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50.000 Hunde pro Jahr

Galgomarsch in Berlin – Protest gegen die Tötung von Jagdhunden in Spanien

Galgomarsch in Berlin am 28. Januar 2023
Beim Galgomarswch in Berlin demonstrierten Hunderte am 28. Januar 2023 gegen die Tötung von Jagdhunden in Spanien Foto: PETBOOK/Saskia Schneider
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

30.01.2023, 17:16 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Auf dem Galgomarsch in Berlin trafen sich Hunderte, um gegen das Leid der Galgos, Podencos und anderer spanischer Jagdhunde zu protestieren. Jedes Jahr veranstalten Tierschützer in verschiedenen Städten Deutschlands zum Ende der Jagdsaison einen Protestmarsch gegen die Jagd mit Hunden in Spanien und die „Entsorgung“ von jährlich mehr als 50.000 Jagdhunden.

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Der Galgo Español gehört zu den Windhunden. Während er sich in vielen Ländern als Haus- und Begleithund etabliert hat, wird er in Spanien schon seit Jahrhunderten vor allem als Jagd- oder Sporthund gehalten. Es ist das einzige EU-Land, in dem die Hetzjagd mit Windhunden noch erlaubt ist. Dabei kommen neben Galgos auch andere Windhundrassen wie Podencos zum Einsatz. Für die Jäger sind die Hunde vor allem Nutztiere und Prestigeobjekt. Bringt ein Galgo seinem Besitzer keinen Nutzen mehr, wird er in Tötungsstationen (Perreras) abgeschoben oder auf grausame Weise umgebracht. Jedes Jahr zum Ende der spanischen Jagdsaison findet daher der Galgomarsch als Protest gegen die „Entsorgung“ der Jagdhunde statt. In diesem Jahr beteiligten sich am 28. Januar sechs Städte in Deutschland an den Protestmärschen. In Berlin trafen sich die Demonstranten auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor. PETBOOK war vor Ort und sprach mit Demonstranten und Tierschützern.

Mit Säure übergossen und an Bäumen erhängt

Um 13 Uhr tönt lautes Bellen über den Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor. Hunderte Menschen haben sich zusammen mit ihren Windhunden versammelt. Sie tragen Plakate mit Aufschriften wie „Kämpft für die Freiheit der Galgos“ oder „Libertad!! Your Vote Matters“ (zu Deutsch: „Freiheit! Deine Stimme zählt“). Viele der Hunde tragen Zettel mit ihrem Namen und „Ich wurde gerettet – ich bin einer unter Millionen.“

„Der Galgo Español wird in Spanien zur Hasenjagd genutzt und ist eine der am meisten ausgebeuteten Jagdhundrassen“, sagt Christoph Richter, Mitorganisator des Protestmarschs in Berlin, in seiner Ansprache. Der Tontechniker ist selbst Galgobesitzer und erzählt in seinem Podcast „Jaspers Abenteuer – Leben mit einem Galgo“ über seine Abenteuer mit dem spanischen Windhund. An diesem Tag spricht er am Brandenburger Tor vor Hunderten hundeinteressierten Menschen mit und ohne Vierbeiner über das Leid der Tiere.

„Mehr als 50.000 Jagdhunde werden jedes Jahr in Spanien aussortiert, ausgesetzt, getötet. Sie werden mit gebrochenen Beinen auf Feldern zurückgelassen, in Höhlen angekettet, in Brunnen geworfen, mit Säure übergossen, an Bäumen erhängt“, klagt Richter an. Am stärksten sei der Galgo Español betroffen, aber auch Hunde wie Podencos, Pointer Setter oder Cocker würden zur Jagd eingesetzt. Der Galgo stehe daher stellvertretend für alle spanischen Jagdhunde.

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Die meisten Hunde werden nach drei Jahren „entsorgt“

Sind die Hunde in der Jagd nicht erfolgreich, bringen sie ihrem Jäger, dem Galguero, Schande und werden aussortiert. Aber auch Hunde ab drei Jahren trifft dieses Schicksal, da sie für die Jagd als zu alt gelten. „Ein Hund, der gelernt hat, effizient zu jagen, wird aussortiert“, ergänzt Richter. „Zu langsam? Aussortiert! Zu zögerlich? Aussortiert! Falsche Ohrenstellung? Aussortiert“, führt Richter die Liste weiter. Auch die falsche Farbe bedeute für viele Galgos den frühen Tod. Vor allem schwarze Tiere gelten als Unglücksbringer.

