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Grausame Fangmethoden

Illegale Vogeljagd auf Zypern! Hunderttausende Zugvögel in Gefahr

Zugvögel über der Insel Zypern
Jedes Jahr nutzen hunderttausende Zugvögel die Insel Zypern als Zwischenstopp. Foto: Getty Images
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14. Juli 2025, 13:54 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Der illegalen Vogeljagd auf Zypern fallen jedes Jahr Hunderttausende Zugvögel zum Opfer. PETBOOK hat nachgefragt, warum das trotz EU-Verbot immer noch möglich ist, wer von dem blutigen Geschäft profitiert – und wie Tierschützer dagegen ankämpfen.

Zypern – ein Hotspot der Artenvielfalt

In der östlichen Ecke des Mittelmeers gelegen, zieht Zypern Millionen von Zugvögeln an. Sie befinden sich entweder im Frühjahr auf dem Weg nach Europa oder legen im Herbst auf dem Weg nach Afrika eine Pause ein, um sich auf der Insel auszuruhen. Ohne diese Zwischenstation könnten viele Tiere ihr Ziel nicht erreichen. „Die Strecken, die Vögel auf ihrer Reise ins Winterquartier zurücklegen, sind beeindruckend. Wir reden hier von Tausenden von Kilometern“, sagt Martin Hellicar, wissenschaftlicher Leiter von BirdLife Zypern in einem YouTube-Video. Die Naturschutzorganisation wurde 2003 gegründet. Sie hat sich dem Schutz wildlebender Vögel, ihrer Lebensräume und der Erhaltung der Artenvielfalt Zyperns verschrieben. Die Reise der Vögel könne laut Hellicar je nach Kondition, Ernährung und Wetterbedingungen ein bis zwei Monate dauern – zweimal jährlich.

Von den 407 Arten, die bis heute auf der Mittelmeerinsel Zypern erfasst wurden, leben nur 54 dauerhaft in Zypern. Darunter der Zypern-Steinschmätzer, die Schuppengrasmücke und einige Unterarten, die vor allem im Troodos-Gebirge vorkommen. Der Rest sind Zugvögel wie Mönchsgrasmücke, Wiedehopf oder Rotkehlchen.

Warum Zugvögel so wichtig sind

Im Ökosystem spielen Zugvögel eine wichtige Rolle für die globale Biodiversität. Sie …

  • verzehren Schädlinge und reduzieren so den Pestizideinsatz,
  • verbreiten die Samen von Pflanzen und fördern so Reproduktion und genetische Vielfalt und
  • gestalten aktiv Lebensräume, was ebenfalls zur Förderung der Biodiversität beiträgt.

Janice Pahl, Referentin Natur- und Umweltinformation beim NABU, erläutert auf PETBOOK-Nachfrage: „Durch ihre Reisen und den dadurch stattfindenden Austausch zwischen verschiedenen Regionen und Habitaten unterstützen Zugvögel die Erhaltung von Ökosystemleistungen und tragen zur Widerstandsfähigkeit und Stabilität von Ökosystemen bei“.

Auch interessant: Diese Zugvögel fliegen am weitesten

Vogeljagd auf Zypern – brutal, verboten, profitabel

Doch diese Stabilität ist in Gefahr. Denn auf Zypern wurden laut Schätzungen von BirdLife Cyprus allein im Herbst 2024 mehr als 620.000 Vögel getötet. Und das, obwohl laut dem Protection and Development Game and Wild Birds Act of 1974 (No. 39/1974) der Fang von Singvögeln in Zypern bereits seit 1974 verboten ist.1 2

Das Verbot umfasst auch den Einsatz von Fangnetzen und elektronischen Lockgeräten. Diese werden genutzt, um die Tiere in feinmaschige Nylonnetze zu treiben, die zwischen Akazienbäume gespannt werden. Auch der Einsatz von sogenannten „Leimruten“ – dick mit Leim bestrichene Zweige, auf denen Vögel landen, kleben bleiben und nach stundenlangem Kampf qualvoll verenden – ist gesetzlich untersagt.

