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Studie untersucht Kommunikation

Welche Hunderassen das Heulen der Wölfe noch verstehen können

Ein Husky heult
Huskys gehören zu den Hunden, die noch recht nah mit dem Wolf verwandt sind. Die Kommunikation über das Heulen fällt ihnen daher leichter als anderen Rassen. Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

08.02.2023, 05:43 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Hunde sind dem Wolf genetisch sehr nahe. Doch ist eine Kommunikation zwischen den beiden Tieren auch nach über 10.000 Jahren Domestizierung noch möglich? Eine Studie liefert spannende Ergebnisse darüber, ob Hunde das Heulen von Wölfen verstehen können.

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Dass Hunde vom Wolf abstammen, wissen viele. Aber wie viel vom ursprünglichen Tier steckt noch in den heutigen Hunderassen? Verstehen sie zum Beispiel, was Wölfe heulen? Ein Team aus ungarischen Wissenschaftlern hat sich dieser Frage in einem spannenden Experiment gewidmet und präsentierte im Magazin „Communications Biology“ erstaunliche Erkenntnisse darüber, ob Hunde das Heulen von Wölfen verstehen. Dabei untersuchten die Forscher auch die Frage, wie die Hunde auf die Rufe ihres wilden Verwandten reagieren.

Hat die Genetik der Hunde Einfluss auf das Heulen?

Wissenschaftler rund um Fanni Lehoczki von der ungarischen Eötvös Loránd Universität aus Budapest widmeten sich der Frage mit einem Versuch. Dabei wollten sie nicht nur das Heulen von Wölfen und Hunden untersuchen, sondern auch herausfinden, weshalb manche Hunderassen mehr dazu neigen als andere. Des Weiteren untersuchten sie, ob die genetische Nähe zum Wolf einen Einfluss auf das Heulen bei Hunden hatte und wie sie auf die Kommunikation der Verwandten reagieren.

Zu diesem Zweck beobachten die Forscher das Verhalten von 68 reinrassige Hunden verschiedener Rassen im Versuch. Dafür spielten sie den Tieren Aufnahmen von heulenden Wölfen vor und überwachten deren Reaktionen. Zusätzlich untersuchten sie die genetische Ähnlichkeit der Rassen mit dem Wolf anhand einer Skala. Auf dieser ordneten sie die verschiedenen Hunderassen anhand ihrer DNA an.

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Ältere Hunderassen sind dem Wolf genetisch näher als moderne

Die Forscher definierten verschiedene Kategorien. Sie gingen davon aus, dass Hunderassen, die vor bis zu 500 Jahren entstanden, die Rufe der Wölfe eher beantwortet würden als Rassen, die während der letzten 200 Jahren gezüchtet wurden. Unter anderem sei bei Rassen, wie dem japanischen Akita, dem Shar-Pei oder dem Basenji bei der Züchtung eher darauf geachtet worden, dass sie bestimmte Funktionen erfüllen konnten, wie zum Beispiel das Hüten von Nutztieren.

Die neueren Rassen seien nicht mehr so ursprünglich, wie die älteren Hunderassen. Bei ihnen sei mehr auf die Verschiedenheit des Aussehens geachtet worden. Dieser Kategorie wurden so unterschiedlich aussehende Rassen wie der American Staffordshire Bullterrier oder der Pudel zugeordnet.

Eine noch ältere Kategorie sahen die Wissenschaftler bei Schlittenhunden wie dem Husky. Diese existiere bereits seit mehr als 9500 Jahren und sei erwiesenermaßen sehr nah mit dem Wolf verwandt. Des Weiteren legten die Forscher weitere Faktoren, wie Alter und reproduktiven Status (sterilisiert oder kastriert) zugrunde, da auch diese einen Einfluss auf die Antwort der Hunde auf das Heulen der Wölfe haben könne.

Wie das Heulen zur Kommunikation von Hunden und Wölfen dient

Für die Kommunikation von Wölfen definierten die Autoren mehrere Funktionen des Heulens. Zum einen lokalisieren die Tiere damit die Mitglieder ihres Rudels. Oder sie verteidigen ihr Revier durch abschreckende Geräusche, mit denen sie unbekannte Artgenossen vertreiben wollen. Daher ist die Beantwortung oder eine Reaktion auf das Heulen eines Wolfes ein eindeutiges Signal dafür, dass die Hunde seine kommunikative Funktion verstanden haben.

