
3. Juni 2025, 15:12 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Bei manchen Katzen mag man fast glauben, dass sie über einen kleinen brummenden Motor verfügen, so lange und so intensiv schnurren sie. Aber was ist eigentlich der Grund, warum manche Katzen nur wenig schnurren und andere dagegen viel mehr? Eine Studie hat dafür eine Erklärung gefunden.
Hauskatzen gehören zur Familie der Felidae, deren Mitglieder meist Einzelgänger sind. Sobald die katzenartigen Tiere groß genug sind, verständigen sie sich untereinander eher körperlich, mit einem buschigen Schwanz oder auch einem Pfotenhieb. Dennoch zeigen domestizierte Katzen ein breites Repertoire an sozialen Verhaltensweisen – unter anderem durch Gerüche, Körperhaltung und Lautäußerungen wie Miauen oder Schnurren. Gerade das Schnurren, oft mit Wohlbefinden assoziiert, spielt laut Studien eine wichtige Rolle in der Kommunikation zwischen Katzen und Menschen – zum Beispiel zur Konfliktvermeidung, bei der Bitte um Aufmerksamkeit oder zur Beruhigung. Aber warum schnurrt eine Katze häufiger und mehr als eine andere? Eine neue Studie aus Japan bringt Licht ins Dunkel.
Information für mehr oder weniger Schnurren in den Genen von Katzen verankert
Während bei Hunden der Zusammenhang zwischen ihrer Genetik und dem Verhalten schon gut erforscht ist, stecken vergleichbare Studien bei Katzen noch in den Kinderschuhen. Bisher wurden nur wenige Gene auf ihre Verhaltensrelevanz hin untersucht – etwa das Oxytocinrezeptor-Gen (OXTR), dass für die Ausschüttung von Glückshormonen sorgt.
Ein Forscherteam der Kyoto University und der Kyoto City University of Arts hat sich nun einem weiteren Gen bei Katzen gewidmet, dem Androgenrezeptor-Gen (AR-Gen). Denn es ist bekannt, dass dies bei vielen Tierarten mit aggressivem oder ängstlichem Verhalten verknüpft ist. Daher haben sich die Forscher unter der Leitung von Miho Inoue-Murayama vom Wildlife Research Center der Kyoto University dieses Gen bei Hauskatzen einmal genauer angesehen.
Ziel der Studie war es, Hinweise auf das Verhalten von Hauskatzen durch genetische Unterschiede im AR-Gen zu analysieren. Die Studie analysierte das Verhalten von 280 kastrierten Hauskatzen mithilfe eines standardisierten Fragebogens (Fe-BARQ) und verknüpfte die Ergebnisse mit genetischen Variationen im sogenannten Glutamin-Wiederholungsbereich innerhalb des AR-Gens – genau dem Bereich, der auch in anderen Säugetieren mit Verhalten wie Aggression assoziiert ist. Die Ergebnisse wurden am 28. Mai 2025 in der Fachzeitschrift „Plos One“ veröffentlicht.
Länge vom Gen bestimmt mehr als Schnurrverhalten
Anhand der Daten von 280 Tieren (145 männlich, 135 weiblich) konnten die Forscher einige Zusammenhänge erkennen. Um mögliche Einflussfaktoren zu minimieren, wählten sie explizit keine Rassekatzen und exklusiv kastrierte Tiere für ihre Untersuchung.
Dabei wurden insgesamt acht Varianten mit 15 bis 22 Wiederholungen identifiziert, die in zwei Gruppen eingeteilt wurden: „Kurz“ und „Lang“. Diese Länge der Gen-Region beeinflusst tatsächlich, wie oft Katzen schnurren oder miauen. Katzen mit kurzen AR-Gen-Varianten schnurrten häufiger als solche mit langen Varianten. Dieser Zusammenhang bestand bei beiden Geschlechtern, wobei männliche Katzen mit kurzen Allelen außerdem häufiger „gerichtete Lautäußerungen“ gegenüber Menschen zeigten.
Auch ob sie Fremden gegenüber aggressiv sind, konnten die Forscher anhand ihrer Daten belegen. Dies zeigte sich anhand der Verhaltensdaten, die über den Fragebogen Fe-BARQ erhoben wurden. Mit 101 Fragen zu Alltagssituationen glichen die Forscher ab, ob „Mehrschnurrer“ auch allgemein friedlicher auftreten. Dies zeigte sich vor allem bei weiblichen Katzen mit kurzen Allelen, die zwar viel schnurrten, aber Fremden gegenüber häufiger aggressiv auftraten.