Trotzdem ist der Handel mit den Vögeln weit verbreitet. Wie die britische Tageszeitung „The Guardian“ zypriotische Behörden zitiert, belief sich der Umsatz aus dem illegalen Singvogelfang 2015 auf etwa 15 Millionen Euro jährlich.

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Mnchsgrasmücken gelten auf Zypern als Delikatesse

Die Tiere finden über den Schwarzmarkt den Weg in lokale Tavernen. Hier werden sie gegrillt, gebraten, eingelegt oder gekocht zu hohen Preisen unter dem Namen Ambelopoulia serviert. Ambelopoulia (αμπελοπούλια) ist griechisch und bedeutet übersetzt „Vögel der Weinberge“. Auf den Tellern landen meistens kleine Zugvögel wie Mönchsgrasmücken, Drosselrohrsänger und Klappergrasmücken. Doch weil die Fangmethoden wahllos sind, sterben nicht nur die für das Gericht bestimmten Arten.

„Besonders gefragt auf Zypern sind die Mönchsgrasmücken, da diese als Delikatesse gelten. Verspeist werden allerdings auch andere Arten, vor allem kleinere Singvögel“, erklärt NABU-Expertin Janice Pahl. „Darunter vorrangig noch häufig vorkommende Arten, die oft in ihren Gesamtbeständen abnehmend sind, ebenso wie in Deutschland bereits in ihrem Bestand gefährdete Arten wie die Turteltaube oder der Ziegenmelker.“

Einsatz von Fangnetzen hat um 76 Prozent zugenommen

Laut BirdLife Cyprus hat 2024 der Einsatz von Fangnetzen gegenüber dem Vorjahr um 76 Prozent zugenommen. Dieser Anstieg geht vermutlich auf eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2017 zurück. Damals reduzierte Zypern die Bußgelder für den Einsatz von Fangnetzen von ehemals 2.000 Euro auf 200 Euro – ein Schritt, den Tierschutzorganisationen scharf kritisierten. Hinzu kommen personelle Engpässe bei den zuständigen Behörden, mangelnde Abstimmung zwischen Polizei und Wildtierbehörden sowie politische Einflussnahme auf die Strafverfolgung. All das erschwert die wirksame Umsetzung des Vogelschutzes erheblich.

In der Vergangenheit rügte die EU-Kommission Zypern bereits wegen mangelnder Umsetzung der europäischen Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EG) gerügt. Diese Richtlinie verpflichtet alle Mitgliedstaaten zum Schutz wildlebender Vogelarten.

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Was gegen die Vogeljagd auf Zypern unternommen wird

Die Zahlen zeigen: Die Herausforderung bleibt gewaltig. Denn solange Fangmethoden wie Netze, Leimruten und Klangfallen weiter ungehindert genutzt werden, ist das Leben der Zugvögel auf Zypern weiterhin akut bedroht. Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Umweltorganisationen wie NABU setzen sich aktiv für den Schutz der Tiere ein. „In den letzten Jahren wurde eine Fläche in einer besonders für den illegalen Vogelfang bekannten Region erworben und damit für den Vogelschutz langfristig gesichert“, sagt Janice Pahl. Auf dem Gelände wurden Bäume und Kleingewässer geschaffen – ein sicherer Ort für rastende Vögel.

Zudem engagieren sich die Organisationen in der Bildung: „Durch unsere umweltpädagogischen Angebote an Schulen erreichen wir darüber hinaus mittlerweile über 1000 Schulkinder im Jahr.“ Seit 2002 dokumentieren die Tierschützer außerdem, wie sich die Fangmethoden entwickeln und wo Verstöße gegen Gesetze auftreten – mit dem Ziel, politischen Druck aufzubauen und langfristig Veränderungen zu erzielen.

Quellen

  1. fao.org, „Protection and Development Game and Wild Birds Act of 1974 (No. 39/1974)“ (aufgerufen am 14.07.2025) ↩︎
  2. birdlifecyprus.org, „Law enforcement failure leads to surge in bird trapping“ ( ↩︎

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