
26. Mai 2025, 11:35 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Es ist selten – doch wenn es passiert, ist der Schaden oft groß. Greifvögel sind für kleinere Hunde eine ernst zu nehmende Gefahr. Denn auf ihrem Speiseplan stehen auch Säuger wie Hasen oder Kaninchen. Theoretisch fallen also auch kleine Hunde ins Beuteschema. PETBOOK-Redakteurin und Biologin Saskia Schneider erklärt, welche Raubvögel eine potenzielle Gefahr darstellen und wie man sie erkennt.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie bei einer Wanderung durch den Harz plötzlich aus dem Nichts ein großer Greifvogel durch die Äste schoss und sich ein Eichhörnchen krallte. So schnell wie er da war, war er wieder weg. Ich vermute aber, dass es sich um einen Habicht gehandelt haben könnte. Unsere Hündin wog damals noch unter drei Kilogramm und wäre damit eine leichte Beute gewesen. Zum Glück hatten wir sie an der Leine und immer nah bei uns.
Wer einmal einen Hund gesehen hat, der sich aus den Krallen eines Raubvogels befreien konnte, weiß, dass die Tiere dabei schwere Verletzungen erleiden können. Habicht oder Adler haben zentimeterlange, scharfe Krallen, die tiefe Spuren in ihren Opfern hinterlassen. Viele Hundebesitzer unterschätzen jedoch die Gefahr, die von Greifvögeln ausgeht – auch wenn dies in der Regel nur kleine Hunde betrifft. Im Folgenden stelle ich Ihnen vier Greifvögel vor, die für kleine Hunde gefährlich sein können und erkläre, wie Sie sie erkennen.
Habicht (Accipiter gentilis)

Habichte sind mittelgroße Greifvögel, die 46 bis 63 Zentimeter lang werden und bis zu zwei Kilogramm wiegen. Der Habicht jagt tagsüber in kurzen, aber rasanten Verfolgungsflügen. Auf seinem Speiseplan stehen zwar überwiegend Vögel wie Tauben, Drosseln und Rabenvögel, aber auch kleinere Säugetiere wie Eichhörnchen oder Kaninchen werden erbeutet.1 Daher ist er potenziell auch für kleine Hunde gefährlich.
Der Habicht jagt vorrangig aus der Deckung heraus und bevorzugt als Lebensraum strukturreiche Wälder und daran angrenzende Wiesen und Felder. Es ist also kein Vogel, den man schon von Weitem kreisend am Himmel erkennen kann.
So erkennen Sie den Habicht:
- Gefieder auf der Oberseite schiefergrau bis blaugrau
- Unterseite „gesperbert“ (hell, mit zahlreichen schmalen grauen Querbändern)
- Flügel kurz und abgerundet
- Schwanz („Stoß“) sehr lang
- gelbe Beine
Der Habicht kann leicht mit dem – für kleine Hunde ungefährlichen – Sperber verwechselt werden. Kopf und Körper sind jedoch größer und kräftiger, ebenso wie die Beine. Zudem ist das Gefieder des Sperbers eher braun.
Steinadler (Aquila chrysaetos)

Der Steinadler ist ein relativ großer Greifvogel. Weibchen können eine Körperlänge von 90 bis 100 Zentimeter erreichen und über sechs Kilogramm wiegen. Die Nahrung des Steinadlers besteht hauptsächlich aus mittelgroßen Säugetieren, anderen Vögeln oder auch Aas. Dabei jagt der Steinadler neben Murmeltieren auch Hasen, Kaninchen und sogar Steinböcke und Rehkitze.2 Das Gewicht der Beute kann das eigene Körpergewicht des Jägers übersteigen. Somit ist der Greifvogel eine echte Gefahr für kleine Hunde.
Steinadler bevorzugen offene und halboffene Landschaften. Allerdings kommen die Vögel in Deutschland nur in den Bayerischen Alpen vor. Wer hier allerdings Wanderurlaub mit Hund plant, sollte wachsam sein und den Hund sich nicht zu weit entfernen lassen.
So erkennen Sie den Steinadler:
- Grundfärbung dunkelbraun mit helleren Flecken auf den Flügeln
- Nacken braun bis goldgelb
- Flügel adlertypisch gefingert
- Schwanz lang, gerade abgeschnitten, mit dunkler Endbinde
Seeadler (Haliaeetus albicilla)

Einer der größten Greifvögel Mitteleuropas sind die Seeadler. Sie erreichen eine Körperlänge von 74 bis 92 Zentimetern. Die Hauptnahrung der Seeadler besteht größtenteils aus Fischen und Wasservögeln. Nur selten werden auch Säugetiere wie Hasen gejagt, weshalb die Greifvögel kleinen Hunden zwar potenziell gefährlich werden können, sich aber wahrscheinlich eher für Fische, Enten oder Kormorane interessieren.3
Seeadler sind an große Gewässer wie Küsten, Seen und Flüsse gebunden. In Deutschland findet man die Vögel vor allem in der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern sowie in der Oberlausitz Sachsens.
So erkennen Sie den Seeadler:
- im Flug kreisend
- Flügel brettartig
- Schwanz recht kurz, stumpf keilförmig
- sichtbarer Teil der Schwanzfedern schneeweiß
- Schnabel und Iris leuchtend gelb
- Gefieder braun, Kopf, Hals und oberer Brustbereich deutlich hell abgesetzt
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Uhu (Bubo bubo)

