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Rosengarten-Geschäftsführer im Interview

Tierbestatter: „Exoten wie Löwen oder Geparden hatten wir auch schon“

Urne eines Haustieres mit Kerze und Rose
Arndt Nietfeld ist Geschäftsführer vom Rosengarten, Deutschlands größtem Tierbestatter. Im Interview erzählt er, wie sich der Umgang mit dem Tod des Haustieres über die Zeit gewandelt hat. Foto: Getty Images/Rosengarten GmbH
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

15. Mai 2025, 6:14 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Haustiere sind für viele Menschen längst ein vollwertiges Familienmitglied. Was passiert, wenn sie sterben? Arndt Nietfeld, Geschäftsführer des Tierbestattungsunternehmens Rosengarten, spricht im PETBOOK-Interview über emotionale Begleitung, ungewöhnliche Wünsche – und warum Tierbestattung heute nichts Besonderes mehr ist.

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Während viele vor 20 Jahren Hund und Katze meist noch im eigenen Garten begraben haben, steht die Tierbestattung der des Menschen heute kaum mehr nach. Kein Wunder: Hund und Katze sind längst nicht nur Haustiere – für viele sind sie Familienmitglieder. Ihr Tod ist emotional eine große Herausforderung. Beim Tierbestatter geht es daher auch um Kommunikation, Empathie und Selbstschutz, sagt Arndt Nietfeld, Geschäftsführer des Rosengartens, eines von Deutschlands größten Tierbestattungsunternehmen. Im PETBOOK-Interview spricht er über Abschied, Trauer und wie sich der Umgang mit verstorbenen Haustieren verändert hat.

„Man begleitet trauernde Menschen in schweren Momenten“

PETBOOK: Herr Nietfeld, wie wird man eigentlich Tierbestatter?
Arndt Nietfeld: „In Deutschland ist das kein klassischer Ausbildungsberuf wie die Bestattung im Humanbereich. Die meisten kommen als Quereinsteiger zu uns – mit viel Herz und Tierliebe. Wir prüfen dann, ob sie menschlich zu uns passen, und durchlaufen mit ihnen eine neunmonatige Qualifizierung, die wir gemeinsam mit der IHK entwickelt haben. Damit stellen wir sicher, dass sie gut auf die Tätigkeit vorbereitet sind – fachlich und emotional.“

Apropos Emotionen – das ist sicher kein einfacher Beruf?
„Absolut nicht. Es braucht handwerkliches Geschick, körperliche Fitness und viel Einfühlungsvermögen. Man begleitet trauernde Menschen in schweren Momenten, muss aber auch lernen, mit der eigenen emotionalen Belastung umzugehen. Wir sprechen intern von ‚emotionaler Arbeit‘ und legen viel Wert auf Selbstschutz und Resilienz.“

Wie entstand denn die Idee für den Rosengarten?
„Ich bin auf einem Bauernhof groß geworden, wir hatten immer Tiere – Hund, Katze, Maus. Als dann eines nach dem anderen starb, wuchs unser privater Tierfriedhof. Meine Eltern dachten damals: Warum nicht auch für andere Menschen eine solche Möglichkeit schaffen? Ein Friedhof auf dem Land machte wenig Sinn, also entstand im Jahr 2000 die Idee eines Tierkrematoriums – auch inspiriert vom Humanbereich, wo die Feuerbestattung stark zunahm. Heute liegt sie bei etwa 80 Prozent. Ich selbst bin neun Jahre später eingestiegen.“

„Für viele war der Tod des eigenen Tieres ein Tabuthema“

Wie war die Reaktion der Menschen damals?
„Anfangs war es schwer. Ich erinnere mich an Messen, auf denen die Leute ihren Hund schnell wegzogen und uns höhnisch kommentierten. Für viele war der Tod des eigenen Tieres ein Tabuthema – als ob es nie sterben würde. Das war verletzend, aber auch verständlich. Inzwischen ist das ganz anders: Viele kennen uns, haben unsere Dienste schon genutzt oder wissen, wo unser Auto parkt. Tierbestattung ist heute gesellschaftlich akzeptiert – das ist eine schöne Entwicklung.“

Hat sich die Einstellung zur Tierbestattung auch deshalb verändert, weil Haustiere heute einen anderen Stellenwert haben?
„Ja, absolut. Ich bin auf einem Hof groß geworden – der Hund meines Opas war Hof- und Jagdhund, lebte im Zwinger. Später durfte er in die Waschküche, dann ins Haus. Heute liegt meine Hündin Milla direkt neben mir im Büro – und bei uns bringen viele Mitarbeitende ihre Hunde mit. Tiere sind längst Familienmitglieder. Das sieht man auch am medizinischen Fortschritt – manchmal scherze ich, man wird mit einem gebrochenen Bein in der Tierklinik besser versorgt als im Krankenhaus.“

Welche Bestattungsart wählen die meisten Tierhalter bei Ihnen?
„Ganz klar: die Einzelkremierung. Das Tier wird separat eingeäschert, und die Besitzer bekommen die Asche zurück – in einer Urne oder auf Wunsch auch in einem Schmuckstück. Diese Form der Bestattung ist bei uns mit Abstand am beliebtesten.“

