
14. Juli 2025, 16:11 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
In immer mehr Gärten, Kellerschächten und sogar technischen Anlagen in Nordrhein-Westfalen kommt es derzeit zu einem seltenen Anblick: schwarze Schlangen, die viele Menschen in Schrecken versetzen. Besonders in Städten wie Witten, Dortmund oder Essen schnellen die Sichtungszahlen nach oben.
Doch keine Panik! Auch wenn die meisten Menschen beim Anblick schwarzer Schlangen sofort an giftige Exoten wie die Schwarze Mamba denken, handelt es sich in Wahrheit um eine harmlose und streng geschützte heimische Tierart: die Ringelnatter. Genauer gesagt: eine genetisch bedingte, schwarze Farbvariante. Warum wir uns vor diesen faszinierenden Reptilien nicht fürchten müssen, sondern sie vielmehr schützen sollten.
Warum vermehrt schwarze Schlangen gesichtet werden
Die aktuell häufigeren Sichtungen schwarzer Schlangen lassen sich unter anderem mit dem Klimawandel erklären. „Wir haben inzwischen klimatische Bedingungen wie im Süden Deutschlands – und dort sind Schlangen traditionell stärker vertreten“, erklärt Martin Maschka von der Wildnisschule Ruhrgebiet in einem Artikel des Nachrichtenmagazins „Ruhr24“. Die wärmeren, feuchteren Sommer begünstigen insbesondere eierlegende Arten wie die Ringelnatter. Dadurch steigt nicht nur ihre Gesamtpopulation, sondern auch die Wahrscheinlichkeit für genetische Besonderheiten wie Melanismus.
Vor allem in Witten häufen sich die Sichtungen. Dort gehen täglich mehrere Anrufe bei Tierschützern ein, wie „Ruhr24“ berichtet. Mal stecke eine Schlange in der Dachrinne, mal sorgt sie in einer Wärmepumpe oder gar einer Ampelanlage für Aufsehen. Über 90 Prozent der gemeldeten Tiere sind dabei heimische Ringelnattern – die allermeisten völlig harmlos.
Warum sind die Schlangen schwarz?
Bei den schwarzen Tieren handelt es sich um melanistische Ringelnattern. Melanismus ist eine genetische Mutation, bei der übermäßig viel dunkler Farbstoff (Melanin) produziert wird. Das Ergebnis: eine komplett schwarze Färbung, die in der Natur zwar selten, aber immer wieder bei verschiedenen Tierarten vorkommt – von Eichhörnchen über Panther bis hin zur Ringelnatter.
Für die Schlange selbst bringt diese Färbung Vorteile mit sich: So heizt sich der schwarze Körper schneller auf, was vor allem in kühlen Gegenden eine Rolle spielt. Doch gleichzeitig werden diese Tiere von Feinden wie Greifvögeln oder auch Menschen schneller entdeckt. Die Folge: viele schwarze Ringelnattern tragen sichtbare Verletzungen oder sterben sogar durch menschliches Eingreifen – oft aus Unwissenheit oder Angst.
Sind Ringelnattern gefährlich?
Ein ganz klares: nein. Die Ringelnatter (Natrix natrix) ist völlig ungiftig und für Menschen harmlos. Wie alle Nattern gehört sie zu den Würgeschlangen, die ihre Beute durch Erdrosseln töten. Sie besitzt keine Giftzähne und flieht beim kleinsten Anzeichen von Gefahr. In der Regel bemerken wir sie erst, wenn sie sich bereits wieder zurückzieht. Selbst bei direkter Begegnung sind Bisse extrem selten – und wenn doch, völlig ungefährlich.
Ringelnattern verteidigen sich nicht aggressiv, sondern stellen sich im Notfall tot: Sie drehen sich auf den Rücken, reißen das Maul auf und lassen die Zunge heraushängen – eine beeindruckende, aber harmlose Strategie. 1
Wo leben Ringelnattern?
Die Ringelnatter ist in ganz Deutschland verbreitet – vor allem in der Nähe von Wasser. Sie liebt Feuchtgebiete, Flussauen, Teiche und Sümpfe, aber auch naturnahe Gärten mit Komposthaufen, Steinen und Laub.
