus einer Zucht mit Papieren, also mit Gesundheitszeugnissen der Elterntiere und Stammbaum? Pfui, Teufel.
Der Hund muss ein maximal schlimmes Schicksal haben oder zumindest „ohne Papiere“ sein und so verkorkst, dass Tierarzt, Hundetrainer und Physiotherapeut umsonst arbeiten. Zumindest ist das die Erwartungshaltung vieler Anhänger der „Adopt, don’t shop“-Ideologie. Ganz wichtig für diese Sorte Hundehalter: Andere Menschen mit dem Schicksal des eigenen Hundes zu behelligen. Nach dem Motto: Tu Gutes und sprich darüber. Wie oft habe ich diesen Satz als Hundetrainer gehört: „Ich habe diesen Hund gerettet, also musst du umsonst mit mir arbeiten.“ Nein, das muss ich nicht.
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Woher der Hund kommt, müssen wir wieder selbst entscheiden dürfen
Und wer davon nicht beeindruckt ist und lieber zum Züchter geht, der wird zum Feindbild. Das hat jahrelang gut funktioniert, weil es von Medien und Promis befeuert worden ist. Jetzt ändern sich die Zeiten und der moralische Überbau der Hundeszene bröckelt. Durch die Krisen auf der Welt sind viele Menschen finanziell und psychisch enorm angeschlagen. Sie wünschen sich ein Umfeld, in dem sie zur Ruhe kommen, sich entspannen und abschalten können. Dazu zählt für viele, einen Hund zu haben, der easy im Umgang ist und mit dem man sich wohlfühlt. Woher dieser Hund kommt, ob von einem seriösen Tierschutzverein oder aus der kontrollierten Zucht, das müssen wir wieder selbst entscheiden dürfen. Ohne schlechtes Gewissen. Und ich bin froh, dass wir an diesem Punkt so langsam wieder angekommen sind.

Zur Autorin
Inspirierende Geschichten sind die große Leidenschaft von Manu Lieflaender. Zum thematischen Portfolio der zertifizierten Hundepsychologin und Pferdefrau zählen Ratgeber-Texte ebenso wie Reportagen über tierfreundliche Reise-Destinationen und Erfahrungsberichte mit Tiefgang.
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