Besonders beliebt sind Pfotenabdrücke – oft auch als digitale Datei

Also behalten viele die Asche zu Hause?
„Genau. Anders als im Humanbereich gibt es kein Bestattungsgesetz für Tiere. Die Urne kann zu Hause aufbewahrt, im Garten beigesetzt oder sogar kreativ weiterverarbeitet werden – zum Beispiel als Schmuckstück. Die Möglichkeiten sind sehr individuell.“

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Gibt es bestimmte Trends, die Sie als Tierbestatter beobachten?
„Ja, viele. Besonders beliebt sind Pfotenabdrücke – oft auch als digitale Datei, die sich Menschen tätowieren lassen. Außerdem Schmuckstücke mit Fell oder Asche, personalisierte Gravuren oder Urnen, die nicht wie Urnen aussehen. Ein Beispiel ist die Bilderrahmen-Urne: Von außen sieht man nur ein Foto, dahinter verbirgt sich ein Fach mit der Asche. So ist das Andenken ganz unauffällig in den Alltag integriert.“

Was kostet eine Tierbestattung im Schnitt – und was ist am beliebtesten?
„Die meisten entscheiden sich für eine Einzelkremierung. Bei einem Hund von rund 20 Kilogramm kostet das etwa 380 Euro. Dazu kommen pauschal 65 Euro für die Abholung, egal, wie weit wir fahren. Die Rückgabe der Asche ist entweder kostenlos in einer unserer Filialen oder per Versand möglich – nur eine persönliche Rückgabe durch unser Team kostet extra. Alles Weitere hängt vom Wunsch des Tierhalters ab: Urne, Schmuckstück oder andere Gedenkobjekte kommen noch dazu.“

»In Polen ist Tierbestattung etwa auf dem Stand, den wir in Deutschland vor 15 Jahren hatten

Gab es auch ungewöhnliche Wünsche?
„Ja, manche möchten zum Beispiel den Eckzahn ihres Tieres für einen Anhänger und fragen, ob wir diesen entfernen können. Aber solche Eingriffe machen wir grundsätzlich nicht – das empfinden wir als pietätlos. Wer das möchte, muss es vorher selbst organisieren. Es gab aber auch besonders schöne Momente: Ein Jäger hat sich beispielsweise gewünscht, dass wir beim Abschied Jagdhornbläser organisieren. Das letzte ‚Halali‘ im Rosengarten – sehr bewegend.“

Manche lassen sogar Diamanten aus der Asche pressen – wie oft kommt das vor?
„Das ist eher selten, aber es kommt vor – wir betreuen ja Kunden in vier Ländern. So ein Edelstein kostet je nach Methode zwischen 2000 und 20.000 Euro. Es ist eine sehr persönliche, exklusive Form der Erinnerung.“

Gibt es eigentlich Unterschiede in Bestattungstrends zwischen Ländern?
„Ja, wir sind in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Polen vertreten. In Polen ist der Markt noch recht jung – dort ist Tierbestattung etwa auf dem Stand, den wir in Deutschland vor 15 Jahren hatten. In Österreich läuft vieles sehr ähnlich wie bei uns. In der Schweiz übernimmt der Tierarzt oft eine größere Rolle – inklusive Beratung zur Bestattung. Das ist in Deutschland inzwischen eher unsere Aufgabe, weil Tierärzte stark ausgelastet sind und sich auf die Heilbehandlung konzentrieren.“

»Wir sehen, dass das Budget knapper wird

Arbeiten Sie bei der Tierbestattung direkt mit Tierärzten zusammen?
„Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt rund 10.000 Praxen in Deutschland. Manche empfehlen uns gezielt, andere handeln auf Wunsch des Tierhalters. Viele Tierärzte schätzen unseren Qualitätsanspruch und haben feste Abläufe mit uns etabliert – das sorgt für Verlässlichkeit.“

Tierarztkosten sind für viele ein Problem. Erleben Sie das auch bei Bestattungen?„Überraschenderweise eher selten – zumindest im Kleintierbereich. Eine Katzenbestattung bei uns kostet etwa 350 Euro. Das liegt für viele Tierhalter im Rahmen, vor allem wenn ihnen der Abschied wichtig ist. Trotzdem sehen wir, dass das Budget knapper wird – deshalb haben wir die ‚Rosengarten-Vorsorge‘ entwickelt.“

Was beinhaltet diese Vorsorge?
„Sie ermöglicht es Tierhaltern, schon zu Lebzeiten festzulegen, wie sie den Abschied gestalten möchten. Man kann die Kosten flexibel ansparen, bekommt von uns einen Zuschuss (25 Euro bei Kleintieren, 125 Euro bei Pferden) und sichert sich gleichzeitig den aktuellen Preis – auch wenn die Bestattung erst in vielen Jahren stattfindet. Das hilft, emotionale und finanzielle Belastung in einem ohnehin schweren Moment zu reduzieren.“

