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Expertin gibt Tipps

Warum Ihr Hund Sie ignoriert – und was das über Ihre Beziehung aussagt

Hund ignoriert mich
Wenn Ihr Hund Sie ignoriert, ist oft fehlendes Verständnis dafür verantwortlich. Foto: Lisa5201/Getty Images / Katharina Marioth

29. Mai 2025, 16:12 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Viele Hundehalter kennen die Situation: Man ruft den Hund – und er reagiert nicht. Frustrierend? Auf jeden Fall. Doch ist Ihr Hund stur? Oder steckt hinter dem vermeintlichen Ungehorsam vielleicht etwas viel Tieferes – etwas, das mit Ihrer Beziehung zueinander zu tun hat?

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Hundetrainerin Katharina Marioth erklärt bei PETBOOK, was es wirklich bedeutet, wenn Ihr Hund Sie „ignoriert“ – und gibt hilfreiche Tipps, wie Sie die Verbindung zu ihm verbessern können. 

Missverständnisse im Alltag: Warum Hunde nicht „ungehorsam“ sind  

Hunde leben im Hier und Jetzt. Wenn sie scheinbar nicht auf uns reagieren, liegt das oft nicht an Trotz, sondern an fehlendem Verständnis. Vielleicht war das Signal nicht klar, der Zeitpunkt ungünstig oder der Hund schlicht abgelenkt. Besonders bei jungen Hunden ist die Impulskontrolle noch nicht voll ausgeprägt. 

Weitere typische Missverständnisse

  • Überforderung durch Reizüberflutung: Gerade in städtischen Umgebungen prasseln viele Reize gleichzeitig auf Hunde ein. Gerüche, Geräusche, fremde Menschen und andere Hunde – all das kann dazu führen, dass Ihr Signal schlicht untergeht. 
  • Falsche Signalverknüpfung: Wurde ein Signal nicht konsequent oder eindeutig aufgebaut, kann Ihr Hund es nicht sicher zuordnen. Vielleicht haben Sie „Hier!“ zehnmal gerufen – aber nie belohnt, wenn er kam oder immer gerufen, wenn keine Chance bestand, dass Ihr Hund trotz Ablenkung auch kommt. 

Tipp: Trainieren Sie Signale unter verschiedenen Ablenkungen und mit positiver Verstärkung. Klare Kommunikation ist der Schlüssel. 

Beziehung statt Kontrolle: Die Basis für Aufmerksamkeit

Ein Hund, der sich sicher und verstanden fühlt, ist aufmerksamer. Vertrauen, gemeinsame Rituale und ein sicherer Rahmen fördern die Bindung. Wenn Ihr Hund sich „abwenden“ kann, zeigt das oft, dass er sich zu sicher oder zu wenig eingebunden fühlt. 

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Beziehungsförderende Maßnahmen

  • Rituale schaffen Verlässlichkeit: Gemeinsames Frühstück oder kurze Kuscheleinheiten am Morgen stärken das Zugehörigkeitsgefühl. 
  • Kleine gemeinsame Erfolge: Gemeinsames Lösen von Aufgaben – wie das Suchen eines versteckten Spielzeugs – stärkt das Teamgefühl. 
  • Emotionale Verfügbarkeit: Wer im Alltag präsent ist, wird auch in Stresssituationen eher gehört. 

Exkurs: Welche Bindung haben Sie zu Ihrem Hund? Studien zeigen, dass Hunde unterschiedliche Bindungstypen zu ihren Menschen entwickeln – ähnlich wie Kinder. Eine sichere Bindung bedeutet Vertrauen, Kooperation und Orientierung am Menschen. Unsicher gebundene Hunde zeigen dagegen oft Überreaktionen: Sie klammern oder ignorieren, sind ständig aufgeregt oder ziehen sich zurück. Ihre Präsenz, Ihr Timing und Ihre Verlässlichkeit bestimmen, wie sicher Ihr Hund sich bei Ihnen fühlt. 

Was Ignorieren wirklich heißt: Körpersprache richtig deuten

Ein Blick zur Seite, ein Gähnen, ein Weglaufen – vieles, was als Ignoranz gedeutet wird, sind Signale der Unsicherheit oder des Unverständnisses. 

Beispiele für häufig missverstandene Signale

  • Boden schnüffeln: Oft ein Beruhigungssignal – nicht Desinteresse. 
  • Gähnen oder sich abwenden: Zeichen von Stress oder Unsicherheit. 
  • Nicht-kommen auf Rückruf: Könnte heißen: „Ich bin gerade überfordert“, nicht „Ich habe keine Lust“. 
  • Achten Sie auf „plötzliche“ Schuppenbildung im Fell Ihres Hundes – dies ist ein „ich bin gestresst“-Signal, was fast immer „ignoriert“ wird vom Menschen 

Tipp: Beschäftigen Sie sich mit der Hundesprache. Körpersignale zu erkennen und richtig zu deuten, eröffnet ganz neue Perspektiven. 