Dort jagt sie Amphibien wie Frösche, Kröten und Molche. In Gärten kann sie daher helfen, die Population von Mäusen und Ratten zu regulieren. Selbst der Geruch ihrer Häutungsreste vertreibt Nagetiere zuverlässig. Wer also einer Ringelnatter im Garten begegnet, kann sich freuen – sie ist ein Nützling, kein Eindringling.2
Diese Schlangenarten gibt es in Deutschland
Neben der Ringelnatter leben in Deutschland noch sechs weitere Schlangenarten, darunter:3
- Kreuzotter (Vipera berus): die einzige heimische Giftschlange, mit Zickzackmuster und senkrechten Pupillen. Kommt in Nordrhein-Westfalen aber kaum vor, daher besteht eigentlich keine Verwechslungsgefahr
- Schlingnatter (Coronella austriaca): klein und harmlos, wird häufig mit der Kreuzotter verwechselt.
- Äskulapnatter (Elaphe longissima): größte heimische Schlange, ungiftig und selten, aber beeindruckend.
- Würfelnatter (Natrix tessellata): ungiftig, selten, lebt nur noch in Teilen von Rheinland-Pfalz und Sachsen.
- Barren-Ringelnatter (Natrix helvetica): nahe Verwandte der Ringelnatter, selten im Westen Deutschlands.
Alle Natternarten sind ungiftig. Schwarze Färbungen kommen auch bei der Kreuzotter und anderen Arten vor – was Verwechslungen begünstigt.
Wie unterscheidet sich die schwarze Ringelnatter von der Kreuzotter?
Der wichtigste Unterschied ist die Kopfzeichnung: Ringelnattern haben zwei markante, gelbe bis weißliche, halbmondförmige Flecken hinter dem Kopf. Diese fehlen der Kreuzotter. Allerdings fehlen diese auch bei der melanistischen Form manchmal, sodass dieses Erkennungsmerkmal nicht immer gegeben ist.
Ein weiterer Unterschied sind Kopfform und Augen: So besitzt die Ringelnatter runde Pupillen – die Kreuzotter hingegen senkrechte und schlitzartige. Auch die typische Zickzackzeichnung auf dem Rücken ist ein deutliches Erkennungsmerkmal der Kreuzotter, fehlt jedoch bei der einfarbig schwarzen Ringelnatter.4
Tipp zur Unterscheidung: Wer eine schwarze Schlange sieht, sollte – aus sicherer Entfernung – auf Kopfform und Bewegungsmuster achten. Ringelnattern bewegen sich eleganter und gleiten oft durchs Wasser.
Schwarze Schlange entdeckt? Das ist jetzt zu tun
1. Ruhe bewahren! Die Schlange ist mit hoher Wahrscheinlichkeit harmlos. Nicht anfassen, nicht bedrängen.
2. Abstand halten! Ein bis zwei Meter reichen vollkommen.
3. Keine Gewalt anwenden! Das Töten geschützter Arten ist strafbar – Bußgelder von bis zu 50.000 Euro drohen.
4. Dokumentieren, wenn möglich: Ein Foto kann Fachleuten helfen, die Art zu bestimmen. Einrichtungen wie die Auffangstation für Reptilien, München e.V. helfen gerne bei der Bestimmung von aufgefundenen Reptilien und Amphibien weiter.
5. Bei Unsicherheit Kontakt aufnehmen: In Nordrhein-Westfalen kann man sich z. B. an die Wildnisschule Ruhrgebiet (Tel.: 01577/2949225) wenden. Auch Auffangstationen oder Umweltämter helfen weiter.

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Fazit
Die schwarzen Schlangen, die aktuell vermehrt in Nordrhein-Westfalen auftauchen, sind keine Bedrohung – sondern ein faszinierendes Naturphänomen. Sie zeigen, wie spannend und vielfältig unsere heimische Tierwelt ist. Die pechschwarze Farbe der Ringelnatter ist kein Grund zur Panik, sondern Ausdruck genetischer Vielfalt.
Statt Angst zu haben, sollten wir lernen, diesen besonderen Tieren mit Respekt und Neugier zu begegnen. Denn: Wo Ringelnattern leben, ist die Natur noch intakt – und das ist heutzutage ein echtes Geschenk.