Der Uhu gehört zu den größten Eulenarten der Welt. Die Vögel können eine Länge von 59 bis 73 cm erreichen und im Schnitt 2,5 Kilogramm wiegen. Die nachtaktiven Jäger erbeuten neben Insekten, Fröschen, Fischen und Vögel auch Säugetiere bis etwa Fuchsgröße.4 Damit stellen die Greifvögel auch für kleine Hunde eine ernste Gefahr dar – in der Regel aber erst nach Einbruch der Dunkelheit. Nur in Hungerperioden jagen Uhus auch tagsüber gelegentlich.
Der Uhu bevorzugt abwechslungsreich strukturierte Landschaften. In Städten findet man die Vögel eher selten. Sie nisten gern in Felswänden, aber auch von Menschen geschaffenen Steinbrüchen. Diese Bedingungen findet der Uhu in Deutschland vor allem in den Mittelgebirgen und am Alpenrand vor, wo er häufig vertreten ist.
So erkennen Sie den Uhu:
- Körper massig, mit dickem Kopf
- auffällige Federohren
- Augen große, orange-gelb
- Gefieder braun mit dunkler Längs- und Querzeichnung
- im Flug mit langen, breiten und abgerundete Flügel
Was ist mit Rotmilan, Wanderfalke und Co.?
In Deutschland gibt es noch viele weitere Greifvögel. Darunter etwa Rot- oder Schwarzmilan (im Flug gut durch ihren gegabelten Schwanz zu erkennen), Wanderfalke, Turmfalke, Mäusebussard oder die Rohrweihe. 5
Zwar fressen einige dieser Arten auch mal Hasen, aber in der Regel nur, wenn diese Opfer von Mähmaschinen wurden. Für Hunde stellen Greifvögel wie Milan, Bussard oder Falke in Deutschland keine Gefahr dar. Meist beschränkt sich ihr Beutespektrum auf kleine Nager wie Mäuse, Ratten oder auch Vögel.
Welche Hunderassen sind durch Greifvögel besonders gefährdet?
Geht man davon aus, dass Greifvögel, die auch mal Kaninchen oder Hasen schlagen, auch kleine Hunde nicht verschmähen, sind vor allem Tiere mit einem Gewicht bis vier Kilogramm gefährdet. Das betrifft Rassen wie Chihuahua, Zwergspitz, Yorkshire Terrier, Pekinesen oder auch Malteser. Aber auch Welpen größerer Rassen können Greifvögel gefährlich werden. Vor allem, weil diese in der Regel weniger wehrhaft sind als etwa ein ausgewachsener Pinscher.
Im Januar 2025 gab es jedoch einen Fall in den Waadtländer Alpen, in dem ein Steinadler einen sieben Kilogramm schweren Mischling schnappte und zwei Meter in die Luft hob, bevor er ihn wieder fallen ließ, wie damals das Schweizer Online-Lifestyle-Magazin „20 Minuten“ berichtete. Die Hündin war damals unangeleint bei einem Spaziergang und überlebte den Vorfall wahrscheinlich dank ihrer Besitzer, die dem Vogel nachstellten und ihn anschrien.

Wie ich erlebte, dass ein Greifvogel einen kleinen Hund mitnahm
Ich habe es persönlich bereits einmal erlebt, dass ein Greifvogel (vermutlich ein Habicht) einen kleinen Chihuahua-Pinscher-Mix mitnahm. Ich war mit einer Freundin außerhalb Berlins unterwegs. Wir waren auf einer längeren Wanderung zu einer Koppel, wo sie ein Pferd und ein Pony stehen hatte. Wir hatten aber auch einen Jack Russell und den Chihuahua-Mix ihrer Schwester dabei. Eine Leine hatte sie uns jedoch nicht mitgegeben.
Es kam, was kommen musste. Bereits wenige hundert Meter hinter der Landstraße begann ein Feldweg und der kleine Hund stromerte frei über den Acker. Er reagierte nicht auf den Rückruf, als wir sahen, dass ein Vogel über ihm kreiste. Plötzlich hörte man nur ein aufgeregtes Quietschen und der kleine, dunkle Hund hing unter dem Vogel und wand sich. Dabei kam ihm wahrscheinlich sein Pinscher-Wesen und eine gehörige Portion Glück zugute, denn er konnte sich nach nur wenigen Höhenmetern im Freiflug wieder aus dem Griff des Vogels befreien. Den Rest des Ausflugs lief er jedoch im Fuß – und das freiwillig.

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So schützen Sie Ihren Hund
Greifvögel sind in der Regel sehr scheu und greifen selten Tiere an, wenn der Mensch in der Nähe ist. Das beste, um den Hund vor Steinadler oder Habicht zu schützen, ist, ihn in der Nähe zu halten. Eine Leine ist in vielen Naturschutzgebieten und Wäldern ohnehin Pflicht. Aber auch bei Spaziergängen auf Wiesen und Feldern, sollte man kleine Hunde oder Welpen nicht einfach unbeaufsichtigt durch die Landschaft springen lassen und immer den Himmel im Blick behalten.