
22. Mai 2025, 6:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
PETBOOK-Autorin Manuela Lieflaender ist kurz davor, ein Pferd zu kaufen. Das bedeutet jedoch auch, mit der neuen Stute in eine Stallgemeinschaft zu gehen. Dort gibt man ihr gleich ungefragt allerlei Ratschläge zum geplanten Kauf. Ob sie und Pferd Heidi nach Probeterminen, (Selbst)Zweifeln und Reitbeteiligungs-Dramen schließlich doch noch ein neues Gespann bilden werden?
„Du wirst nie wieder Zeit und nie wieder Geld haben. Darüber musst du dir im Klaren sein“, sagt meine Freundin Alexa, während sie ihr Pferd putzt. Ich bin eigentlich gekommen, um die Stallbetreiberin nach einer Box für mein potenziell zukünftiges Pferd Heidi zu fragen. Vier Wochen auf Probe mit dem neuen Pferd in einer Stallgemeinschaft – das war der Plan. Doch Alexas Worte wirken nach: „Ich habe unseren Besuch bei Heidi gestern noch mal Revue passieren lassen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du innerlich fünf Schritte zurück gemacht hast.“ Sie trifft einen wunden Punkt. Ein Teil in mir sagt: Lass es sein. Ein anderer schreit: jetzt oder nie. Es ist, als würde mein Kopf Schach gegen mein Herz spielen – und ich verliere in beiden Rollen.
Reibung statt Rückhalt
Ich begleite Alexa, ihren Mann und ihre Tochter zum Reitplatz. Alexa longiert. Wir stehen neben dem Reitplatz und schauen zu. „Das Pferd und du, ihr müsst ein Dreieck bilden“, erklärt sie mir. Ich spüre, wie die Anspannung in mir aufsteigt. „Du hältst mich wirklich für doof, oder?“ platzt es aus mir heraus. Sie ist entsetzt: „Ist es das, was du denkst? Dass ich dich für unfähig halte?“ Ja. Genau das denke ich in diesem Moment. Ich bin gereizt. Schon neulich wollte sie mir erklären, wie man ein Pferd putzt. Vor Heidis Besitzerin. Heute bin ich nicht aufnahmefähig – ich bin auf Krawall gebürstet.
Dann mischt sich ein älterer Mann ein, dessen Pferd ebenfalls an diesem Stall steht. „Warum muss das Pferd im Kreis laufen?“, fragt er. Innerlich rolle ich mit den Augen. Was soll diese Frage? Noch ehe ich antworten kann, fängt er an, ungefragt Ratschläge zu geben. Jetzt ist Alexa diejenige, die belehrt wird. Sie bleibt freundlich.
Später, als meine Freundin ihr Pferd zum ersten Mal verladen möchte, taucht wieder jemand auf, der ungefragt Tipps verteilt. Und ich merke: Ich weiß nicht, ob ich dieses „Ich sage dir mal, wie’s besser geht“ wirklich jeden Tag ertragen kann. Beim Hund ist das anders: Wenn du keine Lust auf andere Menschen hast, gehst du dort Gassi, wo niemand ist. Beim Pferd ist das nicht möglich, da hast du eine Stallgemeinschaft, vor der es fast kein Entkommen gibt.
Ein Schritt vor, zwei zurück
Ich frage an diesem Tag nicht nach der Box. Stattdessen kehre ich verunsichert nach Hause zurück. Volker schüttelt den Kopf: „Ich verstehe nicht, warum du es nicht vier Wochen lang ausprobierst. Dann weißt du doch, wie es ist.“ Er hat ja recht.
Am nächsten Morgen nehme ich all meinen Mut zusammen, rufe bei der Stallbetreiberin an – und sichere Pferd Heidi eine Box in der Stallgemeinschaft. Ich will abends vorbeikommen, um die Details zu klären: Wie läuft die Weidehaltung? Gibt es eine passende Herde?
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Der letzte Wendepunkt
Alexa ist ebenfalls im Stall. Sie wirkt überrascht, mich zu sehen. Wortkarg geht sie mit ihrer Tochter und ihrem Pferd an mir vorbei. Ich weiß nicht, ob wir uns gerade verlieren und ob unser „Gemeinschaftsprojekt Pferd“ schon gescheitert ist, bevor es begonnen hat.
Dann spricht die Stallbetreiberin: Heidi wird anfangs alleine auf einem Winterpaddock stehen, neben anderen Pferden. Ich spreche mit Heidis Besitzerin. Sie ist davon nicht begeistert. Aber die Stallbetreiberin bleibt bei ihrer Haltung. Solange ich das Pferd auf Probe habe, möchte sie keine Risiken eingehen.
Am nächsten Tag kommt der Showdown: Heidis Besitzerin ruft an. Sie erklärt mir, dass sie die junge Stute jetzt doch erst einmal behalten will. Ihre Tochter habe Gefallen an dem Pferd gefunden. Wir telefonieren noch eine ganze Weile wie gute Bekannte. Als wir aufgelegt haben, muss ich mich erst mal setzen: Eine Woche Achterbahnfahrt der Gefühle sind vorbei.
Vielleicht war das alles ein Test. Oder einfach nicht der richtige Moment. Ich weiß es nicht. Aber ich weiß: Ich bin auf dem Weg. Und manchmal ist auch ein „Nein“ ein Schritt nach vorn.
Manuela Lieflaender teilt ihre Erfahrungen und Tipps rund zum Wiedereinstieg für Reiter auf ihrer Homepage.