
12. Juni 2025, 17:46 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Katzen mit Blasenproblemen leiden oft unter wiederkehrenden Beschwerden – aber warum trifft es manche mehr als andere? Eine Studie legt nahe, dass Angst vor fremden Menschen ein bislang unterschätzter Risikofaktor für Rückfälle sein könnte. Die Ergebnisse zeigen: Verhalten zählt – und könnte künftig helfen, betroffene Tiere besser zu schützen.
Eine Blasenentzündung bei Katzen ist nicht nur schmerzhaft, sondern auch gar nicht so selten wie man vielleicht annehmen könnte. Denn tatsächlich gehören Probleme mit den Harnwegen, die unter dem Begriff FLUTD (Feline Lower Urinary Tract Disease) zusammengefasst werden, zu den häufigsten Gründen für einen Tierarztbesuch. Eine Blasenentzündung – auch Zystitis genannt – entsteht meist durch Harnsteine, die die Schleimhäute der Blase der Katze verletzen. Diese können sich entzünden und Schmerzen verursachen. Halter beobachten dann oft, dass die Katze nur kleine Urinmengen absetzt und ständig zur Toilette läuft.1
Oft ist eine verminderte Wasseraufnahme Ursache für Harnwegerkrankungen bei Katzen. Doch auch das Verhalten der Tiere könnte eine größere Rolle spielen als bisher angenommen, wie eine Studie nun nahelegt. 2
Deutlicher Zusammenhang zwischen Angstverhalten und Blasenentzündung bei Katzen
Darin haben Forscher der veterinärmedizinischen Fakultät des Centre Hospitalier Universitaire Vétérinaire (CHUV) in Kanada untersucht, ob es Verhaltensmuster gibt, die Rückfälle bei Katzen mit Feline Idiopathischer Zystitis (FIC) – wie die Blasenentzündung bei Katzen fachlich genannt wird – begünstigen. Die Studie wurde im Zeitraum von März 2019 bis Februar 2022 durchgeführt. Sie basiert auf den Rückmeldungen von Katzenhaltern, die über ein Online-Fragebogen-System befragt wurden. Die Ergebnisse wurden mit statistischen Verfahren analysiert und zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen bestimmten Angstverhalten und dem Wiederauftreten der Erkrankung.
Genaue Ursachen für Blasenentzündung bei Katzen bislang unklar
Feline idiopathische Zystitis (FIC) ist die häufigste Form von Harnwegserkrankungen bei Katzen und betrifft rund 55 bis 65 Prozent aller Fälle von FLUTD. Sie äußert sich durch Schmerzen beim Urinieren, Blut im Urin und auffälliges Urinverhalten. Die genauen Ursachen sind bislang unklar, doch aktuelle Forschung legt eine psychoneuroendokrine Komponente nahe: Stress aktiviert das sympathische Nervensystem und stört die Hormonregulation – beides kann die Blasenschleimhaut angreifbar machen.
Die Blasenwand verliert an Schutz durch geringere Mengen an Glykosaminoglykanen (GAGs), was Entzündungen begünstigt. Studien deuten darauf hin, dass Umweltfaktoren wie Stress oder Angstverhalten eine Rolle spielen. Dennoch ist wenig darüber bekannt, welche konkreten Verhaltensmerkmale mit einem erhöhten Rückfallrisiko einhergehen – hier setzt die vorliegende Studie an.
Halter erhielten standardisierten Fragebogen
Ziel der Studie war es, den Zusammenhang zwischen bestimmten Verhaltensweisen und der Rückfallrate bei Blasenentzündung zu untersuchen. Eingeschlossen wurden 33 Katzen (23 kastrierte Kater, 10 kastrierte Katzen), die zwischen März 2019 und Februar 2022 in der CHUV-Klinik wegen Blasenentzündung behandelt worden waren. Voraussetzung war, dass keine anderen Erkrankungen die Symptome erklärten.
Die Halter erhielten nach der Diagnose einen standardisierten Fragebogen. In diesem sollten sie Angaben zu Angstverhalten, Aggression, Umweltveränderungen, Fütterungsart sowie zu eventuellen Rückfällen machen. Zusätzlich wurde abgefragt, ob und inwieweit empfohlene Anpassungen umgesetzt wurden.
94 Prozent der Katzen mit erneuter Blasenentzündung zeigten Angst vor Fremden
Insgesamt hatten 16 von 33 Katzen (48 Prozent) einen Rückfall erlitten. Der entscheidende Unterschied zwischen den Gruppen mit und ohne Rückfall: das Verhalten gegenüber fremden Menschen. 94 Prozent der Katzen mit Rückfall zeigten laut ihren Haltern Angst vor Fremden. In der Gruppe ohne Rückfall waren es nur 59 Prozent der Tiere. Auch Angst gegenüber bekannten Personen trat in der Rückfallgruppe häufiger auf (81 Prozent gegenüber 53 Prozent), allerdings ohne statistische Signifikanz.
