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Studie belegt

Warum Orcas die größten „Muttersöhnchen“ im Tierreich sind 

Männlicher Orca blickt aus dem Wasser in einem Fjordgebiet in Norwegen
Männliche Orcas verlassen mit der Geschlechtsreife ihre Familiengruppen. Zu ihren Müttern halten sie jedoch danach noch lebenslang Kontakt, wie Forscher herausfanden. Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

10.02.2023, 17:14 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Orca-Mütter kümmern sich intensiv um ihren männlichen Nachwuchs – selbst wenn dieser schon erwachsen ist. Die Männchen suchen dafür aktiv Kontakt zu ihren Müttern auf. Dieses Bemuttern der Söhne scheint für die Schwertwal-Weibchen sehr zehrend zu sein, denn mit jedem Sohn verringert sich ihre Chance weiteren Nachwuchs zu bekommen, wie eine neue Studie belegt.

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Schwertwale, oder Orcas, sind sehr gesellige Tiere und leben in Gruppen zusammen, die man auch als Schulen oder Pods bezeichnet. Dabei handelt es sich in der Regel um Tiere einer Familie, die von einer Leitkuh, dem ältesten Weibchen, angeführt werden. Während Weibchen in der Regel nach dem Erwachsenwerden in der Gruppe verbleiben, verlassen Männchen die Familienbande häufiger, um den Genpool auszuweiten. Forscher fanden nun heraus, dass das nur die halbe Wahrheit ist: Ihren Ergebnissen zufolge beanspruchen die Söhne ihre Orca-Mütter zeitlebens und kosten sie damit sogar die Chance auf weiteren Nachwuchs.

Ein Leben für den Nachwuchs

Orcas sind Familientiere. Zwischen ihrem zwölften und vierzigsten Lebensjahr gebären weibliche Schwertwale in der Regel fünf bis sechs Kälber. Etwa ein Jahr lang säugen Orca-Mütter ihren Nachwuchs. Die Bindung zwischen Kalb und Mutter ist sehr eng. So bringen sie dem Nachwuchs nicht nur bei wie man jagt, die Mütter teilen auch ihre Beute mit ihnen.

Im Alter von acht Jahren werden die Weibchen geschlechtsreif. Die Männchen brauchen mit etwa 13 Jahren etwas länger. Dann verlassen die meisten von ihnen die Gruppe, um Partnerinnen in anderen Familienbanden zu finden. So ist gesichert, dass es nicht innerhalb der Gruppen zu Inzest kommt und sich der Genpool der Orcas erweitert.

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Orca-Männchen sind wahre „Muttersöhnchen“

Doch das ist nur die halbe Wahrheit, wie das Forscherteam um Michael Weiss von der britischen University of Exeter nun herausfand. Denn auch nachdem die Söhne schon längst aus dem Elternhaus ausgezogen sind, um ihr Liebesglück woanders suchen, bedeutet dies anscheinend nicht, dass ihre Mütter damit von der Fürsorgepflicht entbunden sind. So legen die Ergebnisse einer Studie im Fachblatt „Current Biology“ nahe, dass männliche Schwertwale ein Leben lang die Verbindung zu ihren Müttern halten und diese auch zeitlebens beanspruchen, was sie zu wahren „Muttersöhnchen“ macht. Dafür werteten die Forscher die Daten von 40 Orca-Weibchen der sogenannten Southern-Resident-Population im nordöstlichen Pazifik aus.

Zwar ist es im Tierreich nichts Ungewöhnliches, dass Tiere, die in großen Familienverbänden leben, lebenslang Kontakt zu ihren Elterntieren halten, bei den Orcas fanden die Wissenschaftler jedoch eine Besonderheit: Während bei anderen Säugetieren nimmt die Belastung der Muttertiere mit dem Alter des Nachwuchses weiter abnimmt, ist dies bei den Orcas nicht der Fall – zumindest nicht, wenn es sich bei dem Nachwuchs um Söhne handelt. So fanden die Forscher heraus, dass Orca-Mütter mit jedem männlichen Nachwuchs nur noch eine halb so große Chance haben, noch einmal Kinder zu bekommen – daran ändert sich auch nichts, wenn die männlichen Tiere bereits erwachsen sind. Aber woran liegt das?

Für weibliche Orcas ist es anstrengend, Söhne großzuziehen

Ein Erklärungsansatz der Forscher ist, dass männliche Orcas grundsätzlich einen höheren Energiebedarf haben als ihre weiblichen Geschwister. Das liegt vor allem daran, dass sie größer sind. Hat eine Orca-Mutter einen Sohn, muss sie daher mehr von ihrer Beute abgeben, als es bei einer Tochter der Fall gewesen wäre. Dabei bleibt wahrscheinlich nicht genügend für sie selbst übrig, um ausreichend Energie für die eigene Fortpflanzung zu haben.

Dieser negative Effekt sei, laut der Studie, auch mit zunehmendem Alter der Söhne noch vorhanden. Was genau die Orca-Weibchen beim Bemuttern ihrer bereits erwachsenen Söhne so viel Energie kostet, geht jedoch aus der Untersuchung leider nicht hervor. Die Auswertung der Kontakte erfolgte in der Studie hauptsächlich über auch Fotoaufnahmen, die Orca-Mütter mit ihren Söhnen zeigen. Aber was es auch ist, scheint Orca-Mütter die Chance auf weitere Kinder zu kosten. Nach den Ergebnissen der Studie beanspruchen Orca-Söhne ihre Mütter zeitlebens so extrem, dass die Wahrscheinlichkeit, weiteren Nachwuchs zu bekommen, mit jedem geborenen männlichen Schwertwal jährlich etwa halbiert.

Warum tun sich die Orca-Mütter das an?

Diese Frage konnten die Wissenschaftler in ihrer Studie nicht schlussendlich beantworten. Sie stellen aber folgende Vermutung auf: Weil Orca-Töchter sich meist innerhalb der Gruppe ihrer Mutter fortpflanzen, macht sie das zu bei der Partnersuche zu direkten Konkurrentinnen ihrer Mütter. Damit würden diese mit ihrer mütterlichen Fürsorge zugleich ihre eigenen Rivalinnen großzuziehen. Daher bevorzugen Orca-Mütter ihre Söhne, denn diese suchen zur Paarung eine neue Gruppe auf.

Pflanzen sich die Männchen dabei erfolgreich fort, geben sie so auch das Genmaterial ihrer Mutter weiter. Für Orca-Mütter lohnt sich also, sich zu verausgaben, damit es ihren Söhnen besonders gut geht, denn damit steigt die Chance des männlichen Nachwuchses, besonders alt zu werden und sich damit häufig in anderen Gruppen zu paaren.

Werden die „Muttersöhnchen“ den Orcas nun zum Verhängnis?

Die große Fürsorge der Orca-Mütter für ihre Söhne könnte den Tieren jedoch zum Verhängnis werden. Der Bestand der Population der Southern Residents gilt mit nur 73 verbleibenden Tieren im untersuchten Gebiet als stark bedroht. Ob dies jedoch nur an der verringerten Chance der Schwertwal-Weibchen, Nachwuchs zu bekommen, liegt, ist nicht belegt.

Mindestens ebenso relevant ist, dass die Lachs-Bestände, von denen sich die Orcas der Southern-Resident-Population im nordöstlichen Pazifik ernähren, ebenfalls stark gefährdet sind. Selbst wenn die Orca-Weibchen also aufhören sollten, ihre Söhne zu bemuttern, würde dies an der Gesamtsituation wahrscheinlich wenig ändern.

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Quellen

Themen: #fellby Meerestiere Wale
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