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Expertin verrät

Katze greift aus dem Nichts an? Das steckt dahinter

Katze beißt die Hand eines Menschen
Wenn Katzen Menschen attackieren, heißt es oft, sie haben plötzlich „aus dem Nichts“ angegriffen. Foto: Getty Images/Westend61
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

24. Juni 2025, 15:48 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

„Sie hat ganz plötzlich aus dem Nichts angegriffen“ – dieser Satz fällt oft, wenn Katzen ihre Menschen kratzen oder beißen. Dabei gibt es fast immer gute Gründe für das Verhalten, und sie zeigen auch schon vorher deutliche Zeichen, dass sie gleich zupacken werden. Welche das sind, verrät PETBOOK-Redakteurin und Expertin für Katzenverhalten Saskia Schneider.

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In einem Moment kuschelt man noch innig, plötzlich schlägt die Katze mit ihren Krallen zu und greift scheinbar aus dem Nichts an. Wahrscheinlich wurden den Tieren deshalb auch oft Eigenschaften wie Hinterlist oder Unberechenbarkeit zugeschrieben. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um eine Fehlkommunikation. Viele Menschen sehen oder verstehen die subtilen Signale ihrer Katze nicht. In seltenen Fällen steckt aber auch ein ernsthaftes Problem dahinter.

Menschen sehen Signale nicht

Katzen „sprechen“ mit ihrem Körper. Doch viele ihrer Warnsignale sind subtiler als bei Hunden – und werden daher leicht übersehen. Manchmal ist es nur eine zuckende Schwanzspitze oder ein leichtes Anlegen der Ohren, mit dem die Katze signalisiert: „Danke, ich habe jetzt genug.“

Aber auch deutlichere Signale wie plötzliches Aufhören beim Schnurren oder ruckartiges Umdrehen und Anstarren deuten manche Menschen nicht als Zeichen, mit dem Streicheln aufzuhören. Wird die Katze in solchen Momenten weiter bedrängt oder berührt, sieht sich das Tier genötigt, deutlicher zu werden oder sich zur Wehr zu setzen. Auf uns Menschen wirkt das dann, als ob die Katze „aus dem Nichts“ angreift. Für das Tier ist dies aber eine logische Reaktion auf vorherige Signale, die übersehen wurden.1

Katze ist überreizt

Ein häufiger Auslöser für scheinbar plötzliche Angriffe ist Überstimulation – zum Beispiel während des Streichelns. Was zunächst angenehm beginnt, kann durch monotone, wiederholte Berührungen plötzlich unangenehm werden. Viele Katzen signalisieren dies durch leichtes Wedeln mit dem Schwanz, ein Zucken der Haut oder eine angespannte Körperhaltung. Wird das ignoriert, folgt oft ein kurzer, aber intensiver Angriff, gefolgt von Rückzug. Dieses Verhalten nennt man im Englischen auch „petting-induced aggression“ (zu Deutsch: „durch Streicheln verursachte Aggression“).2

Verhaltenstipps:

  • Halten Sie Streicheleinheiten kurz und beobachten Sie, wann Ihre Katze genug hat.
  • Streicheln Sie nicht immer dieselbe Körperstelle über längere Zeit.
  • Belohnen Sie ruhiges Verhalten mit Leckerlis oder freundlicher Ansprache – nicht mit übermäßigem Körperkontakt.
  • Lernen Sie, die Grenzen Ihres Tieres zu akzeptieren – Zuneigung darf nicht erzwungen werden.

Territoriale Aggression

Eine typische Situation: Die Katze schnellt plötzlich unter dem Sofa hervor und greift plötzlich die Füße ihrer Menschen – oder von Besuchern – an. Katzen sind ausgesprochen territorial. Neue Mitbewohner – ob Mensch, Tier oder Baby – können als Eindringlinge wahrgenommen werden. Auch Umbauten, neue Möbel oder fremde Gerüche (z. B. durch Besuch) können das Reviergefühl stören. Territoriale Aggression äußert sich durch Drohgebärden, Attacken oder das Blockieren von Zugängen. Allerdings bekommen wir diese Drohgebärden nicht immer mit, weil die Katze unter dem Sofa kauert oder weil wir vielleicht auch gar nicht bemerken, dass sich das Tier in diesem Moment darunter befindet und wir zu nahe kommen.

Spielaggression

Besonders junge Katzen zeigen gerne intensives Spielverhalten, das für den Menschen schnell bedrohlich wirken kann. Sie lauern, springen, kratzen, beißen – all das sind typische Jagd- und Beutemuster, die im Spiel erprobt werden. Auch beim Kuscheln können Katzen schnell in Spielstimmung umschwenken und plötzlich die Hand oder die Füße attackieren. Dies wird leider von vielen Menschen unbewusst gefördert, wenn mit Händen statt mit Spielangeln gespielt wird. Hier hilft gezieltes Umlenken auf geeignetes Spielzeug und das sofortige Beenden der Interaktion, sobald die Katze unerwünschte Attacken zeigt und kratzt oder beißt.