Der domestizierte Hund (Canis familiaris) verständigt sich untereinander eher mit Bellen, weniger mit lautem Gejaule. Die verschiedenen Unterarten oder Rassen der Hunde unterscheiden sich optisch sowie größentechnisch sehr voneinander. Die Wissenschaftler untersuchten auch, inwiefern diese Unterschiede eine Rolle spielten.

Im Experiment reagierten 57 Prozent der untersuchten Hunde mit stimmlichen Reaktionen auf das eingespielte Heulen der Wölfe. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede in der Kommunikation. Manche Hunde bellten ihre Besitzer an, andere reagierten mit einem Mix aus Bellen und Heulen. Wieder andere signalisierten deutliche Anzeichen von Stress und Bereitschaft zur Verteidigung. Dabei zeigten vor allem die älteren Hunderassen deutlich, dass sie Stress verspürten. Etwa, indem sie sich übers Maul leckten, urinierten oder die Beschwichtigungsreaktion des Gähnens zeigten.

Ursprünglichere Hunderassen reagierten häufiger auf das Heulen von Wölfen

Die Forscher konnten in ihrem Experiment nachweisen, dass vor allem die ursprünglichen Hunderassen die Rufe der Wölfe eher beantworteten, als Rassen, die während der letzten 200 Jahren entstanden sind. Dort sei die ursprüngliche Kommunikation im Rudel erhalten geblieben. „Wir denken, dass die älteren Rassen, die genetisch den Wölfen näher sind, die kodierten Informationen im Heulen von Wölfen besser verstehen können als moderne Rassen“, ordnet Tamás Faragó, ein Autor der Studie, die Ergebnisse ein.

Es schien den Wissenschaftlern so, als ob die Tiere mehr Stress empfanden, wenn sie das Gefühl hatten, in das Territorium eines Rudels eingebrochen zu sein. Jedoch spielte auch das Alter der untersuchten Tiere eine große Rolle. So reagierten Hunde, die älter als 5 Jahre waren, mit deutlich mehr Furcht auf die Wolfsgeräusche im Vergleich zu jüngeren Hunden.

Heulen hat bei modernen Rassen seine Funktion verloren

Die als modern definierten Hunderassen reagierten weniger oft mit Heulen auf die Wölfe, sondern bellten häufiger, wenn sie überhaupt eine Reaktion zeigten. „Es scheint, dass, obwohl das Heulen bei fast allen Rassen vorkommt, es seine Funktion durch das veränderte soziale Umfeld verloren hat“, erklärt Hauptautorin Fanni Lehoczki. Daher würden es die moderneren Rassen nicht in adäquaten Situationen nutzen.

Auch zeigte sich, dass sterilisierte Männchen häufiger und länger heulten als weibliche Tiere oder unkastrierte Rüden. Dies scheine, so die Autoren, mit den fehlenden Sexualhormonen in Verbindung zu stehen. „Da vermutet wird, dass sterilisierte Männchen ängstlicher sind, kann man dieses Resultat mit unseren Erkenntnissen über die Antwort und das Stressverhalten vereinen“, erklärt Lehoczki weiter. „Das Heulen der Hunde könnte bedeuten ‚Ich habe Angst, komm mir nicht zu nahe‘.“

Diese erste Studie, welche das Heulen bei domestizierten Hunden mit dem der Wölfe verglich, unterstütze die Hypothese, dass die Domestizierung und das selektive Züchten von Menschen das stimmliche Repertoire von Hunden grundlegend verändert habe. Dies bezöge sich sowohl auf die Wahrnehmung sowie die Produktion des Heulens bei Hunden. Die Erkenntnis der Wissenschaftler bringe uns näher daran, die Geschichte und den Einfluss der so wichtigen Beziehungen zwischen Menschen und ihren „besten Freunden“, dem domestizierten Hund, zu verstehen.

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Quellen

Themen #fellby Hundeverhalten
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