
30. Mai 2025, 13:47 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Welpen werden immer seltener beim Züchter gekauft und der illegale Welpenhandel boomt. PETBOOK sprach mit VDH-Geschäftsführer Jörg Bartscherer über die Ursachen und wie man dagegen vorgehen könnte.
Rassehunde von seriösen Züchtern sind „out“. Das zeigen aktuelle Zahlen des Verbandes für Deutsches Hundewesen (VDH), dem größten Dachverband für Hundezüchter in Deutschland. Demnach ist die Anzahl der geborenen Welpen Rückläufig – und das schon seit ein paar Jahren. Gleichzeitg stieg dei Zahl der Hunde und Welpen in Deutschland aber weiter an. Der Grund: Welpenkäufer wollen vor allem günstige und sofort verfügbar Hunde. Vor allem sogenannte Auslandshunde sind gefragt, wie VDH-Geschäftsführer Jörg Bartscherer im Interview mit PETBOOK-Autorin Manuela Lieflaender erklärt.
Allgemein Welpenzahlen stagnieren bundesweit
PETBOOK: Herr Bartscherer, obwohl die Gesamtzahl der Hunde in Deutschland steigt, sind zwischen 2021 und 2023 rund 25.000 Welpen weniger im VDH geboren. Das belegt Ihre eigene Statistik. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?
Jörg Bartscherer: „Leider gibt es immer noch keine bundesweite Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht von Hunden, so dass wir keine exakten Zahlen haben.
Uns liegen aber Informationen vor, wonach die allgemein Welpenzahlen bundesweit stagnieren.“
Sie meinen damit, dass es generell weniger Welpen in Deutschland gibt?
„Ja. Aus der Industrie hören wir, dass die Umsätze für Welpenfutter zurückgehen, was ebenfalls ein Indiz für weniger Welpen ist. Der Markt ist nach dem Corona Hype sicherlich noch gesättigt. Außerdem ist die Hundehaltung deutlich teurer geworden, das ist ein weiterer Faktor. Und was sehr positiv ist, viele Hunde leben heute einfach länger als früher.“
Hunde aus dem Ausland zu verkaufen, ist kommerziell interessanter als seriöse Rassehundezucht
Wir sprechen von 25.000 Welpen, die im VDH weniger geboren werden. Das ist eine dramatische Entwicklung.
„Das ist eine Entwicklung seit 2021. Sie beinhaltet die erhöhte Hundenachfrage während der Corona-Zeit. Aber ja, die Welpenzahlen sind rückläufig, was wir sehr sorgsam beobachten müssen“.
Was sind die Gründe dafür aus Sicht der Züchter?
„Steigende Kosten für Züchter und die ausufernde Bürokratie. Seriöse Züchter sind für den Gesetzgeber greifbar. Dazu kommen Auflagen, die wir uns für die Gesunderhaltung der Rassen selbst auferlegen. Nicht zu vergessen, die Züchter im VDH sind Hobbyzüchter und die seriöse Hundezucht ist ein sehr zeitintensives Hobby.“
„Rassehunde stehen unter Generalverdacht“
Die Rassehundezucht hat vor allem ein Imageproblem. Für den Hundekäufer ist „Retten“ und „Adoptieren“ wichtiger, als „Papiere“. Denn „Retten“ gilt als moralisch überlegen.
„Nochmal, jeder muss für sich entscheiden, ob er einen Rassehund halten möchte oder einen Hund aus einem Tierheim. Wichtig ist nur, dass die Hunde aus seriösen Quellen bezogen werden, gerade auch zum Wohl der Hunde. Wir beobachten, dass Rassehunde unter einen Generalverdacht gestellt werden, Halter stigmatisiert werden. Mischlinge sollen per se gesünder sein als Rassehunde. Es wird pauschal so getan, als wenn Rassehunde alle krank und überzüchtet sind. Hunde aus unseriösen Quellen, ob Mischling oder Rassehund, können Krankheiten einschleppen, die hier oftmals als längst ausgerottet galten. Sie können Verhaltensauffälligkeiten zeigen, eigentlich nur etwas für äußerst erfahrene Halter. Wenn man so einen Hund bekommt, kann das zu einer riesigen Belastung werden, im schlimmsten Fall landen solche Hunde im Tierheim.“
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Welpenkäufer informieren sich nicht vor dem Hundekauf
Studien zeigen: Bis zu 80 Prozent der in Deutschland lebenden Hunde stammen aus nicht nachvollziehbaren Quellen. Was läuft hier strukturell schief? Fehlen Kontrollen, Aufklärung – oder schlicht der Wille bei den Haltern?
„Das spielt alles eine Rolle, aber vor allem sind es die Hundekäufer. Niemand würde einen Fernseher oder eine Waschmaschine auf einem Rastplatz kaufen und es für seriös halten. Da wird sich im Vorfeld informiert. Nur beim Hundekauf scheint es weniger Bedenken zu geben, aus dem Kofferraum heraus zu kaufen. Da zählt oftmals billig und schnell verfügbar muss der Hund sein. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Hinterher wundern sich die Käufer, dass sie einen verhaltensauffälligen oder auch kranken Hund haben. Und dann wird´s richtig teuer und eine große auch emotionale Belastung.“
Was entgegnen Sie Menschen, die behaupten, Züchter würden das „Leid der Tierheime“ ignorieren und „unnötig“ neue Hunde produzieren?
„Jeder sollte selbst entscheiden dürfen, woher er sich seinen Hund kauft. Hauptsache der Hund stammt aus einer serösen Quelle. Wenn seriöse Züchter einen Wurf planen, sind die Welpen meistens schon vergeben, bevor sie überhaupt geboren sind. Nicht selten existieren Wartelisten. Da will man nicht Geld verdienen, sondern Hunde in gute Hände vermitteln. Auch sind viele Rassen gezüchtet worden, um dem Menschen zu helfen, habe in einem gewissen Umfang voraussagbare Eigenschaften. Da muss es oft halt ein Rassehund sein.“

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„Aber ganz bestimmt nicht mit Rassehunde aus seriösen Zuchten. Muss das Tier abgegeben werden, nimmt der seriöse Züchter es zurück. Außerdem kommen wie gesagt 79 % der Hunde aus fragwürdigen Quellen, da sollte man ansetzen.“
Welche Forderungen stellt der VDH an die Politik? Braucht es härtere Maßnahmen gegen den illegalen Welpenhandel – und wenn ja, welche konkret?
„Es müssen auf EU-Ebene einheitliche Regeln geschaffen werden. Denn die seriöse Zucht wird mit Auflagen überhäuft. Die Tierarztkosten sind gestiegen und das schlägt sich auf die Welpenpreise nieder, weil der seriöse Züchter natürlich sämtliche Untersuchungen, Impfungen, etc. machen lässt. Er ist schließlich am Tierwohl interessiert. Die Auflagen, die für unsere Züchter gelten, die beachten unseriöse Vermehrer nicht, die fallen nämlich aus dem Raster.“
Welche Regeln fordern Sie?
„Eine klare Reglementierung des Online-Handels. Das bedeutet, dass die Kleinanzeigen-Portale nur Anzeigen von registrierten Züchtern freischalten dürfen. Wir fordern eine Rückverfolgbarkeit. Jeder Hund sollte beispielsweise gekennzeichnet und registriert werden. Wenn dies europaweit geschieht, wissen wir, woher die Hunde stammen. Außerdem fordern wir, dass alle, die Hunde miteinander verpaaren, einen Sachkundenachweis erbringen müssen.“