
28. Mai 2025, 14:26 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
„Schau, die spielen so schön“, heißt es oft, wenn ein Hund dem anderen hinterherjagt. Doch oft handelt es sich dabei um etwas ganz anderes. Wie man echtes Spiel erkennt und wann man als Halter einschreiten sollte, erklärt Hundetrainerin Katharina Marioth im PETBOOK-Interview.
Ob im Park oder auf der Hundewiese – wir Menschen haben oft die Annahme, dass Hunde schon wissen, wie man spielt und es heißt: Leine ab und los. Doch das, was dann oft entsteht, hat mit echtem sozialem Spiel nicht viel zu tun. Schlimmer noch: Es kann passieren, dass der eigene Hund regelrecht gemobbt und gejagt wird. Wir denken dann oft: „Ach, die spielen so schön“. Und schließlich wirkt der Vierbeiner danach ja auch so richtig ausgepowert. Dabei hatte er statt Spaß wahrscheinlich eher Stress und ist daher völlig erledigt. Aber wie erkennt man den Unterschied zwischen Spiel und Ernst? Und was kann man tun, um den eigenen Hund zu schützen? Darüber sprach PETBOOK mit Hundetrainerin Katharina Marioth.
„Oft wird das Verhalten der Hunde missinterpretiert“
PETBOOK: Katharina, du bist Hundetrainerin und hast viel Erfahrung mit Hunden in Auslaufgebieten. Oft sieht man Hunde hintereinander herrennen. Ist das wirklich immer Spiel?
Katharina Marioth: „Echtes Spielverhalten ist ein hochgradig sozial bindendes Verhalten. Es tritt meist nur unter Hunden auf, die sich gut kennen und ein gewisses Vertrauensverhältnis aufgebaut haben. Das bedeutet, dass man echtes Spiel eher bei Hunden sieht, die sich schon länger zusammen bewegen und beobachten.“
Was führt denn dazu, dass Hunde oft gar nicht richtig spielen, sondern eher „rennen“ oder sich verfolgen?
„Oft wird das Verhalten der Hunde missinterpretiert. Zum Beispiel kann ein Hund, der gräbt, nicht unbedingt spielen, sondern er baut Stress ab. Ein sogenanntes ‚Rennspiel‘ hat oft mehr mit Jagdverhalten zu tun. Man sieht es an der Körpersprache: gestreckte Rückenlinien und eine angespannte Haltung. Der Hund, der verfolgt wird, zeigt häufig Stressanzeichen wie geweitete Augen oder eine geduckte Haltung. Das wird von vielen nicht erkannt, aber es ist nicht das, was wir als Spiel verstehen.“
Auch interessant: Expertin mahnt: »Auch Hunde können spielsüchtig werden!

Warum Ihr Hund Sie ignoriert – und was das über Ihre Beziehung aussagt

Hund zeigt Bauch? Expertin erklärt, was wirklich dahintersteckt

Warum gehen Hunde oft zu Menschen, die eigentlich Angst vor ihnen haben?
„Es gibt klare Körpersprachenzeichen“
Wann sollte man als Besitzer eingreifen, wenn man solche Verhaltensweisen beobachtet?
„Ein guter Moment ist, wenn man mit seinem Hund ins Auslaufgebiet kommt. Lass deinen Hund erst einmal ankommen und binde ihn nicht sofort los, ohne ihm die Gelegenheit zu geben, sich sicher zu fühlen. Besonders bei Umzäunungen sehen wir oft, dass Hunde direkt vom Halter weggeschickt werden, was den Hund stressen kann. Wenn der Hund zu einem kommt, um Schutz zu suchen, sollte man ihn bei sich lassen und ihn nicht sofort wieder wegschicken. Pausen sind wichtig. Wenn ein Hund ständig verfolgt wird oder übermäßig gestresst wirkt, sollte man die Gruppe unterbrechen und eine kurze Pause einlegen.“
Was macht man, wenn der Rückruf nicht funktioniert und der Hund in solch einer Situation steckt?
„Der Rückruf sollte natürlich immer funktionieren, aber wenn das nicht der Fall ist, bleibt der Hund eben erst einmal an der Leine. Bei solchen Knäueln von Hunden, wo der Rückruf nicht hilft, ist es wichtig, ruhig und bedacht zu bleiben. Man sollte seinen Hund ohne Hektik sanft aus der Gruppe holen und es vermeiden, mit Futter zu locken. Das kann Ressourcen-Aggression auslösen. Hier rate ich, die eigene Körpersprache zu nutzen, um seinen Hund sanft herauszunehmen, und sich dann aus der Situation zu entfernen.“
Wie erkennt man, ab wann die Situation wirklich problematisch wird?
„Es gibt klare Körpersprachenzeichen. Wenn ein Hund stark gestresst wirkt, die Augen geweitet sind oder er sich geduckt verhält, ist das ein deutliches Signal. Dann ist es Zeit einzugreifen, bevor es zu einer Eskalation kommt.“
Zur Expertin
Katharina Marioth ist Gründerin der Marke Stadthundetraining und des KEML-Prinzips. Sie ist IHK- und behördlich-zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensgutachterin für gefährliche Hunde des Landes Berlin. In ihrem Daily Business arbeitet sie eng mit Veterinären, Wissenschaftlern und anderen Spezialisten zum Thema Hund zusammen. Mit Ihrem Wissen und Können konnte sie sich in der Sat.1-Sendung „Der Hundetrainer-Champion“ den Titel der Hundetrainerin des Jahres 2023 sichern.