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Meeresbewohner

Haltung von Seepferdchen im Aquarium – Peta: »Viele Tiere sterben, bevor sie es überhaupt erreichen 

Ein Seepferdchen schwimmt in einem Aquarium
Ein Seepferdchen im Aquarium ist ein absoluter Hingucker – nur wird die Haltung in einem künstlichen Lebensraum den Tieren nicht gerecht Foto: Getty Images / skynesher
Sonja Jordans

11.05.2023, 11:06 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Ein Seepferdchen im heimischen Aquarium klingt wie eine schöne Idee und ein absoluter Hingucker. Aber kann die Haltung den anspruchsvollen Tieren überhaupt je gerecht werden?

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Sie gelten als die Stars unter den Meeresbewohnern, begeistern durch ihr markantes Äußeres und wirken geradezu majestätisch: Seepferdchen. Besonders Kinder mögen die zarten, aufrecht im Wasser stehenden Tiere, deren Kopf an den eines Pferdes erinnert und ihnen den Namen gab. Zudem zeigen Seepferdchen einige biologische Besonderheiten. Diese Tiere zu Hause zu haben, ist deshalb der Wunsch zahlreicher Aquarianer. Doch ist die Haltung der sensiblen Seepferdchen überhaupt vertretbar? Woher kommen die Tiere und was ist zu beachten? PETBOOK hat nachgefragt. 

Haben Seepferdchen irgendetwas mit Pferden zu tun? 

Bevor wir uns näher mit der Lebensweise beschäftigen, setzen wir uns eher mit dem doch recht eigentümlichen Namen der Tiere auseinander. Vor allem ihr Aussehen verhalf den Tieren zu ihrem Namen, denn ihr Kopf erinnert an den eines Pferdes. Doch auch ein Fabelwesen aus der griechischen Mythologie stand Pate für die Bezeichnung: Das Vorderteil des Wesens war das eines Pferdes, währenddessen sein Hinterteil an einen Fisch erinnerte. Dieses wundersame Geschöpf galt in der Sagenwelt als Zug- und Reittier von Meeresgöttern. Der Legende nach sollen Seepferdchen Nachfahren jener Fabelwesen sein, die den Streitwagen des Meeresgottes Poseidon zogen. Ihre biologische Bezeichnung lautet Hippocampus und kommt vom griechischen Wort Hippokampos – Seepferdchen. 

Optisch erinnern Seepferdchen daher nicht wirklich an Fische. Neben ihrem pferdeähnlichen Kopf erinnert ihr Schwanz eher an den eines Chamäleons. Sie haben außerdem keine glänzenden Schuppen und schwimmen im Gegensatz zu den meisten bekannten Fischen in aufrechter Haltung. Dennoch: Seepferdchen sind Fische. Die grazilen Tiere mit dem speziellen Aussehen gehören zu den Knochenfischen und dort zur Familie der sogenannten Seenadeln.

Wie viele Arten es insgesamt gibt, ist nicht genau bekannt: Die Angaben schwanken zwischen 30 und 80. Zwar werden immer wieder Tiere entdeckt, die sich zumindest optisch keiner bislang bekannten Art zuordnen lassen. Allerdings: Selbst Seepferdchen einer gemeinsamen Unterart etwa können je nach Lebensraum und -phase unterschiedlich aussehen, etwa, weil sie anders gefärbt sind. Das wiederum kann eine Zuordnung mitunter erschweren. Die kleinsten bekannten Seepferdchen sind nur wenige Millimeter lang, die größten messen rund 30 Zentimeter.  

Was ist der natürliche Lebensraum von Seepferdchen? 

Die Tiere bevorzugen gemäßigte bis tropische Gewässer und kommen unter anderem in Südaustralien und Neuseeland, aber auch im Mittelmeer und an der europäischen Atlantikküste vor. Die Art Kurzschnäuziges Seepferdchen wurde vereinzelt sogar wieder in der Nordsee beobachtet, wo es zuvor für viele Jahre als ausgestorben galt. Grundsätzlich bevorzugen die Tiere Küstenregionen, denn sie mögen flachere Gewässer, in denen sie genug Nahrung wie etwa Plankton, kleine Krebse oder Wasserflöhe finden und sich zwischen Algen und anderen Pflanzen vor Fressfeinden verstecken können. Auch wenn immer wieder das Gegenteil zu lesen ist, Seepferdchen kommen nicht in Süßwasser vor. Sie benötigen Salz- oder Brackwasser mit einem Salzgehalt von bis zu einem Prozent.  

Wie pflanzen sich Seepferdchen fort?

Auch die Fortpflanzung der Seepferdchen ist etwas Besonderes: Nicht nur, dass der Seepferchen-Nachwuchs lebend auf die Welt oder genauer in den Ozean kommt, die Jungtiere schlüpfen außerdem beim Männchen aus einer Art Bauchtasche. Zuvor hatte das Weibchen Eier produziert und diese beim Paarungsakt in die Brusttasche des Männchens gelegt. Dort wurden sie vom Männchen befruchtet und für etwa zehn bis zwölf Tage ausgetragen, bevor je nach Art zwischen 100 und 2000 lebende Nachkommen schlüpfen. Die winzigen Jungtiere sind sofort auf sich alleine gestellt und werden nicht von ihren Eltern versorgt. Das erklärt die große Zahl an Nachwuchs, denn die Überlebensrate ist extrem gering. Nur etwa 0,5 Prozent der Tiere werden erwachsen.

Sind Seepferdchen im Aquarium Züchtungen oder Wildfänge?

