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Nach Protest von Tierschützern

Berliner Staatsoper verzichtet ab 2023 auf Kaninchen in Vorstellungen

Eine Aufführung der Berliner Staatsoper mit Kaninchen in Käfigen
Bei einer Generalprobe der Aufführung der Oper „Die Walküre“ von Richard Wagner krachen Robert Watson (l.) als Siegmund und Vida Miknevičiūtė als Sieglinde auf der Bühne gegen Käfige mit Kaninchen Foto: picture alliance/dpa | Christophe Gateau
Louisa Stoeffler
Redakteurin

28.10.2022, 12:58 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

In der Berliner Staatsoper kommen in dieser Spielzeit Kaninchen auf die Bühne. Tierschützer kritisieren den Einsatz der Tiere und haben Erfolge erzielt, obwohl ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht abgewiesen wurde.

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Die Berliner Staatsoper führt in der Spielzeit 2022/23 eine moderne Inszenierung von Richard Wagners „Ring“-Tetralogie auf. Teile der Aufführungen spielen in einem Labor für Tierversuche. Das Kontroverse daran: Bei den Aufführungen von „Walküre“ und „Rheingold“ sind lebende Tiere auf der Bühne. Tierschützer haben schon vor der Premiere gegen den Einsatz von Meerschweinchen und Kaninchen in der Staatsoper protestiert. Auch ein Eilantrag beim Berliner Verwaltungsgericht wurde eingereicht. Obwohl dieser zurückgewiesen wurde, lenkte die Staatsoper selbst ein und kündigte an, 2023 auf Tiere zu verzichten.

Weniger Kaninchen in Staatsoper nach „sehr konstruktivem Austausch“

Bereits nach der Generalprobe am 26. September traf laut Informationen von BILD bei der Berliner Staatsoper ein Schreiben der Tierschutzorganisation Peta ein, das gegen den Einsatz von Kaninchen und Meerschweinchen auf der Bühne protestierte. Daraufhin habe Intendant Matthias Schulz den Tierschützern ein Gespräch angeboten. Bei den weiteren Vorstellungen kämen daher nur noch 20 anstatt 30 Kaninchen zum Einsatz und überhaupt keine Meerschweinchen mehr.

Peter Höffken, Fachleiter des Kampagnenteams von Peta, antwortete PETBOOK auf die Frage, ob die Tierschützer mit dem Erreichten zufrieden seien. „Wir betrachten es als ersten Schritt in die richtige Richtung, dass nun keine Meerschweinchen und weniger Kaninchen in den Inszenierungen benutzt werden.“

Victoria Dietrich, die Leiterin des Pressebüros der Berliner Staatsoper, schätzte den Austausch mit der Tierschutzorganisation für PETBOOK so ein: „Wir hatten einen sehr konstruktiven Austausch mit Peta, was auch zu einer weiteren Sensibilisierung geführt hat, für künftige Projekte von vorher herein anders konzeptionell zu planen.“

Peta hätte dem Intendanten der Staatsoper aber auch deutlich gesagt, dass dies nicht ausreiche und alle Tiere von der Bühne verschwinden müssten. Konkret ginge es noch um vier Vorstellungen in den kommenden Wochen, für die jeweils 20 Kaninchen tierschutzwidrigen Bedingungen ausgesetzt würden. „Wir versuchen weiterhin, die Verantwortlichen dazu zu bewegen, die Tiere wegzulassen. Das wäre kein Verzicht, sondern ein Gewinn für die Tiere und auch für die Menschlichkeit.“

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Was macht Meerschweinchen und Kaninchen ungeeignet für die Bühne?

„Kaninchen und Meerschweinchen sind Fluchttiere. Auf einer Bühne mit lauter Musik, sich schnell bewegenden Darstellern und unterschiedlichen Lichtverhältnissen haben sie in den Käfigen kaum Rückzugsmöglichkeiten“, ordnet Höffken von Peta die Kontroverse für PETBOOK ein.

