
18. Juli 2025, 11:18 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Viele Hundehaltern ist es unangenehm, wenn der eigene Hund fremde Menschen anbellt. Oft wirkt das Verhalten, als komme es aus heiterem Himmel, doch es hat in der Regel klare Ursachen. Hundetrainerin Katharina Marioth erklärt, welche Auslöser hinter dem Bellen stecken können, wie man als Halter richtig reagiert – und ab wann das Verhalten problematisch wird.
Verschiedene Arten des Bellens – und was dahintersteckt
Nicht jedes Bellen ist gleich. Um das Verhalten eines Hundes richtig zu deuten, ist es laut Marioth zunächst wichtig, genau hinzuhören – und hinzusehen.
Territoriales Bellen
Eine häufige Ursache dafür, dass Hunde Menschen anbellen, sei territoriales Bellen. Dieses erkenne man an einem tiefen, kräftigen Ton, der deutlich aus dem Brustkorb kommt. Der Hund signalisiere damit: „Das ist mein Bereich – bleib weg!“ Vor allem Rüden verstärken dieses Verhalten oft, wenn sie bei Spaziergängen regelmäßig markieren dürfen. „Das gibt ihnen das Gefühl, das Gebiet gehöre ihnen“, erklärt die Hundetrainerin. Deshalb sei es ratsam, dieses Verhalten nicht unnötig zu fördern.
Bellen aus Unsicherheit
Ein weiterer Auslöser könne Unsicherheit sein. In solchen Fällen bellen Hunde häufig bereits auf Distanz – etwa, weil ihnen eine Person unheimlich erscheint. Auslöser können ungewöhnliche Kleidung, ein humpelnder Gang oder Hilfsmittel wie ein Rollator sein. Marioth rät in diesen Situationen zu positivem Training: „Man kann solche Reize durch Futterbelohnung und gezielte Annäherung weniger bedrohlich machen.“ Besonders effektiv sei dabei die sogenannte Pendeltechnik, bei der man sich einem Reiz vorsichtig nähert und sich wieder entfernt, bevor der Hund auslöst. So lerne der Hund: „Ich muss das nicht regeln, mein Mensch übernimmt das.“
Jagdverhalten
Auch Jagdverhalten kann hinter dem Bellen stecken – in diesem Fall äußere es sich meist in einem schrillen, nervösen Ton, dem sogenannten „Jiffeln“. Hier sei ein spezielles Anti-Jagd-Training gefragt. „Man kann dem Hund eine Ersatzbeute anbieten – etwa einen Dummy oder Beißling – und ihm so ein alternatives Verhalten beibringen“, sagt Marioth. Wichtig sei, das Trainingsmittel individuell auf den Hund abzustimmen.
Ihr Hund bellt Menschen an? So reagieren Sie richtig
Grundsätzlich gilt: Je früher man eingreift, desto besser. Denn sobald der Hund bellt, hat er meist bereits einen Lernerfolg erzielt – der vermeintliche Störenfried entfernt sich, der Hund fühlt sich bestätigt. Marioth erklärt: „Der Hund denkt: Ich belle, der Reiz verschwindet – das funktioniert!“
Stattdessen sei es sinnvoll, den Hund zu belohnen, solange er noch ruhig ist, und ihm beizubringen, sich bei einem Reiz an seinen Menschen zu wenden. Ziel sei es, dass der Hund meldet, wenn ihm etwas auffällt – und dann die Führung abgibt. In selteneren Fällen könne auch das Bellen auf Signal trainiert werden, inklusive eines gezielten Abbruchsignals – dafür brauche es jedoch ein sehr gutes Timing seitens des Halters.
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Was tun, wenn es an der Haustür klingelt?
Viele Hundebesitzer wünschen sich, dass ihr Hund bei der Türklingel zwar anschlägt, dann aber wieder ruhig ist. Doch dieser Wunsch ist laut Marioth nur bedingt realistisch. „Ein Hund kann nicht zählen. Er weiß nicht, dass er nur zweimal bellen darf“, stellt sie klar.
Stattdessen empfiehlt sie, die Klingel von Anfang an mit einem alternativen Verhalten zu verknüpfen – etwa: „Geh auf deine Decke.“ Das lasse sich besonders gut bei jungen Hunden oder Neuankömmlingen etablieren. Wer möchte, könne dem Hund zusätzlich beibringen, auf Signal zu bellen – dann sei das Verhalten steuerbar und diene lediglich als abrufbarer Trick.

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Wenn Bellen zum Problem wird
In bestimmten Fällen kann ständiges Bellen ein Hinweis auf tieferliegende Probleme sein. Vor allem, wenn sich das Verhalten plötzlich entwickelt, sei Vorsicht geboten. „Man sollte immer auch körperliche Ursachen wie Schmerzen in Betracht ziehen“, betont Marioth. Möglicherweise hat der Hund eine unangenehme Verknüpfung zwischen Reiz und Schmerz entwickelt – etwa durch ein verändertes Gangbild.
Auch emotional sei Dauerbellen belastend – für den Hund und für den Menschen. „Ein gestresster Hund erzeugt Stress beim Halter. Das ist keine gute Kombination“, so die Trainerin. Zudem könne das Verhalten eskalieren: Ein territorialer Hund, der sich nicht ernst genommen fühlt, könne beginnen, Menschen anzuspringen oder zu schnappen. Unsichere Hunde reagierten unter Umständen aggressiv auf Nähe. Beim Jagdverhalten könne es im schlimmsten Fall sogar zum Zupacken kommen.
Marioths Rat lautet deshalb: Frühzeitig handeln und notfalls professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Denn je früher man ein unerwünschtes Verhalten erkennt und gezielt gegensteuert, desto besser sind die Chancen auf langfristige Verbesserung – für alle Beteiligten.
Das Interview mit Hundetrainerin Katharina Marioth sehen Sie im Video.
Zur Expertin
Katharina Marioth ist Gründerin der Marke Stadthundetraining und des KEML-Prinzips. Sie ist IHK- und behördlich-zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensgutachterin für gefährliche Hunde des Landes Berlin. In ihrem Daily Business arbeitet sie eng mit Veterinären, Wissenschaftlern und anderen Spezialisten zum Thema Hund zusammen. Mit Ihrem Wissen und Können konnte sie sich in der Sat.1-Sendung „Der Hundetrainer-Champion“ den Titel der Hundetrainerin des Jahres 2023 sichern.