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Körpersprache verstehen

Warum Hunde gähnen, obwohl sie nicht müde sind

Warum Hunde gähnen
Warum Hunde gähnen, dafür gibt es mehrere Erklärungen fernab der Müdigkeit Foto: Getty Images
Ninja Sinke Autorin

06.12.2022, 06:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Gähnen gilt als eine der ansteckendsten Körperreaktionen des Menschen. Bei Hunden kann das Körpersignal ebenfalls häufig beobachtet werden – sowohl im Verhalten gegenüber Artgenossen als auch mit Menschen. Es gibt mehr als eine Vermutung darüber, warum Hunde neben Müdigkeit noch gähnen könnten.

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Das Maul ist weit aufgerissen, die Zunge herausgestreckt, die Augen leicht zusammengekniffen und mitunter ertönt sogar ein lang gezogener, hoher Ton. Im Zusammenleben mit Hunden sieht man die Tiere häufig gähnen. Allerdings befinden sie sich dabei selten im Hundebettchen oder kurz vor dem Einschlafen. Die Gründe für das Gähnen können unterschiedlich sein, oft handele es sich um eine Übersprungshandlung, wie Hundetrainerin Ariane Ullrich auf Anfrage von PETBOOK erklärt. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich mit der Thematik. So sollen Hunde sich vom Gähnen des Menschen anstecken lassen können. Theorien, die das Gähnen bei Hunden auf empfundene Empathie zurückführen, sind jedoch umstritten.

Hunde gähnen mit, aber wohl nicht aus Empathie zum Menschen

Die Wissenschaft hat sich bereits vor einigen Jahren intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob Hunde sich durch ihre Halter zum Gähnen verleiten lassen können. Bereits 2013 konnte eine Studie nachweisen, dass Hunde mitgähnen, wenn ihr Halter gähnt. Da die Tiere dieses aber nur zeigten, wenn sie die Person, die gähnte, kannten, folgerten die Forscher, dass es sich beim Grund für das ansteckende Gähnen um rudimentäre Formen der Empathie handeln könnte.

Wissenschaftlern aus Schweden fanden in ihren Untersuchungen jedoch heraus, dass die emotionale Nähe zum gähnenden Menschen bei Hunden keinen Einfluss auf die Stärke der Ansteckung hat. Auch eine Studie neuseeländischer Forscher aus dem Jahr 2020 kommt zu dem Ergebnis, ansteckendes Gähnen sei kein Signal für Empathie. Denn selbst wenn Hunde das Gähnen eines Menschen nachahmen, sei dies nicht gleichbedeutend mit gegenüber Menschen empfundener Empathie, schreiben die Wissenschaftler. Ansteckendes Gähnen sei zwar vorhanden, könne jedoch nicht durch Empathie vermittelt werden. Diese Annahme unterstützt auch die Hundetrainerin und Verhaltensbiologin Ariane Ullrich. Sie hält zielgerichtetes „Mitgähnen“ von Hunden für nicht sehr wahrscheinlich.

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Gähnen kann der Beschwichtigung anderer Hunde dienen

Hunde zeigen das Körpersignal des Gähnens natürlich nicht nur im Zusammenleben mit uns Menschen. Es ist ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation der Hunde untereinander. Beim Aufeinandertreffen mehrerer (fremder) Hunde kann es schon mal zu einem Konflikt kommen. In diesem Fall werde Gähnen als beschwichtigende Geste eingesetzt, erklärt auch die Hundetrainerin Amy Bender für „The Spruce Pets“. Ist ein Hund sehr dominant, signalisieren andere, passivere Tiere so, dass von ihnen keine Aggression ausgeht. Hunde nutzen das Gähnen daher als Maßnahme gegenüber Artgenossen, um eine Situation zu deeskalieren.

Hunde gähnen, um Stress abzubauen

Latent stressvolle Situationen können ebenfalls ein Auslöser dafür sein, dass Hunde ihr Maul aufreißen und tief durchatmen. Eine japanische Studie aus dem Jahr 2013 unterstützt diese These. Kurzfristig auftretender, starker Verkehrslärm in der Stadt oder andere Belastungen können bei Hunden zu Stress führen und ein Gähnen auslösen. Gähnen kann daher sowohl zum Abbauen von Stress als auch zur Beschwichtigung von Artgenossen eingesetzt werden.

Maul aufreißen und gähnen als Übersprungshandlung?

Befinden sich Hunde in Situationen, die sie nicht sofort einschätzen können und fühlen sich überfordert, kann darauf ein Gähnen folgen. Diese Reaktion der Hunde geschehe in diesem Kontext jedoch unbewusst, erklärt Hundetrainerin und Verhaltensbiologin Ariane Ullrich auf Anfrage von PETBOOK. Der Körper des Hundes prüfe in diesem Moment, was zu tun sei. Das geschehe in Situationen, in denen die Entscheidung des Hundes zwei eher gegensätzliche Verhaltensweisen betreffe. Das könne etwa die Wahl zwischen Weglaufen und Angreifen sein. „Dann kann es dazu kommen, dass ein gänzlich anderes Verhalten entsteht, wie etwa das Gähnen.“

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Hunde gähnen wohl auch, wenn sie sich freuen

Nicht nur aufgrund von Überforderung oder Stress reagieren Hunde mit weit geöffnetem Maul. Ebenso kann das Tier damit Freude ausdrücken. Ein Beispiel dafür ist der anstehende Spaziergang, auf den der Hund nicht nur mit Schwanzwedeln und aufgeregtem hin und her laufen, sondern auch mit Gähnen reagiert. War er alleine zu Hause und begrüßt seinen Halter bei dessen Rückkehr freudig, kann es dabei auch zu gähnen als Reaktion kommen.

Themen Hundeverhalten
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