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Hormon „PMSG“

Wie trächtige Stuten für billiges Schweinefleisch leiden 

Schwangere Islandstute beim Grasen auf der Weide
Stuten produzieren in den ersten drei Monaten ihrer Schwangerschaft das Hormon PMSG, dass in der Schweinehaltung zur Produktion von Billigfleisch eingesetzt wird (Symbolbild) Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

07.02.2023, 17:04 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Das sogenannte Pregnant Mare Serum Gonadotropin (PMSG) ist ein Schwangerschaftshormon von Stuten. Es wird vorwiegend in der industriellen Schweinehaltung eingesetzt, um günstig Schweinefleisch zu produzieren. Was nur wenige Verbraucher wissen: Für die Gewinnung des Hormons wird trächtigen Stuten auf sogenannten Blutfarmen in Südamerika oder auch Island unter widrigsten Bedingungen Blut entnommen.

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Deutschland gehört zu den vier größten Schweinefleischherstellern der Welt. Doch nur wenige Verbraucher wissen, welches Tierleid hinter dem günstigen Schweinefleisch steckt. Nicht nur die Säue selber führen in Massenbetrieben ein trauriges Leben. Um die industrielle Schweinehaltung noch effektiver zu machen, wird ein spezielles Hormon aus dem Pferdeblut, das sogenannte Pregnant Mare Serum Gonadotropin (PMSG), eingesetzt. Stuten produzieren das Hormon in den ersten drei Monaten der Trächtigkeit. Bei Schweinen sorgt es dafür, dass die Säue zum gleichen Zeitpunkt trächtig werden und gleichzeitig ihre Ferkel bekommen. Das vereinfacht die Arbeitsabläufe. Um an den wertvollen Rohstoff zu gelangen, wird den trächtigen Stuten das Blut entnommen. Dies geschieht teils durch Zwang und Schläge.

Tausende Stuten werden bei der Gewinnung von PSMG misshandelt

Schon im Jahr 2015 konnten der Tierschutzbund Zürich und die Animal Welfare Foundation anhand von Videoaufzeichnungen die grausamen Zustände auf den Pferdefarmen in Uruguay und Argentinien dokumentieren. Sie zeigen, wie Angestellte teils extrem geschwächten Pferden brutale Schläge und Tritte verpassten. Nach Aussagen der Tierschutzorganisationen in einem Artikel der „Süddeutschen Zeitung“, nehme man den Tieren auf den Stutenfarmen zu schnell zu viel Blut ab: bis zu zehn Liter pro Woche. Das ist in etwa ein Viertel der gesamten Blutmenge eines Pferds.

Nach den Recherchen der TierschützerInnen würden dabei jährlich 30 Prozent der Stuten sterben. Sobald die schwangeren Stuten kein PMSG mehr produzieren, töte man ihre ungeborenen Fohlen durch eine Abtreibung per Hand. Wenn diese nicht schon aufgrund der Strapazen und des andauernden Blutentzugs im Mutterleib gestorben sind.

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Geforderte Einfuhrverbote nach Deutschland blieben bisher wirkungslos

Laut einem Artikel der Albert-Schweizer-Stiftung forderte die Bundesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene, Tierschutz und Verbraucherschutz nach der Aufdeckung des Skandals von der EU einen sofortigen Importstopp von PMSG aus Südamerika. Trotz der Rechercheergebnisse der Tierschutzorganisationen fiel das Fazit der Regierung damals zurückhaltend aus: „Insgesamt reichen die derzeit vorliegenden Informationen allerdings für eine abschließende Bewertung der Tiergerechtheit des Gewinnungsprozesses nicht aus.“

Im August 2018 veröffentlichten der Tierschutzbund Zürich und die Animal Welfare Foundation nochmals Videomaterial. Dieses bezeugte, dass sich die Zustände auf den Blutfarmen seit den ersten Recherchen im Jahr 2015 nicht gebessert hatten. Im Gegenteil: die Brutalität gegenüber 2015 habe eher zugenommen, so York Ditfurth, Präsident des Tierschutzbunds Zürich, in einem Nachtrag zum Artikel der Albert-Schweizer-Stiftung. Zwar kündigte das Pharmaunternehmen Ceva aus Frankreich daraufhin an, den Import südamerikanischen PMSGs zu stoppen. Doch Hipra aus Spanien und die US-amerikanische Firma Zoetis, die jeweils auch Niederlassungen in Deutschland besitzen, beziehen das PMSG aus Pferdeblut weiterhin aus südamerikanischen Quellen.

