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Verhalten erklärt

Können Katzen eigentlich weinen?

Collage aus Kater Remo und Haustierexpertin Louisa Stoeffler
Kater Remo tränt hier das rechte Auge – aber nicht, weil er so emotional war, wie seine Halterin Louisa Stoeffler weiß Foto: PETBOOK / Louisa Stoeffler / Wolf Lux
Louisa Stoeffler
Redakteurin

6. Juni 2025, 17:17 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Eine Katze mit feuchten Augen lässt uns schnell an Kummer denken – doch steckt hinter den Tränen wirklich Traurigkeit? Was nach stiller Melancholie aussieht, hat in Wahrheit oft ganz andere Ursachen. Und wer ganz genau hinschaut, entdeckt, wie Katzen wirklich mit Emotionen umgehen. Haustierexpertin Louisa Stoeffler verrät, worauf man achten sollte.

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Haben Sie in den sozialen Medien auch schon einmal Videos gesehen, in denen Halter mit einer feuchten Zahnbürste über die Nase einer Katze streichen? Meist werden diese Videos, bei denen dann die Augen der Katzen anfangen zu tränen, untertitelt mit Formulierungen wie diesen: „Oh wie süß, sie erinnert sich an ihre Mama.“ Denn die feuchte Zahnbürste soll die Tiere angeblich in ihre frühste Kindheit zurückversetzen und ihr nostalgische Tränen entlocken. Doch das stimmt nicht! Ich beschäftige mich seit über 20 Jahren privat und beruflich mit Katzen und kann Ihnen versichern: Wenn die Tiere weinen, dann nicht aus Sentimentalität.

Tränen bei Katzen – kein Ausdruck von Traurigkeit

Obwohl eine feuchte Katzenträne im Augenwinkel wie ein Zeichen von Schmerz wirken mag – Katzen bringen ihre Gefühle nicht durch Weinen zum Ausdruck. Auf dem Bild über diesem Artikel sehen sie meinen Kater Remo, mit einer stillen Träne, die ihm aus dem Augenwinkel rinnt. Und ich kann Ihnen auch ganz genau sagen, warum ihm sein Auge tränte. Die Aufnahme entstand zwei Tage nach seiner Zahnsanierung. Denn mein Tier hat FORL, eine der häufigsten Zahnerkrankungen bei Katzen.

Bei seiner OP wurden Remo 10 Zähne auf einmal gezogen, besonders auf der rechten Seite im Oberkiefer hat der Arme nun keine Zähne mehr und sein Auge tränte daher noch einige Tage. Eigentlich ist nach einer solchen OP eine Nachsorge in der Klinik oder der Tierarztpraxis angesagt, aber Remo ist ein fürchterlicher Patient und lässt sich eigentlich nur behandeln, wenn ich ihn im Arm halte. Entsprechend erfolgte unsere Nachsorge über das Telefon. Die Tierärztin erzählte mir, dass es sie nicht wundere, dass Remos Auge tränte. Denn bei der Entfernung der schmerzhaften Läsionen und der Zähne habe sie „ganz schön tief graben müssen“. Entsprechend sei es verständlich, dass seine Tränenkanäle darüber gereizt seien.

Sie riet mir, das Symptom noch weiter zu beobachten und mit meinem „Wutknödel“ – zu dem er immer auf dem Untersuchungstisch wird –, nach dem Wochenende noch einmal vorbeizukommen, sollte sich das Tränen nicht bessern. Das war allerdings nicht nötig, denn die Reizung am Tränenkanal hatte bis dahin schon wieder abgenommen. Das war das einzige Mal, dass ich in 20 Jahren privater und beruflicher Erfahrung einmal gesehen habe, dass eine Katze „weint“.