Auch beschrieben viele Zuschauer, die sich bei Peta über die Berliner Staatsoper beschwert hätten, die Musik als extrem laut. „Das bedingt anhaltenden Stress, der bei Fluchttieren in diesem Ausmaß auch Leiden bedeutet und ernsthafte Erkrankungen auslösen kann“. Stress erhöhe die Anfälligkeit für Infektionen und oft reagierten Kaninchen und Meerschweinchen später mit stressbedingten Erkrankungen auf solche belastenden Situationen.

Experten prüften den Einsatz der Kaninchen in der Staatsoper

Laut Informationen, die BILD vorliegen, begleite eine Amtstierärztin den Einsatz der Tiere. Dieser beinhalte, dass Schauspieler in der Aufführung der „Walküre“ kurz gegen die Käfige der Kaninchen prallen, daraufhin hoppelten die Kaninchen herum. Ansonsten würden sie 30 Minuten lang im Käfig sitzen.

Laut Dietrich von der Berliner Staatsoper sei der Einsatz der Tiere in dieser Inszenierung nach Einschätzung und Prüfung von Experten erfolgt. Jedoch hätten die Gespräche auch noch mal gezeigt, wie wichtig die grundlegende gesellschaftliche Debatte sei. Dies gelte „in Bezug auf den rechtlichen Rahmen“, der entsprechend anpasst werden solle. „Sei es im Zoo, im Sport, in der Haustierhaltung oder eben auf der Bühne. Gezielt hier anzusetzen, was Peta selbstverständlich auch bereits tut, wäre ein entscheidender Hebel“.

Peta: „Tiere sind nicht auf dieser Welt, um uns Menschen zu unterhalten“

Höffken findet deutliche Worte zu einem allgemeinen Einsatz von Tieren als „Attraktionen“ in Shows oder Manegen. Tiere „zu unserem Vergnügen als ‚lebende Requisiten‘ auf Bühnen oder in einer Zirkusmanege einem beängstigenden und ungewohnten Szenario auszusetzen und als vermeintliche Zuschauerattraktion beliebig hin und her zu transportieren“ sei aus ethischer Sicht falsch und alles andere als eine tiergerechte Fürsorge.

Verwaltungsgericht entschied gegen die Tierschützer

Laut einer Pressemitteilung des Berliner Verwaltungsgerichts vom 27. Oktober habe ein anerkannter Tierschutzverein versucht, den Einsatz von Kaninchen bei den Aufführungen der Wagner-Opern zu verhindern (VG 17 L 245/22). Das Verwaltungsgericht wies den Antrag jedoch zurück.

Laut dem Beschluss habe der Antragsteller nicht glaubhaft machen können, dass die Auftritte der Kaninchen mit Schmerzen, Leid oder Schäden verbunden seien. Und das, obwohl das Gericht auch einräumte, dass das eingereichte Gutachten plausibel mache, dass die Kaninchen als Fluchttiere besonderem Stress bei den Aufführungen ausgesetzt seien. Zusätzlich seien sie in Angst und Schrecken versetzt worden und hätten erheblich gelitten.

Allerdings gab das Gericht der Stellungnahme der zuständigen Amtstierärztin besonderes Gewicht in dem Streit. Sie habe sich bei den Generalproben ein eigenes Bild von der Situation verschafft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verwendung der Tiere „insgesamt akzeptabel“ sei. Die Tiere seien nur ca. 15 Minuten im Einsatz und niemand dürfe gegen die Käfige stoßen oder sich dagegen lehnen. Auch sei die Musik auf der Bühne leiser als im Zuschauerraum gewesen.

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Staatsoper will trotzdem „eine alternative Lösung“ finden

Die „Süddeutsche“ meldet unter Berufung auf die dpa, dass die „Ring“-Tetralogie nur noch bis Ende Oktober zu sehen sei. Für eine Wiederaufnahme im April 2023 wolle die Staatsoper „eine alternative Lösung“ ohne Tiere finden. Dies habe eine Sprecherin mitgeteilt. Peta habe die Oper aber erneut aufgefordert, bei ihrem Programm komplett vom Einsatz von Tieren abzusehen.

Themen Kaninchen
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