Besitzer schätzen es, wenn Katzen mehr schnurren
Die Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass es eine genetische Grundlage sowohl für Schnurren als auch für die stimmliche Kommunikation gibt. Denn die „Mehrschnurrer“ mit dem kurzen Gen, erlangten in der Besitzerbewertung gleichzeitig höhere Werte. Besonders bei Katern mit dem Kurztyp zeigte sich eine höhere Vokalisierung gegenüber Menschen, was ebenfalls auf eine Verbindung des Gens zur stimmlichen Kommunikation hindeutet.
Durch diese erste Analyse zeigen sich spannende Perspektiven auf. Zum Beispiel ist bekannt, dass bei Rassekatzen generell längere Allele vorhanden sind. Entsprechend ist auch ihre stimmliche Kommunikation mit Menschen oft nicht so ausgeprägt wie bei Katzen, die ohne gezielte Zucht entstanden. Die Forscher vermuten, dass dies der Fall ist, weil Rassekatzen seit dem Kätzchenalter von Menschen aufgezogen wurden und es ihnen nie an etwas mangelte.
Viele Mischlingskatzen in dieser Studie sind ehemalige Streunerkatzen, was bedeuten könnte, dass gerettete Katzen dazu neigen, mehr zu miauen. Vielleicht, weil sie mehr Aufmerksamkeit erregen mussten, um von Menschen zu bekommen, was sie wollen. Oder wie man auch schon lange weiß, weil sich Katzen aus dem Tierschutz umso enger an ihre Halter binden.
Zusätzlich verglich das Forscherteam die Gene der Katzen mit denen von 11 anderen Felidae-Arten und stellte fest, dass die Leopardkatze und die Fischkatze, die beide eng mit Hauskatzen verwandt sind, nur den kurzen Typ besitzen, während Hauskatzen längere Typen haben, die bei den anderen Arten nicht vorkommen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Entstehung dieser längeren Typen auf genetische Veränderungen im Zusammenhang mit der Domestizierung und selektiven Zucht zurückzuführen sein könnte.

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Es gibt wohl kaum einen Halter, der das Schnurren der eigenen Katze nicht schätzt. Doch es gibt immer noch viele offene Fragen zu diesem für uns so angenehmen Laut. Erst vor Kurzem wurde enträtselt, wie das Geräusch überhaupt produziert wird (PETBOOK berichete). Auch der allgemeine Zweck ist noch unklar. Denn Katzen schnurren sowohl, wenn sie sich wohlfühlen, wenn sie sich selbst heilen wollen und um mit uns als Halter zu kommunizieren.
Die Ergebnisse dieser Studie liefern nun erstmals Hinweise darauf, dass das Schnurrverhalten von Hauskatzen mit spezifischen Varianten im AR-Gen zusammenhängt – und durch ihre Verbindung mit dem Menschen entstanden sein könnte. Somit liegt nahe, dass bestimmte Genvarianten die Art und Weise beeinflussen, wie Katzen mit ihrer Umwelt kommunizieren. Insbesondere in der Interaktion mit Menschen könnten kürzere Genvarianten mit stärker ausgeprägter Vokalisation von Vorteil gewesen sein – ein potenzieller Überlebensvorteil für streunende oder in Tierheimen lebende Tiere.
Zugleich zeigen die Ergebnisse, dass sich im Zuge der Domestikation und Zucht spezifische Genvarianten durchgesetzt haben – etwa die langen Allele bei Zuchtkatzen, die womöglich weniger auf Lautäußerungen angewiesen sind. Die Forschung könnte langfristig dazu beitragen, Verhalten besser vorherzusagen, artgerechtere Haltungsbedingungen zu schaffen und Tiere gezielter zu betreuen. Für Tierhalter bedeutet das: Vielleicht verrät das Schnurren mehr über die Katze als bisher angenommen. 1

Zur Autorin
Louisa Stoeffler arbeitet seit 2016 als Katzensitterin und kennt die feinen Nuancen im Verhalten der Tiere aus der Praxis. Neben der Pflege berät sie Halter auch in allen „felligen“ Fragen zu Katzenverhalten. Als Fachredakteurin schreibt sie seit 2022 bei PETBOOK fundierte Artikel über Katzenhaltung, Wildtiere, tierschutzrelevante Gesetzgebung und naturkundliche Studien. Besonders am Herzen liegen ihr dabei jene Tiere und Themen, die oft im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen – etwa Weichtiere, für die sie ein besonderes Interesse entwickelt hat. Ihr Ziel: komplexe Zusammenhänge verständlich aufbereiten, Tierschutz stärken und Leserinnen und Leser für die Vielfalt der Tierwelt sensibilisieren.