Beziehung pflegen: 5 alltagstaugliche Übungen für mehr Verbindung

  • Aufmerksamkeitsspiele beim Spaziergang: Verstecken Sie sich hinter einem Baum – und belohnen Sie Ihren Hund, wenn er Sie findet. 
  • Gemeinsames Erkunden statt nur „Gassi gehen“: Lassen Sie Ihren Hund mal entscheiden, wohin der Weg führt – Mitsprache stärkt die Beziehung. 
  • Belohnungen für freiwillige Nähe: Nähe ist wertvoll – machen Sie sie lohnend durch ruhige Stimme, sanftes Streicheln, Leckerlis und ein Lächeln. 
  • Blickkontakt fördern durch sanftes Spiel: Eine Spielsequenz kann helfen, den Fokus zurückzuholen und Blickkontakt zu fördern. 
  • „Versteckspiele“ mit Spielzeug oder Leckerli als Verbindungstraining: Wer gemeinsam lacht, lernt leichter – und das schafft Nähe. 

Checkliste: Wie verbunden fühlt sich Ihr Hund im Alltag?

  • Sucht Ihr Hund freiwillig Ihre Nähe? 
  • Bleibt er oft in Ihrer Nähe, auch ohne Leine? 
  • Reagiert er auf Ihren Blick oder Ihre Körpersprache? 
  • Wirkt er entspannt in Ihrer Gegenwart? 
  • Sucht er in neuen oder stressigen Situationen Ihre Rückversicherung? 

Wann Training, wann Beziehung?

Nicht jede „Unaufmerksamkeit“ ist mit Hundetraining zu lösen – manchmal braucht es Geduld, Nähe und gemeinsame Erlebnisse. 

Beispiel: Ein Hund, der zu Hause auf jedes Signal hört, Sie aber im Park ignoriert, braucht keine strengere Erziehung – sondern mehr Sicherheit und Vertrauen in schwierigen Situationen. 

  • Training bringt Struktur, aber ist nicht alles. 
  • Beziehung bringt Verbindung – und ist die Basis für erfolgreiches Training. 

Beide Ebenen bedingen sich – und müssen gepflegt werden. 

Wie Sie mit Frust umgehen können

Auch Ihre Emotionen spielen eine Rolle. Wenn Sie frustriert sind, z.B. vom Job, spürt das Ihr Hund. Hunde sind hochsensible Beobachter – Ihre Mimik, Ihre Körpersprache, Ihr Tonfall, Ihr Tempo beim Gehen – all das wird registriert. 

Strategien gegen Frust

  • Bewusste Atmung und Mini-Pausen: Drei tiefe Atemzüge können Wunder wirken. 
  • Mentales Reframing: Fragen Sie sich: „Will mein Hund mich wirklich ignorieren – oder versteht er mich gerade nicht?“ 
  • Fehler als Chance: Jeder Rückschlag ist eine Möglichkeit zur Reflexion und Weiterentwicklung – für Sie beide. 

Mini-Übung: Reset für den Menschen 

  1. Bleiben Sie stehen. Atmen Sie dreimal tief durch. 
  2. Senken Sie die Schultern. Schauen Sie Ihren Hund ruhig an. 
  3. Sagen Sie laut: „Alles gut“ und lächeln Sie! 
  4. Gehen Sie erst weiter, wenn Ihr Herzschlag wieder ruhig ist. 

Auch interessant: Hundetrainerin: „Erziehung bei Hunden ganz ohne Strafe? Schwierig.“

Perspektivwechsel: Was Ihr Hund Ihnen sagen möchte

Wenn Hunde Signale ignorieren, liegt das oft daran, dass sie etwas anderes kommunizieren möchten – etwa: „Ich habe Angst“, „Ich verstehe dich nicht“ oder „Ich bin müde“. 

Einige mögliche Botschaften

  • „Ich brauche Abstand“ – z. B. bei Überforderung durch zu viele Reize. 
  • „Ich fühle mich unsicher“ – etwa bei lauten Geräuschen oder fremden Menschen. 
  • „Ich habe gerade Spaß!“ – Spieltrieb überwiegt den Wunsch zur Kooperation. 

Wer zuhört, statt nur zu kommandieren, wird mehr verstanden – und öfter gehört. 

Mehr zum Thema

Was Sie heute schon tun können – 3 Impulse für mehr Verbindung

  1. Verzichten Sie auf das nächste Kommando. Gehen Sie stattdessen in Beziehung – mit einem Lächeln, einem freundlichen Blick oder einer Einladung. 
  2. Verbringen Sie 10 Minuten ganz bewusst mit Ihrem Hund – ohne Ziel. Kein Training, kein Kommando. Nur Sein.
  3. Reden Sie mit Ihrem Hund. Nicht als Kommando – sondern einfach so. Ihre Stimme wirkt verbindend. 

Fazit: Wenn Ihr Hund Sie ignoriert, hat das meist nichts mit Ungehorsam zu tun – sondern mit Kommunikation. Eine starke Hund-Mensch-Beziehung ist die Basis für ein harmonisches Miteinander. Statt an Kommandos zu feilen, lohnt sich der Blick auf Ihre Verbindung. Wer seinen Hund versteht, wird auch gehört – und gemeinsam wird aus „Ignorieren“ echte Aufmerksamkeit. 

Zur Autorin

Katharina Marioth ist Gründerin der Marke Stadthundetraining und des KEML-Prinzips. Sie ist IHK- und behördlich-zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensgutachterin für gefährliche Hunde des Landes Berlin. In ihrem Daily Business arbeitet sie eng mit Veterinären, Wissenschaftlern und anderen Spezialisten zum Thema Hund zusammen. Mit Ihrem Wissen und Können konnte sie sich in der Sat.1-Sendung „Der Hundetrainer-Champion“ den Titel der Hundetrainerin des Jahres 2023 sichern.

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