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Tierschützer schlagen Alarm

Fälle von Animal Hoarding in Deutschland haben sich verdoppelt! Etwa 6700 Tiere betroffen

Mehrere Hunde sind auf viel zu kleinstem Raum zusammen eingepfercht,
Animal Hoarding-Fälle steigen in Deutschland um 50 Prozent - rund 6.700 Tiere waren allein im Jahr 2023 davon betroffen. Foto: picture alliance / blickwinkel/J. S. Peifer | J. S. Peifer
Dennis Agyemang
Redakteur

23. Mai 2024, 15:38 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

In den Medien hört man immer wieder von Animal-Hoarding-Fällen, in denen zahlreiche Haustiere aus schlimmsten Haltungsverhältnissen gerettet werden mussten. Erst in dieser Woche wurden 101 Tiere aus einer vermüllten Wohnung beschlagnahmt. Leider kein Einzelfall, wie die neuste Zahlen des Deutschen Tierschutzbundes für das Jahr 2023 zeigen. Demnach befindet sich die Tier-Sammelsucht hierzulande auf dem Höchststand.

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Das Wort „Animal Hoarding“ beschreibt das krankhafte Sammeln von Tieren in einer Größenordnung, in der die Personen die Tiere nicht mehr angemessen versorgen können. Dabei kommen betroffene Personen schnell an ihre Grenzen. Und das mit verheerenden Folgen für die meist verwahrlosten Tiere, die oft ein Leben voller Qualen ertragen müssen. Daher schreiten immer wieder Behörden ein, wenn Menschen ihre Tierhaltung über den Kopf wächst. Neuste Zahlen des Deutschen Tierschutzbundes zeichnen ein erschreckendes Bild. So stiegen 2023 die Tier-Sammelsucht-Fälle um 50 Prozent an – rund 6700 Tiere sind hierzulande davon betroffen.1

Frau hielt über 2000 Ratten bei sich Zuhause – viele von ihnen waren trächtig!

So wurden laut dem Tierschutzbund im letzten Jahr 115 Fälle von Animal Hoarding registriert. Dazu kommt wahrscheinlich noch eine Dunkelziffer von bisher nicht entdeckten Fällen. Damit steigt das krankhafte Sammeln von Tieren bereits zum dritten Jahr in Folge an. Pro Monat wurden durchschnittlich zehn Fälle bekannt – vier mehr als in den beiden Vorjahren. Spitzenreiter ist wieder Nordrhein-Westfalen mit 36 Fällen, heißt es dazu vom Deutschen Tierschutzbund.

Als Extrembeispiel wird der Fall einer Frau aus Altenkirchen angeführt, die über 2000 Ratten – von denen viele Tiere trächtig waren – hielt. Das sei somit nicht nur der größte registrierte Fall von Animal Hording in Deutschland, sondern auch der Grund, weshalb im Bericht für 2023 die kleinen Heimtiere mit insgesamt 3346 Individuen zahlenmäßig herausstechen.

Tier-Sammelsucht – diese Tiere werden in Deutschland besonders oft gehortet

Den traurigen ersten Platz der am häufigsten gehorteten Tiere heimsen hier allerdings wieder Katzen ein. Demnach wurden 1930 Exemplare sichergestellt – knapp 1000 mehr als im Vorjahr. An zweiter Stelle folgen Hunde mit 716 Individuen. Seit Beginn der Fallsammlungen im Jahr 2012 waren bis 2023 über 42.000 Tiere von Animal Hoarding betroffen. Das teilt der Deutsche Tierschutzbund in seiner neusten Pressemitteilung mit.

