
18. Juni 2025, 14:02 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten
Kater Remo stört nicht beim Yoga – er gehört dazu. Wenn PETBOOK-Redakteurin Louisa Stoeffler abends ihre Yogamatte ausrollt, ist ihr orange-weißer Kater sofort zur Stelle. Mit Spielzeug im Maul, lautem Miau und jeder Menge flauschiger Präsenz. Ein Erfahrungsbericht über gemeinsame Rituale, katzengerechte Asanas – und wie Yoga mit Katze zur stärksten Verbindung des Tages werden kann.
Ich mache Yoga, seitdem ich 14 bin. Für mich war es nie bloß Sport – sondern Ritual, Ruhepol, ein ganz eigener Rückzugsort. Heute ist das immer noch so. Mit einem kleinen Unterschied: Ich teile meine Matte. Und zwar mit Remo – einem orange-weißen Kater mit ordentlich Charakter. Und der hat dabei nicht nur eine Nebenrolle, sondern scheinbar ein Faible für herabschauende Menschen, Entspannung und viel Zeit mit mir.
Flexibilität vs. Fell im Gesicht – wenn die Matte abends zum Treffpunkt wird
Ich bin eine Abend-Yogini – wenn die Welt langsamer wird, ich den Arbeitstag abschüttle und in die Bewegung finde. Kaum rolle ich die Matte aus und atme einmal tief aus … und wusch, da ist er: Remo. 5,2 kg flauschiger Charme, der exakt weiß, wann es losgeht. Manchmal mit einem Schnürsenkel im Maul, manchmal mit seiner angesabberten Lieblings-Spielangel, immer aber mit seiner vollen Aufmerksamkeit. Dann miaut er laut, als wolle er sagen: „Bin bereit. Du auch?“
Fast täglich bringt mir Remo eines seiner Spielzeuge – auch zur Matte. Ob ich im Wohnzimmer, Schlafzimmer oder sogar im Badezimmer bin – er sucht mich, legt das Spielzeug vor mir ab, schaut hoch und miaut in allen Tonlagen. Anfangs dachte ich, er wolle spielen. Doch sobald ich das Spielzeug aufnehme, ist sein Interesse daran wie weggeblasen. Stattdessen legt er sich schnurrend auf die Matte und blinzelt mich an.
Eine Katzenverhaltensbiologin sagte mir dazu: Remo möchte mir damit etwas Gutes tun. Er versorgt mich – wie eine Katzenmutter ihr Kitten. Seitdem nehme ich sein Geschenk immer an, bedanke mich, blinzele ihn ebenfalls an. Es ist nun auch unser Ritual vor dem Yoga. Mehr zu diesem Thema können Sie auch hier nachlesen: Warum bringt mir meine Katze ständig Spielzeug, obwohl sie nicht spielen will?
Warum Katzen unsere Yogamatten so anziehend finden
Ich würde behaupten, ich bin ziemlich gelenkig – ich komme problemlos beim „Forward Fold“ mit flachen Handflächen auf den Boden, kann im Schneidersitz den Oberkörper ganz nach vorn lehnen, und liebe komplexe Flows, bei denen die Energie – und der Schweiß – nur so fließt. Remo dagegen liebt: auf der Matte liegen. Oder sich direkt unter mir zu platzieren, wenn ich versuche, ein Chaturanga zu absolvieren. Lebensfreude und Hindernis in Form von Flausch.
Katzen sind selbst wahre Zen-Meister. Sie leben im Moment, schlafen 16 Stunden am Tag und bewegen sich mit einer Achtsamkeit, von der wir uns etwas abschauen können. Wenn Menschen Yoga machen – langsam, leise, auf dem Boden – ist das für Katzen wie eine Einladung zur Nähe. Plötzlich ist man auf ihrer Höhe, atmet ruhig, bewegt sich kontrolliert. Man fühlt sich ganz anders – und das spüren sie. Offensichtlich verbinde nicht nur ich mit meiner Matte Gutes, sondern auch meine Katze.
