
14. Mai 2025, 12:47 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
PETBOOK-Redakteurin Louisa Stoeffler findet: Die Geschichte der ersten Hündin im All ist kein Stoff für eine Pop-Hymne – sondern ein Mahnmal für Tierleid im Namen des Fortschritts.
Haben Sie sich in der Schule auch mit dem „Wettlauf ins All“ während des Kalten Kriegs beschäftigt? Ich könnte noch heute im Schlaf die Meilensteine aufsagen: Erster Mensch im All – Yuri Gagarin. Erste Frau im All – Walentina Tereshkova. Der erste Mensch auf dem Mond – Neil Armstrong. Doch wer war vor allen Menschen im All? Laika, die Hündin, im Jahr 1957.
Leider führte die Hündin nach ihrer Mission alles andere als ein langes, glückliches Leben. Laikas Geschichte ist so tragisch, dass es weh tut, sie zu erzählen. Und sie ist schon gar kein Stoff für eine Pop-Hymne!
Laikas Geschichte keine Raumfahrt-Romantik – oder ESC-Pop
Laika war für mich als Kind eine tierische Heldin, die nur knapp hinter Lassie kam. Ihr Name bedeutet auf Russisch so viel wie: „Kläffer“ – was ich in der Schule allerdings nicht mehr lernen musste, da die DDR kurz nach meiner Geburt aufgelöst wurde. Als Kind wurde mir entsprechend auch nicht erzählt, wie es dazu kam, dass ein Hund einen Flug im Orbit der Erde unternahm.
Das konnte man auch noch gar nicht wissen, denn bis zum Jahr 2002 hieß es, Laika sollte mehrere Tage in ihrer Weltraumkapsel gelebt haben. Doch dann wurde durch den russischen Wissenschaftler Dimitrij Malaschenkow bei einer Konferenz in den USA endlich enthüllt, wie Laika gelitten hatte. Ja, sie sollte von Anfang an nie von ihrem Flug wieder zurückkehren, denn „Sputnik 2“ verfügte nicht einmal über die nötige Technik, Laika landen zu lassen. 1
Umso verstörender finde ich, was in diesem Jahr beim Eurovision Song Contest passiert: Die norwegische Sängerin Emmy tritt für Irland mit dem Song „Laika Party“ an – einer fröhlich verpackten Popnummer über ein Lebewesen, das praktisch geopfert wurde.
„Sie hatte keine Angst“, „Sie liebt es zu fliegen“, „Laika Party in the Sky“ – so die Lyrics. Keine Rede vom Leid. Kein Wort über ihren qualvollen Tod. Ein Partylied über ein Tier, das einsam, gestresst und hilflos im All verendet ist.
Straßenhündin Laika sollte vergiftet werden
Denn auch von Laikas Ende in der Weltraumkapsel weiß man heute: Die dreijährige Straßenhündin wurde 1957 auf den Straßen Moskaus aufgelesen und in ein wissenschaftliches Forschungsprojekt gesteckt. Warum eine Straßenhündin? Weil Rassehunde den sowjetischen Wissenschaftlern zu zerbrechlich waren. Warum eine Hündin mit dunklen Abzeichen im Gesicht? Weil man sie gut im Schwarz-Weiß-Fernsehen sehen würde.
All dies zeigt die Doku „Space Dogs“, die 2019 weitere Fakten über Laikas Schicksal enthüllte. Demnach hat Laika 2570-mal die Erde umkreist – allerdings bereits längst tot. Ein implantierter Atemsensor auf den Rippen und ein Pulssensor auf der Halsschlagader belegen Laikas grausames Schicksal. Ihre Herzrate war dreimal so hoch wie sie hätte sein sollen und das Tier atmete auch noch viermal so schnell. In einer Rakete, in der sie ungefähr so viel Platz und Sicht hatte wie in einer Waschmaschine.