Wenn Katzenaugen tränen – Ursachen und Bedeutung

Laut dem aktuellen Stand der Forschung gehört Weinen an sich nicht zum Verhaltensrepertoire der Katze, wenn es um Kummer oder Schmerz geht. Es gibt keine schluchzenden Katzen – auch leises, tränenreiches Weinen aus emotionalem Anlass kommt nicht vor. Dennoch können Katzen emotionale Verluste spüren und sichtbar unter ihnen leiden, mehr dazu aber später.

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Tränen bei Katzen haben meist eine rein körperliche Ursache. Ähnlich wie beim Menschen kann ein kurzzeitiger Tränenfluss durch kleine Reize ausgelöst werden – etwa ein Pflanzenpartikel oder ein Katzenhaar im Auge. Solche Reaktionen sind in der Regel harmlos und erfordern keine Behandlung.

Doch bei bestimmten Katzenrassen kann es aufgrund ihrer Kopfform zu dauerhaften Problemen mit dem Tränenkanal kommen, wie bei der Perser oder der Britisch Kurzhaar. In solchen Fällen ist oft eine unterstützende Pflege nötig.

Besonders aufmerksam sollten Halterinnen und Halter werden, wenn

  • die Tränenflüssigkeit nicht klar, sondern gelblich ist,
  • die Katze ein Auge länger stark zukneift,
  • sie sich häufig an den Augen kratzt oder putzt,
  • Schwellungen an Lidern oder Bindehaut auftreten,
  • Veränderungen oder Eintrübungen im Auge sichtbar sind
  • oder gar Verletzungen am Auge erkennbar sind.

In diesen Fällen ist eine tierärztliche Untersuchung notwendig – idealerweise bei einem spezialisierten Augenarzt für Tiere. Denn Entzündungen oder Verletzungen am Auge sind nicht nur potenziell gefährlich, sondern auch sehr schmerzhaft.

Können Katzen traurig sein?

Obwohl sie also nicht im menschlichen Sinne „weinen“, empfinden Katzen aber natürlich Trauer. Dass Katzen unterschiedlich gestimmt sein können, wissen ihre menschlichen Begleiter längst aus Erfahrung: Freude beim Wiedersehen, Unmut bei einem Rivalen oder Unwohlsein durch Veränderungen – Katzen zeigen diese Emotionen zwar subtil, aber eindeutig. Auch Trennungsangst und die Angst vor dem Verlassenwerden kennen Katzen, wie ich in diesem Artikel berichte: Vermissen Katzen ihre Besitzer? Das besagen Studien.

Die moderne Wissenschaft weiß zwar noch nicht sehr viel über die genaue Ausprägung tierischer Emotionen, aber es gilt als sicher, dass auch Katzen als Säugetiere über die Hirnareale verfügen, in denen grundlegende Gefühle entstehen – darunter auch Trauer.

Anzeichen für eine traurige Katze

In meiner Tätigkeit als Katzensitterin habe ich bereits häufiger Katzen erlebt, die traurig waren. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ihr Sozialpartner gerade verstorben ist, oder je länger die Abwesenheit der Besitzer dauert. Wirklich offen zeigen die Tiere nicht, dass sie sich gerade nicht gut fühlen, man kann es aber trotzdem an ihrem Verhalten ablesen. Denn viele ziehen sich zurück, wirken still, verharren stundenlang an einem Ort und starren ins Leere.

Sie schlafen auch weniger und zeigen durch ihren angespannten Körper, dass sie innerlich aufgewühlt sind. Traurige Katzen zeigen insgesamt weniger Interesse an ihren gewohnten Beschäftigungen, meiden Spiel und Beobachtung, ziehen sich unter Umständen auch von ihren Bezugspersonen zurück – oder suchen vermehrt deren Nähe. Auch ihre Körperhaltung verändert sich: Sie bewegen sich langsamer, der Schwanz bleibt oft hängen.