Aber es ist nicht nur die Matte, die Remo toll findet. Unsere Sessions wären nicht komplett ohne die tägliche Schlacht um die Yogablöcke. Wenn ich diese gerade nicht nutze, schleicht sich Remo an sie heran und schlenzt sie mit der Pfote quer durch den Raum. Neulich hat er sogar versucht, einen der Blöcke als Kratzbaum-Ersatz zu nutzen. Nur, um später darauf zu sitzen und mich aus seiner erhöhten Position herab, mit halb-geschlossenen Augen zu beobachten.
Weitere Gründe, warum Katzen von Yoga fasziniert sind
Mögliche Erklärungsansätze, warum Katzen Yoga – und unsere Matten – spannend finden, gibt es einige. Zum Beispiel fließt beim Yoga – auch wenn manche Hardliner es immer noch gern abfällig als „nur ’n bisschen Dehnen“ abtun – ordentlich Schweiß. Und dieser sammelt sich vor allem an den Stellen, an denen wir häufig Hände und Füße in die Matte drücken. Über die Zeit entsteht hier also, auch wenn wir sie noch so gründlich reinigen, ein für die Katze höchst faszinierendes Geruchsbild. Denn es duftet hier intensiv nach ihrem Lieblingsmenschen. Warum Katzen also gern auf unserer Matte liegen, ist ähnlich schnell erklärt wie ihre Tendenz, unsere Sitzplätze zu klauen – nämlich: Wärme, Geruch, Haptik, Interesse und vor allem Gewohnheit.
Ein weiterer Erklärungsansatz ist, dass unsere Hauskatzen sich besonders von der Ruhe durch die bestimmten Atemtechniken beim Yoga angezogen fühlen. Denn man atmet tief, bevorzugt durch die Nase, und kommt zur Ruhe. Remo spürt, dass ich in diesen Momenten entspanne und möchte dabei sein. Manchmal, als ob er besser wüsste als ich, wann die Vinyasas vorbei sind und ich den Flow langsam ausklingen lasse, kommt er dazu und möchte „meditierend“ die Einheit mit mir gemeinsam beenden.
Yoga ist mehr als Bewegung – es ist Präsenz. Und genau das spüren Tiere. Vor allem Katzen reagieren extrem feinfühlig auf Körpersprache, Stimmung und Energie ihrer Menschen. Wenn man regelmäßig Yoga macht (Stichwort: Routinen, die Katzen lieben), wird man ruhiger, atmet und bewegt sich bewusster – und genau das macht einen in sich ruhenden Menschen für viele Katzen zu einem echten Magneten. Die Tiere lieben es, selbst zu entscheiden, wann Nähe entsteht. Yoga respektiert genau das – durch Geduld, durch sanfte Bewegungen, durch völlige Anwesenheit.
Vertrauen auf der Matte – wie Yoga die Bindung zur Katze stärkt
Wenn man also seine Yogazeit nicht nur für sich selbst sieht, sondern auch als Möglichkeit, mit dem Tier ganz bewusst Zeit zu verbringen, entsteht eine stille Form der Kommunikation: über Körpersprache, Augenkontakt, gemeinsame Ruhe. Man kann den eigenen Sport also sehr gut nutzen, um die Bindung zum Tier zu stärken.
Remo ist alles andere als ein stiller Mitläufer – er ist der selbsternannte Star dieser Routine. Sobald ich die Matte ausrolle, kommt er angeschlendert, oft mit diesem „Endlich hast du verstanden, worum es hier wirklich geht“-Blick. Für ihn ist das kein Sport – das ist Entertainment. Und: Kuschelzeit deluxe.