Das Tückische an der krankhaften Tier-Sammelei sei, dass die betroffenen Menschen oft nicht realisieren, was sie ihren Tieren damit antun, erklärt Animal-Hoarding-Expertin Nina Brakebusch vom Deutschen Tierschutzbund. „Die Auswirkungen von Animal Hoarding sind katastrophal. Die Tiere sind oftmals verwahrlost, trächtig sowie krank und zeigen Verhaltensauffälligkeiten. Da es sich bei der Tier-Sammelsucht um ein Krankheitsbild handelt, bemerken die Betroffenen oft gar nicht, dass es ihnen und ihren Tieren schlecht geht und horten immer weiter.“

Auch interessant: 4500 Tiere waren 2022 von Animal Hoarding betroffen! Was hinter der Tiersammelsucht steckt 

„Ihr Schicksal macht uns unendlich traurig“

Der Umstand, dass ein Drittel der beschlagnahmten Tiere schwer krank sei, führe bei den ohnehin schon stark belasteten Tierheimen zu großen finanziellen und auch räumlichen Schwierigkeiten. Und es kommen immer noch weitere Tiere aus weiteren Tier-Sammelsucht-Beschlagnahmungen hinzu. So erst in dieser Woche 101 Tiere aus einem Tier-Messi-Haushalt in Oldenburg.2 In einem Instagram-Posting heißt es nach der Tierrettung durch die Mitarbeiter des Tierheims Oldenburg: „Ein Tag (…), der uns immer noch in den Knochen steckt und uns nachhaltig beschäftigt.“

Das Schicksal der Tiere – Meerschweinchen, Kaninchen und Vögel, aber auch Exoten wie Schlangen, Vogelspinnen und Skorpione – mache die Tierpfleger „unendlich traurig“, heißt es auf Instagram. „Das Fangen, Einsammeln und das Abholen von Tieren aus Beschlagnahmungen ist immer wie eine Wundertüte. Man weiß nie, was einen erwartet“, schreiben die Tierpfleger. Weder welche Tiere sie in der Wohnung antreffen, noch wie viele und in welchem Zustand sich die Lebewesen befinden.

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»Der Gestank nach Ammoniak, der die Atemwege reizt, war nicht unerheblich

Ein ähnlich erschütternde Erfahrung mussten Anfang des Jahres Mitarbeiter des Veterinäramts in Stuttgart machen. Mitarbeiter retteten 68 Chihuahuas aus einem Keller, nachdem eine Hobbyzucht komplett aus dem Ruder gelaufen war. Die Tiere waren dort unter katastrophalen Bedingungen gehalten worden – auf viel zu kleinem Raum und teilweise in Einzelboxen. „Das ist natürlich für die Tiere Stress pur und die Geruchsbelästigung durch den Gestank nach Ammoniak, was die Atemwege reizt, war nicht unerheblich“, erinnert sich ein Sprecher des Veterinäramts im Gespräch mit dem SWR.3

Deutschlandweit beklagen die Tierheime die aktuelle Situation. Es fehlt an allen Ecken und Enden: finanziell, personell und auch platztechnisch. Vielerorts herrscht daher bereits ein Aufnahmestopp. Wenn dann noch eines oder gleich mehrere Tiere aus einer Animal-Hoarding-Beschlagnahmung im Tierheim landen, bedeutet es für die Heime zusätzliche Belastungen. So blieben die meisten Tierheime auch 2023 auf den entstandenen Kosten sitzen: „Nur fünf der dem Tierschutzbund angeschlossenen 550 befragten Tierheime meldeten eine kostendeckende Erstattung durch die Kommunen nach einem Animal-Hoarding-Fall zurück“, heißt es dazu vom Deutschen Tierschutzbund.

Daher werden nun auch bei den Tierheimen die Stimmen nach Hilfe aus der Politik sowie einer kostendeckenden Zahlung für die Übernahme laut. Eine weitere Forderung sei die Anerkennung von Tier-Sammelsucht als Krankheitsbild. Denn so könnte den betroffenen Personen bessere Therapiemöglichkeiten angeboten werden, was im Umkehrschluss auch viel Tierleid vermeiden würde.

Quellen

  1. tierschutzbund.de, „Animal Hoarding: Die krankhafte Sucht, Tiere zu sammeln“, (aufgerufen am 23.05.2024) ↩︎
  2. t-online.de, „'Unendlich traurig': Extremes Animal Hoarding in Oldenburg“, (aufgerufen am 23.05.2024) ↩︎
  3. swr.de, „Stadt Stuttgart rettet 68 Chihuahuas aus einem Keller - Tierheim am Limit“, (aufgerufen am 23.05.2024) ↩︎
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