Die Tierrechtsorganisation Peta teilt auf PETBOOK auf Anfrage mit, dass sowohl Züchtungen als auch Wildfänge sich im Handel befinden. Rund 27 Seepferdchen-Arten sind laut einer Studie im internationalen Aquarienhandel vertreten. Zwar stieg der Anteil an gezüchteten Seepferdchen für Aquarien seit Aufnahme der Tiere in das Artenschutzabkommen CITES im Jahr 2004 stark. Doch da Seepferdchen sehr schwer zu halten sind und deren Zucht deswegen eine enorme Herausforderung ist, gelangen immer wieder Wildfänge in den Handel. Doch auch Fang und Transport überlebt ein großer Teil der Tiere nicht.

Daher sollten weder gezüchtete noch gefangene Exemplare erworben werden, wie Peta mahnt. Selbst manche Händler weisen darauf hin, dass Seepferdchen „sehr transportempfindlich“ seien, eine „lebende Ankunft“ könne deswegen nicht garantiert werden. „Der Versand erfolgt auf Risiko des Käufers“, ist zu lesen. Die schwierigen Bedingungen bei der Haltung, die hohe Todesrate und die Beliebtheit von Seepferdchen spiegeln sich auch im Preis wider: Pro Exemplar verlangen Händler meist mindestens 100 Euro. Mitunter werden für einzelne Arten bis zu 250 und mehr als 300 Euro verlangt. Die Lebenserwartung der Tiere liegt bei einem bis höchstens sechs Jahren, wobei Tiere in Gefangenschaft dieses Alter oft nicht mal annähernd erreichen. 

Darf man Seepferdchen überhaupt im privaten Aquarium halten? 

Geht es nach der Tierschutzorganisation Peta, sollten Seepferdchen gar nicht in einem Aquarium leben müssen. Dennoch ist die Haltung der sensiblen Tiere offiziell nicht verboten. Allerdings besteht eine Meldepflicht, da Seepferdchen unter Artenschutz stehen. Bestand, Nachwuchs und Tod der Tiere in Gefangenschaft müssen bei der entsprechenden Behörde der Stadt angemeldet werden, in der sie gehalten werden.

Die Tierrechtsorganisation Peta allerdings fordert ein generelles Verbot für Verkauf und Haltung von Seepferdchen, da sie in Gefangenschaft nicht artgerecht gehalten werden können und viele Tiere bereits sterben, bevor sie überhaupt ein Aquarium erreichen. Und selbst dort ist die Sterberate sehr hoch, sagt Peta, da die Tiere empfindlich auf Veränderungen von Temperatur und Mineralisierung des Wassers, Ernährungsfehler und andere Schwankungen reagieren.

Dennoch werden Seepferdchen in Zoogeschäften und von Aquarienfreunden immer wieder als besondere Hingucker und exotische Highlights angepriesen, und zahlreiche Halter erfreuen sich an den Tieren. Solange der Handel nicht verboten ist, können Seepferdchen theoretisch also gehalten werden. Jedoch geben auch Seepferdchen-Experten und Aquarianer zu bedenken, dass die Tiere keinesfalls für Anfänger geeignet sind. Erfahrung mit Meerwasseraquarien, der Bestimmung von Salzgehalt, Reinigung und den technischen Herausforderungen eines Meerwasserbeckens sollten unbedingt vorhanden sein.  

Auch interessant: Meerwasseraquarium – schönes Hobby oder Tierquälerei? 

Wie hält man Seepferdchen im Aquarium artgerecht? 

Händler und einschlägige Foren raten in der Regel zu großen Aquarien mit mindestens 100 bis 150 Liter Wassermenge, wenn ein Seepferdchenpaar gehalten werden soll. Da die Tiere als gesellig gelten, sollten sie grundsätzlich mit mindestens einem Artgenossen zusammenleben. Zudem benötigen die Tiere Strömungen und spezielle, konstante Wasserwerte, die täglich kontrolliert werden müssen. Auch Steine und Pflanzen, zwischen denen die Tiere im heimischen Gewässer oft regungslos verharren, um auf Beute zu warten, müssen im Becken vorhanden sein.

Dennoch: Kein Aquarium könne auch nur annähernd Strömungen, Gezeiten und die natürlichen Bewegungen des Meeres nachbilden, so die Tierschutzorganisation Peta auf PETBOOK-Nachfrage. Allein die Mineralisierung des Wassers und der je nach Art abgestimmte Salzgehalt seien nur schwer nachzuahmen. Die Wassertemperatur müsse zudem exakt angepasst und konstant gehalten werden. Bereits geringe Temperaturschwankungen können bei Seepferdchen lebensbedrohlich werden und zum Tod führen, teilt Peta mit. Zudem sollten Seepferdchen auch nicht mit anderen, lebhaften Fischarten gehalten werden. Denn diese fressen den bedächtigen, reglos zwischen Pflanzen auf Beute wartenden Seepferchen das Futter weg. Auch könnten und hektische Mitbewohner die Tiere stressen. Bei der Nahrungsauswahl sind Seepferdchen ebenfalls speziell. Sie bevorzugen Lebendfutter wie kleine Krebse, Larven und ähnliches, angereichert mit Mineralien und Vitaminen.  

Fazit

So hübsch Seepferdchen auch aussehen – für das heimische Aquarium sind sie ungeeignet. Selbst Seepferdchen-Händler räumen ein, dass die Tiere sehr empfindlich sind und häufig früh sterben, sofern sie überhaupt ihr „Zielaquarium“ erreichen. Zudem sind Seepferdchen sehr teuer, hinzu kommen Kosten für Aquarium plus Ausstattung und Unterhaltung, Strom und artgerechtes Lebendfutter. Daher ist eine artgerechte Haltung in Gefangenschaft kaum möglich. Wer die Tiere liebt, sollte sie also besser dort lassen, wo sie hingehören: im Ozean. 

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Quellen

Themen Fische
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