Vielleicht ist es wirklich das Wiederkehrende an diesen Übungen. Vielleicht aber auch diese stille Einladung: „Hier passiert jetzt etwas, das sich gut anfühlt und wobei mein Mensch zur Ruhe kommt.“ Wenn ich in einer Pose verharre – besonders gern im Savasana oder auch in der „Child’s Pose“, wo ich ja eigentlich ganz im Zen ankommen möchte –, ist Remo oft ganz selbstverständlich da. Er kuschelt sich an mich, reibt seinen Kopf an meinem Arm oder stupst meine Zehen mit der Nase an. Es ist sein Weg, zu sagen: „Ich bin hier. Und ich fühl’ mich sicher.“
Katze stört beim Yoga? Das kann man tun
Ich persönlich finde es also großartig, wenn Remo so aktiv dabei ist und würde nie verhindern, dass er sich in meinem „Home Gym“ breit macht. Allerdings sieht das nicht jeder so – und manche Posen sind sogar eher ungeeignet für eine Yoga-Session in der Nähe der Katze, weil man ja doch mal die Balance verlieren kann. Dazu zählen vor allem einbeinige Posen wie Warrior III, Tree Pose oder Flamingo, die böse enden könnten. Besonders, wenn die Katze gern genau dort liegt, wo der Fuß eigentlich wieder hin soll. Ich hätte Remo fast mal im Einbeinstand umgetreten. Seitdem checke ich vor jedem Schritt den Boden: frei oder flauschig?
Man kann die Katze natürlich auch aus dem Raum schicken und die Tür schließen, wenn man gerade Yoga macht. Verbindet man dies mit einem Spiel davor, einer Schleckmatte oder einem gefüllten Fummelbrett, umso besser. Dann lernt das Tier: hier soll ich zwar gerade nicht sein, aber ich habe auch so eine gute Zeit.
Allerdings habe ich bemerkt, dass Remo vor allem von meinen „puren“ Yoga-Übungen angezogen wird. Mache ich Pilates, Toning, Mobility oder Cardio auf meiner Matte, hält er sich fern. Oder er positioniert sich auf dem Bett und schaut mir eine Weile beim Hüpfen zu, bevor er sich zum Dösen einrollt und auf seinen großen Auftritt beim Yoga wartet. Man kann also auch mit Katze zu Hause verschiedene andere Übungen betreiben.
Es gibt tatsächlich auch Yogis, die ihre Katze als zusätzliches Gewicht einsetzen – vorzugsweise in Boat- oder Bridge-Posen. Dazu bräuchte man aber ein deutlich gelasseneres Tier, als ich es habe. Auch wenn es manchmal verlockend ist, den schnurrenden Mitbewohner als Gewicht zu nutzen – man sollte immer auf sein Wohlbefinden achten. Remo zeigt mir sehr deutlich, wenn er auf etwas keine Lust hat. Mit Zwang sollte man hier also auf keinen Fall arbeiten.
Namaste mit Katze – diese Yoga-Posen funktionieren auch mit flauschigem Hindernis
Es gibt aber einige Posen, die man auch mit Katze auf der Matte gut hinbekommt – und die Remo tatsächlich sogar ziemlich toll findet. Diese kann man zu einem katzenfreundlichen Flow zusammenstellen, der allerdings eher einen geringeren Schwierigkeitsgrad hat.