„Exoten wie Löwen oder Geparden hatten wir auch schon“

Können Sie einschätzen, wie viele Tierhalter in Deutschland ihr Tier bestatten lassen?
„Genaue Zahlen gibt es nicht, da viele Tiere noch über die klassische Tierkörperbeseitigung gehen – das ist derselbe Weg, über den auch Nutztiere entsorgt werden. Ich würde aber schätzen, dass etwa die Hälfte aller Haustiere inzwischen bestattet wird – sei es durch eine persönliche Beauftragung zur Kremierung oder andere Formen. Die andere Hälfte landet eher anonym oder in der Verwertung.“

Welche Tiere werden am häufigsten bestattet?
„Ganz klar: Hunde und Katzen, was auch zur Verteilung in deutschen Haushalten passt. Aber wir haben regelmäßig auch Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchillas – bis hin zu Reptilien wie Leguane oder Schlangen. Einmal hatten wir sogar einen Koi-Karpfen. Auch Vögel wie Papageien kommen vor. Exoten wie Löwen oder Geparden hatten wir auch schon – da ist es besonders wichtig, dass gültige Haltungs- und Artenschutzpapiere mitgebracht werden.“

War der Löwe aus einem Zirkus?
„Ja, genau. Und der Gepard stammte aus einem genehmigten Privatgehege. Solche Fälle sind selten, aber sie kommen vor.“

„Dann sitzen wir auch mal eineinhalb Stunden bei einer älteren Dame auf dem Sofa, trinken gemeinsam einen Kaffee“

Sie kremieren auch Pferde. Wie wird das angenommen?
„In Deutschland gibt es rund eine Million Pferde, aber die Zahl der Kremierungen ist noch sehr gering. Viele wissen gar nicht, dass das überhaupt möglich ist. Zudem sind die Kosten deutlich höher: Eine Pferdekremierung kostet etwa 1890 Euro, mit Transport landet man schnell bei 2500 bis 3000 Euro. Das ist eine Entscheidung, die in der Familie diskutiert wird – verständlicherweise.“

Was passiert mit Pferden, wenn sie nicht kremiert werden?
„Meist holt sie die Tierkörperbeseitigungsanstalt ab. Für viele ist das ein belastender Gedanke – vor allem, wenn das Tier ein langjähriger Begleiter war. Da wird das tote Pferd mit einem Kran auf einen Lkw verladen, womöglich neben andere Tiere – für viele ein Albtraum. Deshalb bieten wir bewusst eine würdevolle Alternative an.“

Der Tod eines Haustieres ist nicht nur organisatorisch, sondern auch emotional eine große Herausforderung. Wie gehen Tierbestatter mit der Trauer der Kunden um?
„Ganz unterschiedlich. Manche Tierhalter nutzen unseren Online-Service und möchten bewusst keinen persönlichen Kontakt – sie wollen für sich allein trauern. Andere wünschen sich Begleitung: Dann sitzen wir auch mal eineinhalb Stunden bei einer älteren Dame auf dem Sofa, trinken gemeinsam einen Kaffee und sprechen über ihren Hund – oder auch über ihren verstorbenen Ehemann. Das gehört dazu.“

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„Es gibt auch Menschen, die ihre Trauer in Aggression umwandeln“

Ihre Mitarbeiter müssen also viel Einfühlungsvermögen als Tierbestatter mitbringen?
„Unbedingt. Deshalb schulen wir sie intensiv – auch mit externen Coaches. In der Qualifizierung geht es nicht nur um Abläufe, sondern auch um Kommunikation, Empathie und Selbstschutz. Denn jeder Kunde ist anders: Manche sind sehr emotional, andere eher sachlich. Es gibt auch Menschen, die ihre Trauer in Aggression umwandeln – da darf man nichts persönlich nehmen. Man muss erkennen, was dahintersteckt, und sensibel darauf reagieren können.“

Gibt es im Team die Möglichkeit, schwierige Erlebnisse zu verarbeiten?
„Ja, wir sprechen viel miteinander und achten sehr aufeinander. Unsere Unternehmenskultur ist offen, und wir wissen, wie wichtig es ist, Erlebnisse nicht mit nach Hause zu nehmen. Trotzdem kommt das vor – nicht jeder kann diesen Beruf dauerhaft ausüben. Ich hatte auch schon Mitarbeiter, die gesagt haben: ‚Ich schaffe das nicht mehr.‘ Und das ist völlig in Ordnung.“

Was motiviert Sie und Ihr Team trotz der Belastung, diesen Beruf auszuüben?
„Die Dankbarkeit der Tierhalter. Viele schreiben uns bewegende Briefe, bringen Pralinen vorbei oder kommen später noch einmal mit einem neuen Welpen vorbei – obwohl sie dachten, sie könnten nie wieder ein Tier halten. Wenn sie sagen: ‚Ihr habt uns geholfen, wieder Mut zu fassen‘ – dann wissen wir, warum wir diesen Job machen. Die Leute dürfen traurig gehen, aber sie sollen mit einem guten Gefühl vom Hof fahren. Das ist unser Anspruch.“

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