Daran hat sich offenbar bis heute wenig verändert. So sind in Deutschland zurzeit sechs Arzneimittel mit dem Wirkstoff PMSG zugelassen. Nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) werde der Wirkstoff PMSG in Europa in den Niederlanden und in Island produziert, sowie in Südamerika in den Ländern Argentinien und Uruguay. Dies teilte der Bundestag im November letzten Jahres in einer Kurzmeldung mit.

PMSG ist wertvoller als Gold

In den Jahren 2016 bis Anfang 2019 kamen in Deutschland rund 6,4 Millionen Einzeldosen mit je 5 Milliliter PMSG aus Pferdeblut zum Einsatz. Laut der Kurzmeldung des Deutschen Bundestages vom November letzten Jahres sei der Verbrauch des Schwangerschaftshormons PMSG, das von Tierhaltern eingesetzt wird, nach Auskunft der Bundesregierung gestiegen. Geschäfte mit PMSG sind unglaublich lukrativ. Nach einem Artikel der Alber Schweizer Stiftung sollen 100 Gramm des Hormons sollen rund 900.000 Dollar kosten.

Mittlerweile gibt es gute Alternativen zu PSMG

Viele Tierärzte sehen die Blutentnahmen zur Gewinnung von PMSG aus Pferdeblut kritisch. Selbst wenn die Blutabnahme schonender und für die Pferde unter rechtskonformen Bedingungen stattfände. Veterinär Rupert Ebner, der seit Jahren den Einsatz von PSMG in der Schweinezucht kritisiert, wies schon 2019 in einem Artikel des Pferde-Magazins CAVALLO darauf hin, dass die Stuten durch die Blutabnahme mehr Zeit und ausreichend Eisen bräuchten, um sich zu erholen. „Dabei geht es ja nicht um die Herstellung eines lebenserhaltenden Produktes. Das ist ein Milliardengeschäft, für das es durchaus synthetische Alternativen gibt. Die Schweinezucht ist auch ganz ohne diese Hormone möglich.“

Auch das Projekt, das die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung von 2019 bis 2021 in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass es sichere Alternativen zu PMSG gibt, wie das ZDF auf seiner Webseite berichtete. So hätten die beiden Forscher des Projekts, Prof. Dr. Axel Wehrend der Universität Gießen und Prof. Dr. Johannes Kauffold der Universität Leipzig, herausgefunden, dass ein Verzicht von PMSG auch für konventionelle Ferkelproduzenten durchaus möglich sei. Und zwar mit natürlichen Mitteln, wie etwa Eber- und Lichtstimulation. Auch einige informierte Landwirte fänden die Herstellung von PMSG aus Stutenblut zu grausam und PMSG zu teuer.

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Bislang vergeblich sind die Forderungen an die EU-Kommission, ein EU-weites Produktions- und Importverbot von PMSG aus Stutenblut zu beschließen, vergeblich. Das Hauptproblem sei laut ZDF-Bericht, dass die Tierschutzbestimmungen der EU nicht in den Ländern gelten, in denen das PMSG gewonnen wird. Eine Interviewanfrage zu dem Thema seitens des ZDF lehnte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir ab. Stattdessen erklärte eine Sprecherin, Bundesminister Özdemir hätte sich auch an EU-Kommissarin Kyriakides gewandt und nachdrücklich die Aufnahme von Tierschutzanforderungen bei der Herstellung von Tierarzneimitteln gefordert, um den tierschutzwidrigen Bedingungen bei der Stutenhaltung zum Zweck der PMSG-Gewinnung Einhalt zu gebieten. Hierfür habe er die volle Unterstützung Deutschlands zugesagt.

Bis wann bindende Gesetze erlassen werden, ist damit aber weiterhin unklar. Bis dahin bleibt Medien und Tierschützern, Verbraucher möglichst über das Leid der Stuten bei der Gewinnung von PSMG aus Pferdeblut aufzuklären. Zudem gibt es eine Petition der Animal Welfare Foundation für das Verbot für PMSG in Deutschland.

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