Andere Faktoren – wie Aggression gegenüber Menschen oder Tieren, Urinmarkieren, Opfer von Aggressionen, Umsetzung von Umweltmaßnahmen oder Fütterungsart – unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen. Die Rückfallrate blieb auch bei längerer Beobachtungsdauer konstant, was auf eine stabile Tendenz hinweist. Zudem zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Rückfall und Gewicht, Alter oder Rasse.
Blasenentzündungen bei Katzen ist auch ein psychisch bedingtes Leiden
Die Studie liefert einen wichtigen Hinweis auf den Einfluss von Angstverhalten auf die Rückfallgefahr bei Blasenentzündungen. Zwar ist bereits bekannt, dass Stress die Erkrankung begünstigt, doch erstmals konnte gezeigt werden, dass speziell Angst gegenüber fremden Personen ein messbarer Risikofaktor für Rückfälle ist.
Diese Erkenntnis stärkt die Hypothese, dass Blasenentzündungen bei Katzen nicht nur ein physisches, sondern auch ein psychisch bedingtes Leiden ist. Der fehlende Zusammenhang mit Umweltanpassungen legt nahe, dass allgemeine Empfehlungen allein möglicherweise nicht ausreichen. Stattdessen könnte ein gezieltes Verhaltenstraining oder eine individualisierte Therapie, etwa durch tierärztliche Verhaltensexperten, erfolgversprechender sein.
Zudem zeigt die Studie, dass viele betroffene Tiere möglicherweise unter chronischem Stress leiden. Dieser Zustand fördert nicht nur Rückfälle, sondern beeinträchtigt auch das allgemeine Wohlbefinden der Tiere.
Studie liefert keine Beweise, lediglich Hinweise
Die Ergebnisse sollten aufgrund mehrerer methodischer Einschränkungen mit Vorsicht interpretiert werden. Zum einen handelt es sich um eine Studie mit einer relativ kleinen Stichprobe von nur 33 Katzen, was die Aussagekraft begrenzt. Zum anderen basiert die Diagnose auf klinischer Einschätzung und Ultraschall – eine Urinkultur wurde bei unauffälliger Zytologie nicht durchgeführt.
Die Datenerhebung beruhte auf Selbstauskünften der Tierhalter, wodurch subjektive Fehleinschätzungen nicht ausgeschlossen werden können. Auch war der Fragebogen nicht validiert, und Verhaltenskategorien wie „Angst“ oder „Aggression“ waren nicht eindeutig operationalisiert.
Zudem wurden sämtliche Daten aus einer einzigen Tierklinik erhoben, was eine gewisse Selektionsverzerrung mit sich bringen kann. Schließlich stellen die beschriebenen Zusammenhänge keine kausalen Beweise dar, sondern lediglich statistische Assoziationen.

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Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung individueller Verhaltenstherapie
Trotz dieser Einschränkungen deutet Studie darauf hin, dass Angst vor fremden Menschen das Risiko für Rückfälle bei Blasenentzündungen für Katzen signifikant erhöhen kann. Andere Faktoren wie Aggression, Haltungsform oder Fütterung spielten hingegen keine messbare Rolle. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung individueller Verhaltenstherapie. Sie lassen vermuten, dass ein integrierter Ansatz – der sowohl körperliche als auch psychische Gesundheit berücksichtigt – langfristig die beste Strategie sein könnte, um wiederkehrende Blasenentzündungen zu verhindern und die Lebensqualität der betroffenen Katzen zu verbessern.

Meine Erfahrung mit Rückfall bei Blasenentzündungen
„In meiner Tätigkeit als Katzensitterin ist mir der hier in der Studie untersuchte Zusammenhang auch schon einmal aufgefallen. Ich passte auf zwei junge Kater auf, von denen einer schon mit Blasenproblemen zu kämpfen gehabt hatte. Seine Halter hatten ihn auf ‚Urinary‘-Spezialfutter eingestellt – für seinen blutigen Urin gab es jedoch keine bekannte körperliche Ursache, außer vielleicht ein bisschen Stress, weil sein Sozialpartner manchmal wie ein kleiner Rowdy mit ihm umging.
Vorab wurde ich auch gewarnt, dass es zu Blut im Urin bei ihm kommen könnte. Ich erlebte den Kater als sehr schüchtern, während der andere Jungkater meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte. Zudem war sein Urin tatsächlich sehr blutig in den ersten Tagen, er putzte sich nach dem Toilettengang auch auffällig oft und viel im Genitalbereich.
Nach einer Weile legte sich jedoch seine Schüchternheit und nach drei Tagen war auch kein Blut mehr im Katzenklo zu sehen. Zu diesem Zeitpunkt gab er mir ‚Köpfchen‘ beim Hereinkommen und rieb sich an meinen Beinen, wenn es Futter gab. Bei allen anderen weiteren Besuchen – ich sittete die beiden fortan regelmäßig – hat er mich stets erkannt und wurde immer zutraulicher. Ich glaube, hier lag wirklich ein Fall von Stress und Angst vor Fremden vor.“