- Cat-Cow (Bitilasana Marjaryasana)
Natürlich ein Klassiker der Rückendehnungen. In diesem Vierfüßlerstand legt Remo gern direkt unter mir auf der Matte. - Pigeon und Half-Pigeon (Kapotasana)
Remo findet die Hüftöffnung faszinierend – wahrscheinlich, weil mein Gesicht dann so schön nah an seinem ist. - Leichenpose (Savasana)
Für mich Entspannung und das Ende des Flows. Für Remo die offizielle Einladung, mich überall zu beschnuppern und mich im Zen zu stören. - Downward Dog (Adho Mukha Svanasana)
Aus Remos Sicht eindeutig ein Missverständnis. Warum sollte man sich wie ein Hund positionieren, wenn man doch eine Katze ist? Bei dieser Pose läuft er gern noch einmal unter mir durch, aber verlässt dann regelmäßig die Matte. Aber vielleicht auch, weil er weiß, dass ich von hier aus in anstrengendere Posen gehe, für die ich Platz benötige. - Child’s Pose (Balasana)
Perfekt für Kuschelmomente. Man ist klein und niedrig am Boden – ideal, wenn die Katze kuscheln will oder den Rücken als Aussichtsplattform wählt. - Sitzende Vorbeuge (Paschimottanasana)
Funktioniert gut, wenn Remo sich dabei danebenlegt oder an meine Füße kuschelt. Die Hände bleiben frei für ein bisschen Bauchgekraule – das nennen wir bei uns aktive Entspannung. - Kobra und Sphinx (Bhujangasana)
Eine Rückbeuge, bei der man den Boden unter sich spürt – und die Katze sich wie selbstverständlich in einer ähnlichen Haltung danebenlegt. - Bridge (Setu Bandha Sarvangasana) oder Reverse Table Top (Ardha Purvottanasana)
Wenn Remo in der richtigen Laune ist, krabbelt er dabei unter meinem Rücken wie durch einen Tunnel. Manchmal legt er sich dann auch genau dorthin – gut für mich, schlecht für meine Bauchmuskeln. - Happy Baby (Ananda Balasana)
Man liegt auf dem Rücken, zieht die Füße an – besonders, wenn man „Happy Baby“ nur einseitig ausführt, kann man gleichzeitig mit der anderen Hand die Katze streicheln. Ein Hoch auf multifunktionale Entspannung! - Butterfly (Baddha Konasana)
Hier kann Remo sich ganz gemütlich auf meine Füße legen. Diese Pose ist ruhig, bodennah – also ungefährlich, auch wenn ein Schwanz im Weg liegt. - Big Toe Pose (Supta Padangusthasana)
Funktioniert mit einer Katze auf dem Bauch erstaunlich gut – als ob sie sagen will: „Zeig mal, wie stark dein Core wirklich ist.“

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Tipp zum Schluss – Platz für zwei schaffen
Irgendwann war klar: Diese Matte ist nicht mehr nur meine. Also habe ich mir eine XL-Yogamatte gegönnt. Seitdem haben wir beide ausreichend Raum – ich für meine Flows, Remo für seine ausgiebigen Streck- und Kuschelposen. Yoga mit Katze ist ein Abenteuer, ein bisschen Chaos und sehr viel Herz. Remo hat mir gezeigt, dass Achtsamkeit auch heißen kann, jemand anderem Raum zu geben – und dabei trotzdem bei sich zu bleiben. Und manchmal ist genau das der wahre Weg zur inneren Mitte.
Yoga kann also zur gemeinsamen Sprache zwischen Mensch und Katze werden – ganz ohne Worte. Es geht nicht darum, ob die Katze mitmacht, sondern dass sie da ist. Und dass wir den Moment teilen. Das ist vielleicht der schönste Aspekt an Yoga mit Tier: Die Verbindung zu einem kleinen Wesen, das mit seinen eigenen Regeln, Geräuschen und Bewegungen längst Teil meines Rituals geworden ist.

Zur Autorin
Louisa Stoeffler hält seit 2003 Katzen und arbeitet seit 2016 freiberuflich als Katzensitterin. Sie kennt die feinen Nuancen im Verhalten der Tiere aus der Praxis. Neben der Pflege berät sie Halter auch in allen „felligen“ Fragen zu Katzenverhalten. Als Fachredakteurin schreibt sie seit 2022 bei PETBOOK fundierte Artikel über Katzenhaltung, Wildtiere, tierschutzrelevante Gesetzgebung und naturkundliche Studien. Besonders am Herzen liegen ihr dabei jene Tiere und Themen, die oft im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen – etwa Weichtiere, für die sie ein besonderes Interesse entwickelt hat. Ihr Ziel: komplexe Zusammenhänge verständlich aufbereiten, Tierschutz stärken und Leserinnen und Leser für die Vielfalt der Tierwelt sensibilisieren.