Dieses Schicksal traf auch Lillith, die wir mit Besitzerin Andrea Grabienski auf dem Protestmarsch treffen. Spanische Tierschützer fanden die Galgohündin abgemagert und mit kahlen Stellen im Fell. Neben starker Unterernährung hatte Lillith zahlreiche Infektionen wie Leishmaniose, Babesiose, sowie Anaplasmose und musste monatelang in der Klinik behandelt werden, erzählt Andrea Grabienski.

Ein Galgo sitzt hinter Gittern in einem Zwinger.
Jagdhunde sind in Spanien Nutztiere. Die Galgos werden oft das Jahr über in Zwingern gehalten und nur zur Jagd herausgelassen Foto: Galgo@Fundacion Benjamin Mehnert (Sevilla)/Anja Diehl 2022

Trotz dieser schlimmen Erlebnisse sind die meisten Hunde lebensfrohe Tiere. „Lillith ist ständig damit beschäftigt, Freundschaften zu schließen“. Mit diesen Worten stellte die Tierschutzorganisation die Hündin bei der Adoption vor. Andrea Grabienski nahm Lillith zusammen mit einem zweiten spanischen Jadgdhund-Mischling auf, der ebenfalls acht Monate wegen seiner schlimmen Misshandlungen in der Klinik war, und nur knapp überlebte.

Mittlerweile ist Lillith zehn Jahre bei Andrea Grabienski und auch heute damit beschäftigt, Freundschaften mit den anderen Galgos auf dem Marsch zu schließen. Es sei ihr erster Galgomarsch, verrät die Hundebesitzerin. Mit einer Freundin und der Tochter einer Bekannten sei sie extra aus Mecklenburg nach Berlin gefahren, um mit ihren Hunden mitzulaufen.

Zum Ende der Jagdsaison laufen die Tierheime in Spanien über

Am 2. Februar endet in Spanien die Jagdsaison. Dann breche eine Flut an verletzten und ausgesetzten Jagdhunden über die Tierheime in Spanien herein, berichtet Christoph Richter. Doch diese Hunde seien nur ein Bruchteil der Tiere, die die Jäger jedes Jahr im Land nach der Jagdsaison aussortierten.

Laut einer Pressemitteilung den Initiatoren des Deutschen Galgomarsches, basiere die Zahl 50.000 auf einer freiwilligen Erhebung unter teilnehmenden spanischen Tierheimen. Tierschützer vor Ort gingen inzwischen aber von bis zu 200.000 Jagdhunden aus, darunter 80 Prozent Galgos, die jedes Jahr ein furchtbares Schicksal erleiden.

Gleiche Hunde, gleiches Gesetz

Im Januar 2022 wurden in Spanien Haustiere erstmals als fühlende Wesen anerkannt. Daraufhin entwarf die Regierung einen neuen Entwurf des Tierschutzgesetzes. Es sollte die Jagdhunde in Spanien mit einschließen und den Haustieren gleichstellen. Zudem sollte damit auch eine Reform des Strafgesetzbuches einhergehen und die Strafen für Tierquälereien verschärft werden.

„Das hätte das Leid der Jagd zwar nicht beendet, aber deutlich reduziert“, sagt Richter. Zudem wäre es ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen gewesen. Doch die Regierungspartei PSOE habe dem Druck der Jagdlobby nachgeben, so Richter weiter. Demnach seien Jagdhunde nun aus dem spanischen Tierschutzgesetz ausgeschlossen. In den sozialen Medien Spaniens läuft seitdem die Kampagne #mismosperrosmismaley (gleiche Hunde, gleiches Gesetz). Trotzdem wurde im Dezember letzten Jahres der Änderungsantrag im Kongress in Madrid angenommen.

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Jagdhunde sind nach spanischem Gesetz keine fühlenden Wesen

Die Zukunft der spanischen Jagdhunde hätte sich dadurch stark verdunkelt. „Wird das Gesetz verabschiedet, gebe es zwei Klassen“, sagt Richter. „Hunde, die Haustiere sind, sind fühlende Wesen und stehen unter dem Schutz des Gesetzes.“ Hunde, die Jagd- oder Gebrauchshunde sind, seinen demnach keine fühlenden Wesen und vom Gesetz nicht geschützt.

Hund ist also nicht gleich Hund. Daher forderten die spanischen Tierschützerinnen und Tierschützer eine Gleichstellung. Dem schließen sich die Organisatoren an. Zusammen mit dem etablierten Kölner Galgomarsch veranstalteten dieses Jahr sechs deutsche Städte unter dem Hashtag #galgosunited einen Galgomarsch: Berlin, Bremen, Hamburg, Köln, München und Saarbrücken. Mit dem Protestmarsch wolle man aufklären, sensibilisieren und auch Spanienreisende auf das Thema hinweisen, um es sichtbar zu machen.

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