Malaschenkow enthüllte im Jahr 2002, dass Laika bereits fünf bis sieben Stunden nach dem Start verstarb. Denn an der Weltraumsonde Sputnik 2 fiel das Telemetriesystem aus. Außerdem stieg die Temperatur im Inneren auf über 40 Grad. Allerdings war eine Rückkehr zur Erde für Laika von Beginn an nicht vorgesehen. Stattdessen plante man ursprünglich, ihr nach ein paar Tagen im Orbit vergiftetes Futter zu verabreichen, um ihr einen qualvollen Tod beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu ersparen. Dies sollte sie jedoch nie zu sich nehmen. Sie wurde geopfert, um die Technik zu testen – ethische Maßstäbe für Tierversuche existierten damals nicht. 2
Laikas Leid begann schon auf der Erde
Anlässlich des „Laika Party“-Songs, hat auch die Partei Mensch Umwelt Tierschutz (auch als Tierschutzpartei bekannt) mit einem Post darauf aufmerksam gemacht, dass peppige Hymnen über eine Feier für Laika nicht der Realität entsprechen.
Um sie auf den Raumflug vorzubereiten, sei sie wochenlang extremen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt gewesen, schreibt die Tierschutzpartei. „Sie wurde in winzige Käfige gesperrt, um sie an die Enge der Raumkapsel zu gewöhnen. In Zentrifugen sollte sie sich an die enormen Beschleunigungskräfte während des Raketenstarts gewöhnen.“
Auch habe Laika ein verkabeltes Korsett dauerhaft tragen müssen, dass der Überwachung von Herzschlag, Atmung und anderen Vitalfunktionen diente. „Ihre Nahrung bestand aus einer speziell entwickelten Gel-Mahlzeit, die auch im All verabreicht werden sollte.“
Daher sei Laikas Geschichte kein Heldinnenepos, schreibt die Tierschutzpartei weiter. „Sie ist eine Mahnung. Eine Erinnerung daran, dass wissenschaftlicher Fortschritt niemals um jeden Preis geschehen darf – schon gar nicht auf Kosten fühlender Lebewesen. Umso erschreckender ist es, dass nun nach 68 Jahren Laikas Schicksal Anreiz für ein Partylied für den Eurovision Songcontest ist.“

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Ein Lied wie ein Schlag ins Gesicht
Anstatt einer Straßenhündin zu einem schönen Leben zu verhelfen, wurde Laika also 1957 nur eingefangen, um – für einen gewissen Zeitraum – ein wissenschaftliches Experiment zu überleben. Ich bin nicht gegen Kunst. Nicht gegen Ironie. Und nicht gegen künstlerische Freiheit. Aber sie hat Grenzen – da, wo sie Verbrechen verniedlicht. Wo sie systematisches Tierleid verharmlost. Und das ist genau das, was „Laika Party“ meines Erachtens tut.
Der Song ist laut, bunt, euphorisch – aber er blendet das aus, was Laikas Geschichte eigentlich bedeutet: Dass Fortschritt ohne Ethik grausam ist. Dass Tiere fühlende Wesen sind, keine Messinstrumente. Und dass es nicht die Aufgabe eines Musikstücks ist, die Realität zu verdrängen, sondern sie im besten Fall sichtbar zu machen. Stattdessen hören wir: „Sie liebt es zu fliegen.“ Nein, sie hat es nicht geliebt! Sie hatte keine Wahl. Laika war kein freiwilliger Astronaut – sie war ein Opfer.
Bei mir bleibt mehr als der bittere Beigeschmack, lange nicht gewusst zu haben, dass Laika keine Heldin war, sondern ein verängstigtes Tier, das Besseres verdient hätte. Auch das Lied hinterlässt einen Nachgeschmack, weil es sich ihrer Geschichte bedient, ohne sie zu würdigen. Ein Lied, das Millionen von Menschen zum Tanzen bringt – wieder auf dem Rücken eines gequälten Lebewesens – so lang das Unrecht, das Laika angetan wurde, auch zurückliegt.
Ausgerechnet auf der großen Bühne des ESC, auf der sonst Diversität, Frieden und Gerechtigkeit gefeiert werden, wird dieses Lied unkritisch präsentiert. Keine Kontextualisierung, keine Auseinandersetzung. Nur Partystimmung.