Verhaltenstipps:

  • Verwenden Sie ausschließlich Spielzeuge – niemals Hände oder Füße!
  • Bieten Sie täglich strukturierte Spielzeiten mit Jagdspielen (z. B. Spielangel).
  • Brechen Sie die Interaktion sofort ab, wenn die Katze zu wild wird, und verlassen Sie, wenn nötig, den Raum kommentarlos.
  • Bieten Sie verschiedene Spielzeuge (mit Federn, Geräuschen oder Futter) an, um Langeweile vorzubeugen.

Mehr Tipps zum richtigen Spielen haben wir hier für Sie zusammengestellt: Diese 8 Fehler macht fast jeder beim Spiel mit der Katze.

Stress und Angst

Stress ist einer der häufigsten Auslöser für plötzliche Aggression. Er kann durch viele Faktoren entstehen: Tierarztbesuche, laute Geräusche, fremde Tiere vor dem Fenster oder Veränderungen im Alltag. Wenn eine Katze keinen Fluchtweg sieht, schlägt sie unter Umständen in Angst und Panik um sich – das nennt man defensive Aggression. Wichtig ist dabei immer, den Auslöser für den Stress auszumachen. Dabei kann es sinnvoll sein, sich professionelle Unterstützung von Katzenverhaltenstherapeuten oder Tierärzten mit Spezialisierung auf Katzenverhalten zu holen. 3

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Besonders heikel ist die sogenannte umgeleitete Aggression: Die Katze ist innerlich aufgewühlt durch einen nicht erreichbaren Reiz (z. B. ein anderer Kater draußen) – und greift dann plötzlich den Menschen an, der ihr zufällig zu nahe kommt.4

Verhaltenstipps:

  • Bieten Sie in stressigen Situationen sichere Rückzugsorte an (z. B. erhöhte Liegeplätze oder Höhlen).
  • Vermeiden Sie es, die Katze in solchen Momenten hochzunehmen oder zu bedrängen.
  • Hilfsmittel wie Pheromonsprays können helfen, den Stress zu reduzieren
  • Gewöhnen Sie Ihre Katze durch positive Verstärkung langsam an neue Reize (Desensibilisierung).

Krankheiten

Plötzliche Verhaltensänderungen – auch aggressive Ausbrüche – können medizinische Ursachen haben. Schmerzen durch Arthrose, Zahnprobleme, Abszesse oder neurologische Erkrankungen wie Epilepsie können dazu führen, dass die Katze plötzlich angreift – aus Angst vor Berührung oder weil sie sich bedroht fühlt. Auch altersbedingter kognitiver Abbau, hormonelle Störungen (z. B. Schilddrüse) oder Infektionen können das Verhalten beeinflussen.

Selten kann auch eine Veränderung im Gehirn Ursache für aggressives Verhalten ohne ersichtliche Auslöser sein. In jedem Fall gilt: Plötzliche Aggression ist immer ein Grund für einen gründlichen Tierarztbesuch.

Wann sollte man sich Hilfe holen?

Wenn eine Katze regelmäßig oder heftig angreift, sollte das Verhalten ernst genommen werden – besonders, wenn es zu Verletzungen kommt oder der Alltag der Familie beeinträchtigt wird. Neben der medizinischen Abklärung kann ein zertifizierter Verhaltenstherapeut helfen, die Auslöser zu erkennen und gezielte Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Besonders bei umgeleiteter oder idiopathischer Aggression (Aggression ohne klar erkennbaren Auslöser) ist professionelle Hilfe wichtig – denn solche Katzen können gefährlich werden.

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Fazit: Eine Katze greift nie grundlos an

Auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag – Katzen handeln nicht grundlos aggressiv. Ihr Verhalten ist oft eine Reaktion auf Überforderung, Angst, Schmerzen oder Missverständnisse im Zusammenleben mit dem Menschen. Wer lernt, die Körpersprache der Katze zu deuten, ihre Bedürfnisse zu respektieren und mögliche Auslöser zu erkennen, kann Aggressionen frühzeitig verhindern und das Zusammenleben wieder harmonisch gestalten. Denn hinter jedem vermeintlich „grundlosen Angriff“ steckt eine Katze, die versucht, sich auszudrücken – und gehört zu werden.

Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

Zur Autorin

Dr. Saskia Schneider ist promovierte Biologin. In ihrem Studium an der Freien Universität Berlin widmete sie sich vor allem der Zoologie und dem Verhalten von Tieren. Neben der Ausbildung zur Redakteurin absolvierte sie eine Ausbildung zur Verhaltensberaterin mit Schwerpunkt Katze.

Themen Katzenverhalten

Quellen

  1. maddiesfund.org, „Cat Aggression Toward Familiar People“ (aufgerufen am 24.06.2025) ↩︎
  2. petmd.com, „Why Does My Cat Attack Me Unprovoked?“ (aufgerufen am 24.06.2025) ↩︎
  3. aspca.org, „Aggression in Cats“ (aufgerufen am 24.06.2025) ↩︎
  4. jacksongalaxy.com, „Aggression in cats“ (aufgerufen am 24.06.2025) ↩︎

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