Insbesondere beim Verlust eines geliebten Artgenossen oder Menschen kann sich die Trauer der Katze intensiv äußern – mit depressivem Verhalten, Futterverweigerung oder anhaltender Teilnahmslosigkeit. Ein Kater, auf den ich aufpasste, wollte, nachdem sein „Kumpel“ an Krebs verstorben war, überhaupt nicht mehr spielen, sondern saß neben mir und schaute ein gefülltes Fummelbrett nur mit leerem Blick an.

Was tun bei einer traurigen Katze?

Manche Katzen wandern auch durch die Wohnung, suchen bekannte Plätze auf und miauen klagend. Besonders ausgeprägt ist dieses Verhalten, wenn keine Möglichkeit bestand, sich von der verstorbenen Bezugskatze zu verabschieden. Welche Maßnahmen in dieser Situation sinnvoll sind, hängt vom Auslöser der Trauer ab. Wenn ein vertrautes Tier stirbt, hilft es der Katze oft, sich verabschieden zu können – das erleichtert ihr, den Verlust zu begreifen.

In der Trauerphase brauchen Katzen vor allem Zeit, Zuwendung und Geduld. Eine neue Katze als schnellen „Ersatz“ einzuführen, ist selten eine gute Lösung – zu individuell sind die sozialen Bindungen, die Katzen eingehen. In manchen Fällen ist aber neue Katzengesellschaft erforderlich. Eine professionelle Verhaltensberatung kann hier helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.

Steht der Auszug eines Menschen bevor, kann die Familie im Vorfeld überlegen, wie die verbleibenden Beziehungen gestärkt werden, und ob wie regelmäßige Besuche der erwachsenen Kinder oder des getrennten Partners den Alltag des Tiers erleichtern können.

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Was, wenn es keinen offensichtlichen Auslöser für die Trauer bei Katzen gibt?

Die Symptome der Trauer ähneln oft körperlichem Unwohlsein – deshalb ist es wichtig, bei veränderten Verhaltensmustern eine tierärztliche Untersuchung durchzuführen. Ein plötzlicher Rückzug, Appetitlosigkeit oder Bewegungsarmut können auch andere Ursachen haben. Umgekehrt kann anhaltende Traurigkeit gesundheitlich gefährlich werden, wenn etwa das Fressen eingestellt wird. Tierärztliche Beratung zu möglichen Appetitanregern ist in solchen Fällen sinnvoll.

Wenn kein akuter Auslöser zu erkennen ist, lohnt ein kritischer Blick auf den Alltag der Katze: Haben sich Routinen verändert? Gibt es genug Zuwendung oder zu viel Stress? Wird sie vielleicht von anderen Katzen bedrängt?

Kleine Anpassungen – konsequent über zwei Wochen ausprobiert – können helfen, das seelische Gleichgewicht der Katze wiederherzustellen. Bleibt der Erfolg aus, kann ein Austausch mit anderen erfahrenen Katzenmenschen oder Fachleuten neue Impulse geben. Wenn wieder Freude und Aktivität erkennbar sind, ist der Weg zurück zur Zufriedenheit gefunden.

Louisa Stoeffler
Redakteurin

Zur Autorin

Louisa Stoeffler hält seit 2003 Katzen und arbeitet seit 2016 freiberuflich als Katzensitterin. Sie kennt die feinen Nuancen im Verhalten der Tiere aus der Praxis. Neben der Pflege berät sie Halter auch in allen „felligen“ Fragen zu Katzenverhalten. Als Fachredakteurin schreibt sie seit 2022 bei PETBOOK fundierte Artikel über Katzenhaltung, Wildtiere, tierschutzrelevante Gesetzgebung und naturkundliche Studien. Besonders am Herzen liegen ihr dabei jene Tiere und Themen, die oft im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen – etwa Weichtiere, für die sie ein besonderes Interesse entwickelt hat. Ihr Ziel: komplexe Zusammenhänge verständlich aufbereiten, Tierschutz stärken und Leserinnen und Leser für die Vielfalt der Tierwelt sensibilisieren.

Themen Katzenverhalten

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