Zum Inhalt springen
logo Das Magazin für alle Tierbesitzer und -liebhaber
PETBOOK-Interview

Betreiberin von Abnehmklinik für Katzen erklärt, warum wir unsere Haustiere fett füttern

Die Zahl der krankhaft fettleibigen Katzen steigt weltweit an. Starkes Übergewicht kann Auslöser für viele Krankheiten sein. In Kanada gibt es jetzt sogar eine Abnehmklinik für Katzen
Die Zahl der krankhaft fettleibigen Katzen steigt weltweit an. Starkes Übergewicht kann Auslöser für viele Krankheiten sein. In Kanada gibt es jetzt sogar eine Abnehmklinik für Katzen Foto: Getty Images
Dennis Agyemang
Redakteur

10. Mai 2025, 8:02 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Übergewicht ist nicht nur ein Problem von uns Menschen, sondern betrifft längst auch unsere Haustiere. Und das mit zum Teil verheerenden Folgen! Denn Übergewicht begünstigt auch bei Tieren schwerwiegende Krankheiten wie Diabetes, Arthrose, Leberverfettung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vor allem Katzen leiden unter den Folgen, denn ihre athletischen Körper sind nicht darauf ausgerichtet, viel Gewicht zu tragen. PETBOOK sprach mit der Betreiberin der ersten Abnehmklinik für Katzen über das zunehmende Problem.

Artikel teilen

Das Thema Übergewicht ist längst auch in der Welt der Haustiere angekommen. Chronische Erkrankungen und letztlich eine verkürzte Lebenserwartung können die Folge sein. Laut aktuellen Studien ist fast die Hälfte aller Hunde und Katzen in Deutschland übergewichtig.1 Die Gründe hierfür sind unterschiedlich, aber haben fast immer mit dem Fütterungsmanagement zu tun. Und genau hier müsse man ansetzen, sagt Kristine Seguin. Sie ist die Leiterin von „The Big House“, einer Art Abnehmklinik für krankhaft übergewichtige Katzen in Kanada.

Auch interessant: Weltweit erste Spezialklinik hilft fettleibigen Katzen beim Abnehmen

„Es ist ein Irrglaube, dass Katzen pflegeleichte Haustiere sind“

Auf die Frage, was ihrer Erfahrung nach die häufigste Ursache für Übergewicht bei Katzen sei – Ernährungsfehler oder Bewegungsmangel – schießt es bei ihr wie aus der Pistole: „Überfütterung!“ Denn viele Familien fütterten ihre Katzen frei und das führe oft zu Problemen. „Das heißt sie lassen einen vollen Napf stehen. Manche Katzen können sich selbst regulieren, andere nicht.“ Und natürlich spiele auch ausreichend Bewegung eine große Rolle.

Doch hier werde oft eine weitverbreitete Annahme zum wortwörtlich schwerwiegenden Problem für die Tiere, weiß Kristine Seguin. „Es ist ein Irrglaube, dass Katzen pflegeleichte Haustiere sind und nicht so viel Beschäftigung brauchen wie ein Hund.“ Das Gegenteil sei der Fall: „Katzen profitieren genauso von Bewegung, Anregung und Spaß.“

„Portionsgrößen für Katzen sind viel kleiner, als die Menschen denken“

Hinzu komme aber auch, dass die meisten Halter gar nicht wüssten, wie viel Futter eine Katze wirklich braucht. „Die tatsächlichen Portionsgrößen für Katzen sind viel kleiner, als die Menschen denken.“ Daher ihr Appell an alle Haustierhalter: „Ich fordere jeden auf, die Portionsangaben auf dem Katzenfutter für das Gewicht seiner Katze zu lesen, und er wird überrascht sein!“ Auch sie habe Augen gemacht, als sie das erste Mal genauer auf die Futterinhaltsangabe geblickt hätte, erinnert sich Seguin zurück. „Da bin ich auch schuldig“, räumt sie ein.

Allerdings sieht die Leiterin der Abnehmklinik auch die Futtermittelhersteller in der Pflicht, aktiv zu werden, und für mehr Transparenz zu sorgen. „Die Hersteller sollten wirklich anfangen, Kalorien auf die Verpackung zu schreiben, und Kohlenhydrate erst an zweiter Stelle! Es ist selbst für uns frustrierend, wenn wir im Internet nach diesen Informationen suchen müssen und diese nicht immer klar sind.“ Daher kann sie sich durchaus vorstellen, wie viel schwieriger es für den durchschnittlichen Verbraucher ist, die entsprechenden Informationen zu den Nährwerten zu finden und auch zu verstehen.

