
26. Juni 2025, 5:58 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Schlafende Katzen wirken tiefenentspannt, doch ihre Liegeposition könnte mehr verraten als man denkt. Eine Studie zeigt: Zwei Drittel aller Katzen bevorzugen eine ganz bestimmte Seite beim Schlafen – und das offenbar nicht zufällig. Was steckt hinter dieser seltsamen Vorliebe, und was sagt sie über die Wahrnehmung unserer Hauskatzen aus?
Schlafen Katzen lieber auf der linken oder auf der rechten Seite? Was zunächst nach individueller Präferenz klingt, könnte auch einen biologischen Hintergrund haben, wie eine Studie zeigt. Demnach entscheiden sich Katzen häufig unterbewusst für eine bestimmte Schlafseite.
Links oder rechts? Wie Katzen schlafen, hat mit der gegenüberliegenden Hirnhälfte zu tun
Schon lange ist bekannt, dass viele Tiere, darunter auch Katzen, sogenannte Lateralisationen zeigen – also eine Bevorzugung einer Körperseite, etwa bei der Benutzung der Pfoten. Beispielsweise ist von Katern bekannt, dass sie häufig „linkspfotig“ sind. Das haben wir in diesem PETBOOK-Artikel auch im Selbstversuch mit Kater Remo gezeigt: Können Katzen auch links- oder rechtshändig sein? Studien zeigen es.
Dieses Prinzip gilt nicht nur für Bewegungen, sondern auch für Sinneswahrnehmungen und die Verarbeitung von Informationen im Gehirn. Eine solche Spezialisierung kann Vorteile bringen: Die eine Gehirnhälfte übernimmt Aufgaben wie schnelle Reaktionen auf Gefahren, während die gegenüberliegende andere Funktionen übernimmt.
Besonders die rechte Hirnhälfte spielt bei vielen Tierarten eine zentrale Rolle bei der Wahrnehmung und Verarbeitung von Bedrohungen. Sie reagiert schneller auf Reize, die von links kommen. Denn diese liegen eben im linken Gesichtsfeld und werden in der rechten Hirnhälfte verarbeitet. Die Forscher wollten wissen, ob diese funktionale Asymmetrie auch im Schlaf von Katzen eine Rolle spielt.
Fast zwei Drittel der Katzen sind Linksschläfer
Untersucht wurden insgesamt 408 Videos von Hauskatzen, die in eindeutig erkennbarer Seitenlage mindestens 10 Sekunden ungestört schliefen. Nur unbearbeitete, qualitativ hochwertige Videos wurden berücksichtigt. Von dem internationalen Forschungsteam unter der Leitung von Sevim Isparta (Universität Bari), Sebastian Ocklenburg (Ruhr-Universität Bochum) und Yasemin Salgirli Demirbas (Universität Prince Edward Island) wurde bewertet, ob die Katze auf der linken oder rechten Körperseite lag. Die Studie erschien im renommierten Fachjournal „Current Biology“ (Ausgabe vom 23. Juni 2025).
Die Auswertung ergab einen signifikanten Trend: 266 der 408 Katzen (65,15 Prozent) lagen in Linksseitenlage. Nur 142 Katzen (34,85 Prozent) schliefen auf der rechten Seite. Der Unterschied war statistisch hoch signifikant. Es zeigte sich also ein deutlicher, linksseitiger Schlaftrend auf Populationsebene.
Das bedeutet: Die Mehrheit der Katzen bevorzugt es, mit der linken Schulter nach unten zu schlafen. Diese Position verschafft dem linken Gesichtsfeld – und damit der rechten Hirnhälfte – freie Sicht auf potenzielle Bedrohungen, etwa aus tieferen Lagen oder von unten. Da Katzen bevorzugt erhöht schlafen, könnte diese Haltung eine evolutionär entwickelte Vorsichtsmaßnahme darstellen, um im Schlafzustand dennoch auf Gefahren reagieren zu können.
Auch im Schlaf wachsam
Die Seitenlage bei Katzen ist eigentlich eine Haltung, in der sie besonders tief schlafen. Mehr zu dem Thema Schlafpositionen und was diese ausdrücken, erfahren Sie hier: Brot, Hörnchen oder Brezel? 14 Schlafpositionen von Katzen erklärt.
Der von den Forschern entdeckte Zusammenhang könnte jedoch bedeuten, dass die kleinen Beutegreifer auch im tiefsten Schlummer besonders schnell auf Bedrohungen reagieren wollen. Dass sie auch in dieser eigentlichen Entspannungspose noch unterbewusst in „Hab-Acht-Stellung“ verharren, liefert wichtige Hinweise auf die funktionelle Organisation des Katzengehirns und dessen evolutionäre Entwicklung. Der linkslastige Schlaf könnte eine Anpassung sein, die es Katzen ermöglicht, besonders die reaktive rechte Gehirnhälfte bei Bedrohungen schnell „einzuschalten“.
Diese Spezialisierung wäre nicht nur ein weiteres Beispiel für die Lateralisation tierischen Verhaltens, sondern könnte auch das Verständnis über Ruheverhalten, Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft bei Haustieren vertiefen. Darüber hinaus lassen sich Vergleiche zu anderen Tierarten ziehen, bei denen ähnliche Mechanismen beobachtet wurden – etwa bei der Fluchtreaktion auf Reize im linken Gesichtsfeld. Die Studie trägt somit zum Verständnis bei, wie Ruhephasen mit Schutzverhalten und Gehirnarchitektur verknüpft sind.

Katzen nutzen rechtes Nasenloch, um Menschen am Schweißgeruch zu erkennen

Elefanten können links- oder rechtsrüsslig sein

Können Katzen auch links- oder rechtshändig sein? Studien zeigen es
Sind Rechtsschläfer selbstsicherer und weniger ängstlich?
Weitere Forschung könnte sich mithilfe des „Feline Five“-Persönlichkeitsmodells der Frage widmen, ob die Rechtsschläfer der Katzenwelt sich im Allgemeinen in ihrer Umgebung auch sicherer fühlen und Linksschläfer generell zu Angst oder Neurotizismus neigen. Auch eine Untersuchung, die Schlafpositionen von freilebenden Katzenkolonien und reinen Hauskatzen vergleicht, wäre vor diesem Hintergrund spannend. Zudem könnte die Frage, ob Tierschutztiere generell häufiger links schlafen oder mit zunehmender Sicherheit nach der Adoption auch mal nach rechts wechseln, Aufschluss über den Zusammenhang der Schlafposition mit dem Verhalten geben.
Spannend wäre auch zu untersuchen, ob die individuelle „Pfotenpräferenz“ einen Einfluss hat. Laut den Forschern ist sie aber vermutlich nicht hauptverantwortlich, da sie individuell unterschiedlich und relativ ausgeglichen verteilt ist.
Für Katzenhalter ist die Studie aber bereits jetzt ein spannender Einblick in die verborgene Logik tierischen Verhaltens. Für die Forschung bietet der Befund eine neue Perspektive auf das Zusammenspiel von Gehirnarchitektur, Verhalten und Schutzstrategien in Ruhephasen. 1