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PETBOOK-Interview

Expertin warnt: »Antibellhalsbänder halte ich für tierschutzrelevant

Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

26. Mai 2025, 17:31 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Bellen gehört zur natürlichen Kommunikation des Hundes – und trotzdem wird es oft als Problem empfunden. Manche Halter greifen dann zu sogenannten Antibellhalsbändern, die mit Wasser oder Duftstoffen arbeiten. Für Hundetrainerin Katharina Marioth ist das nicht nur pädagogisch fragwürdig, sondern sogar ein Fall für den Tierschutz. Im Interview erklärt sie, warum solche Mittel meist mehr schaden als helfen – und wie man besser mit bellenden Hunden umgeht.

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Es wird als schonende, effektive und moderne Trainingshilfe für den Hund beworben. Ein Antibellhalsband soll dem „Vierbeiner einen sanften Hinweis geben, wann übermäßiges Bellen nicht ok ist“. Funktionieren soll das Ganze entweder über Vibrationen oder über Sprühstöße mit Flüssigkeit – mit Zitronenduft, Lavendel oder einfach Wasser. Aber kann das wirklich helfen? Oder schadet es dem Hund eher? Hundetrainerin Katharina Marioth hat eine klare Meinung: Finger weg von Antibellhalsbändern! Warum, erklärt die Expertin für Hundeverhalten im Interview mit PETBOOK.

„Für mich ist das in keiner Weise akzeptabel“

PETBOOK: Katharina, heute sprechen wir das sogenannte Antibellhalsband. Wie funktioniert dieses Gerät – und darf man es überhaupt verwenden?
Katharina Marioth: „Das ist für mich ein sehr emotionales Thema. Ich halte solche Halsbänder für absolut tierschutzrelevant. Man legt dem Hund ein sogenanntes Strafhalsband an, das bei jedem Bellen Wasser versprüht – oft auch noch mit unangenehmen Duftstoffen. Dabei ist die Hundenase ein extrem empfindliches Organ! Und man muss sich vorstellen: Der Hund kommuniziert in erster Linie über Bellen – und wird dafür sofort mit einem Reiz bestraft. Für mich ist das in keiner Weise akzeptabel.“

Aber warum sind solche Geräte dann noch erhältlich? Und wirken sie überhaupt?
„Zum Glück funktionieren sie oft gar nicht so zuverlässig. Ich erinnere mich an einen Schäferhund, der beim Anblick seines Sprühhalsbands sogar Freude zeigte. Er hatte nämlich herausgefunden, dass er mit der Pfote den Sprühmechanismus so verschieben kann, dass der Wasserstrahl an ihm vorbeigeht – und er diesen dann jagen kann. Für ihn war das ein Spielzeug. Das Ergebnis: Er bellte sogar mehr als vorher – und hörte erst auf, wenn der Tank leer war.

Auch interessant: Hund mit Wasser anspritzen, um Bellen abzugewöhnen? Das sagt Hundetrainer André Vogt 

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„Das ist keine Erziehung, das ist reine Symptombekämpfung“

Klingt, als sei das komplette Gegenteil des Gewünschten passiert.
„Genau. Und das zeigt auch, warum ich solche Methoden grundsätzlich ablehne. Sie unterbrechen nur Verhalten, ohne die emotionale Ursache zu verändern. Ich will nicht einmal von ‚Trainingsmitteln‘ sprechen – das ist keine Erziehung, das ist reine Symptombekämpfung.“

Was wäre denn eine sinnvolle Alternative zum Antibellhalsband bei übermäßigem Bellen?
„Das hängt immer vom Einzelfall ab. Manche Menschen möchten, dass ihr Hund kurz anschlägt, wenn es klingelt – aber dann sofort wieder ruhig ist. Aus Hundesicht ist das natürlich unlogisch. Wichtig ist: Warum bellt der Hund überhaupt?

Dafür gibt es viele Gründe:

  • Trennungsangst, also echtes emotionales Leid.
  • Aufmerksamkeitssuche, etwa wenn der Hund bellt, weil er den Ball geworfen haben will.
  • Territoriales Verhalten, etwa bei Fremden an der Tür.
  • Oder auch Frust, weil der Hund ignoriert wird.
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Jede dieser Ursachen verlangt eine andere Herangehensweise. Bei Trennungsangst muss ich langsam und behutsam trainieren – da geht es um Vertrauensaufbau. Beim Territorialverhalten hilft oft gutes Management: Sichtschutz am Zaun, andere Reize setzen, Training mit Besuchssituationen.“

Also geht es beim Bellen nicht um eine Schnelllösung, sondern um Ursachenforschung?
„Ganz genau. Ich finde es extrem wichtig, immer aus der Sicht des Hundes zu schauen: Warum macht er das? Nur dann kann ich gezielt trainieren und langfristig etwas verändern. Und das hat mit Strafreizen wie Sprühhalsbändern nichts zu tun.“

Das gesamte Interview mit Katharina Marioth sehen Sie im Video.

Zur Expertin

Katharina Marioth ist Gründerin der Marke Stadthundetraining und des KEML-Prinzips. Sie ist IHK- und behördlich-zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensgutachterin für gefährliche Hunde des Landes Berlin. In ihrem Daily Business arbeitet sie eng mit Veterinären, Wissenschaftlern und anderen Spezialisten zum Thema Hund zusammen. Mit Ihrem Wissen und Können konnte sie sich in der Sat.1-Sendung „Der Hundetrainer-Champion“ den Titel der Hundetrainerin des Jahres 2023 sichern.

Themen Hundeverhalten Interview

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