„Schon ein halbes Kilo mehr auf den Rippen erhöht das Risiko Ihrer Katze für schwere Krankheiten“

„Im Allgemeinen ist eine Katze übergewichtig, wenn sie 10 bis 20 Prozent mehr wiegt als ihr ideales Körpergewicht“, fasst die Expertin zusammen. Daher gelte in etwa die Faustregel: „Wenn Sie über Ihrer Katze stehen und sie keine sichtbare Taille hat, ist sie wahrscheinlich übergewichtig.“ Und Übergewicht sollte man bei Haustieren nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn: „Schon ein halbes Kilo mehr auf den Rippen erhöht das Risiko Ihrer Katze für schwere Krankheiten wie Herzerkrankungen, Krebs und anderen Krankheiten drastisch.“

Daher sollten Halter von übergewichtigen Katzen unbedingt aktiv werden, aber nicht im Alleingang! Sie sollten die kompetente Hilfe eines Experten in Anspruch nehmen, rät Seguin. Denn einen individuellen Ernährungsplan für seine Katze auszuarbeiten, kann für Laien herausfordernd und für die Katze im Zweifelsfall sogar gefährlich werden. Daher sollte man am besten die Gewichtsprobleme der Katze mit dem Tierarzt besprechen und von radikalen Nulldiäten absehen. So beginne die Leber einer Katze bereits nach 72 Stunden ohne Nahrung zu verfetten, warnt Kristine Seguin.

Katzen zeigen nur schlecht Schmerzen an

„Sobald dieser Prozess einsetzt, ist es eine der am schwersten zu behandelnden Krankheiten und oft ein Todesurteil. Wir mussten einigen unserer gestressten Katzen Appetitzügler verabreichen, um sicherzustellen, dass sie während der Eingewöhnungsphase weiter fraßen.“ Zu einer erfolgreichen Diät gehört aber auch ein Sportprogramm, um ein Kaloriendefizit herbeizuführen. Denn beim körperlichen Training von übergewichtigen Tieren gebe es einiges zu beachten, weiß die Abnehmexpertin.

Morpilot Katzentransportbox

für große Katzen und Welpen bis 7kg

Daher mahnt Seguin: „Sprechen Sie immer zuerst mit Ihrem Tierarzt, um sicherzustellen, dass Sie überhaupt mit dem Training beginnen können. Sie wollen nicht riskieren, dass sich die Beweglichkeit Ihres Tieres verschlechtert oder es sich verletzt.“ Denn in der Regel seien die Gelenke von übergewichtigen Tieren bereits geschädigt und Katzen zeigten Schmerzen nicht sehr gut an. „Sie denken vielleicht, dass es Ihrer Katze gut geht, aber das ist nicht der Fall.“ Daher sei es wichtig mit dem Training langsam zu beginnen und die eigenen Erwartungen herunterzuschrauben. „Arbeiten Sie so, dass es Ihrer Katze gut geht“, so das klare Credo.

„Ich fände es toll, wenn alle Katzen Diätfutter fressen würden, aber Katzen sind wählerisch“

„Was sich nicht wirklich ändert, ist die tägliche Kalorienzufuhr für jede Katze. Sie ist ziemlich standardisiert und wird durch eine Berechnung ermittelt – die jeder auf unserer Website einsehen kann.“ Was dann konkret gefüttert wird, hängt von der Empfehlung des Tierarztes, aber auch von den Vorlieben der jeweiligen Katze ab. „Ich fände es toll, wenn alle Katzen Diätfutter fressen würden, aber Katzen sind wählerisch.“ So bevorzugten einige das Trocken- oder Nassfutter, das sie bereits kennen.

„Andere haben nichts dagegen, auf Futter mit weniger Kohlenhydraten umzusteigen. Manche Katzen brauchen mehr Ballaststoffe in ihrer Nahrung oder haben gesundheitliche Probleme, für die sie ein Spezialfutter benötigen.“ Sie vergleiche das immer mit Menschen und ihren Vorlieben, erklärt Kristine Seguin. „Manche Menschen kommen mit kohlenhydratarmer Nahrung besser zurecht, andere bevorzugen einen hohen Proteingehalt, wieder andere achten nur auf die Kalorienzahl. Letztendlich scheinen kleinere Portionen für alle Katzen zu funktionieren, aber bestimmte Rezepturen scheinen je nach Katze bessere Ergebnisse zu erzielen.“

Mehr zum Thema

Diäten bedeuten für die meisten Katzen Stress

Doch eine Sache dürfe nicht unerwähnt bleiben. Diäten bedeuteten für die meisten Katzen Futterfrust und Stressverhalten. Das habe sie bei den Katzen in ihrer Abnehmklinik schon häufiger gesehen. „Das hört nie auf!“, erklärt sie lachend. „Die Katzen können so frech oder ‚hangry‘ werden.“ Da müsse man schon oft kreativ werden.

„Sie sind schnell dabei, Futter zu stehlen, Schränke aufzubrechen und so weiter. Wir versuchen, sie mit Spielzeug oder Dingen, die ihnen Spaß machen (Bürsten, Kuscheln), abzulenken. In einigen Fällen müssen wir häufig kleinere Mahlzeiten zubereiten, in anderen Fällen verlängern wir die Essenszeiten, indem wir sie etwas härter arbeiten lassen, damit sie beschäftigt sind.“

Themen Katzenverhalten

Quellen

  1. bft-online.de, „Zu viel ist zu viel!“, (aufgerufen am 07.05.2025)
    ↩︎

Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung unseres Angebots mit Tracking und Cookies widerrufen. Damit entfallen alle Einwilligungen, die Sie zuvor über den (Cookie-) Einwilligungsbanner bzw. über den Privacy-Manager erteilt haben. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit Tracking und Cookies entscheiden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Widerruf aus technischen Gründen keine Wirksamkeit für sonstige Einwilligungen (z.B. in den Empfang von Newslettern) entfalten kann. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an datenschutz@axelspringer.de.