
30. April 2025, 15:52 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Tausende Berliner Hundehalter ignorieren die gesetzliche Registrierungspflicht – trotz möglicher Bußgelder von bis zu 10.000 Euro. Warum jeder zweite Hund in der Hauptstadt offiziell gar nicht existiert, obwohl für ihn doch Steuern gezahlt werden.
Die Idee eines verpflichtenden Hunderegisters klingt in der Theorie gut. Hunde können so leichter wiedergefunden werden, wenn sie verloren gehen. Die Registrierung aller Tiere könnte auch endlich mit dem Vorurteil aufräumen, dass einige Hunderassen gefährlicher sind als andere. Denn mit einem funktionierenden Hunderegister könnten Daten erhoben werden, welche Hunde wirklich häufiger zubeißen. Daher sollten im Berliner Hunderegister seit 2022 eigentlich alle Hauptstadthunde eingetragen sein. Allein an der Umsetzung hapert es noch gewaltig. Boykottieren Halter aktiv?
Jeder zweite Hund in Berlin nicht offiziell gemeldet – obwohl für ihn Steuern gezahlt werden
Wie zunächst die B.Z. (gehört wie PETBOOK ebenfalls zu Axel Springer) berichtete, waren den Finanzämtern Berlins 131.258 Hunde gemeldet, für die Halter 2024 die Hundesteuer zahlten. Das seien 182 weniger als im Vorjahr und bedeute den ersten Rückgang seit fünf Jahren. Zum Vergleich: 2019 lag die Zahl noch bei 111.024.
Allerdings ignorieren wohl tausende Berliner Hundehalter weiterhin die gesetzliche Registrierungspflicht – trotz möglicher Bußgelder von bis zu 10.000 Euro. Warum jeder zweite Hund in der Hauptstadt für die Verwaltung scheinbar gar nicht existiert, obwohl für ihn doch Hundesteuer gezahlt wird, zeigt ein Blick in das seit einigen Jahren verpflichtende Berliner Hunderegister.
Denn seit Anfang 2022 sind alle Berliner Hundehalter angehalten, ihre Tiere nicht nur steuerlich, sondern zusätzlich auch im zentralen Hunderegister zu melden. Doch viele ignorieren diese Pflicht – vielleicht sogar bewusst? Von den offiziell bekannten 131.000 Hunden finden sich laut den Informationen der B.Z. nur 66.221 registrierte – also rund die Hälfte.
Verweigern Halter die doppelte Registrierung bewusst?
Die säumigen Berliner Hundehalter sorgten auch in internationalen Medien, wie der britischen Tageszeitung „The Guardian“, für Aufsehen. Aber warum haben so viele Halter ihre Tiere nicht angemeldet? Die Gründe liegen möglicherweise in den zusätzlichen Kosten: Die Online-Registrierung der 12-stelligen Chipnummer kostet 17,50 Euro, per Telefon sogar 26,50 Euro.
Andererseits könnte es auch am Vorgehen der Berliner Regierung liegen. Denn Hundehalter wurden einmalig per Brief aufgefordert, ihr Tier zu registrieren. Und das nicht bei einem etablierten Tierregister wie Tasso oder Findefix vom Deutschen Tierschutzbund. Denn in diesen Registern haben viele Halter ihre Tiere bereits angemeldet, für den Fall, dass sie verloren gehen und wiedergefunden werden müssen.
Stattdessen sollen die Halter ihr Tier nun in einem neuen Register anmelden, für das Berlin den Auftrag an das Unternehmen GovConnect GmbH vergeben hat, wie es auf der Seite des Hunderegisters heißt. Dies gilt allerdings nicht bundesweit wie Findefix, oder sogar europaweit, wie Tasso, sondern nur auf dem Berliner Stadtgebiet.
Von einer bundeseinheitlichen Registrierung aller Hunde ist die Lösung mit dem Tierhaltern unbekannten Unternehmen also ziemlich weit entfernt. Daher dürfte sich bei vielen Haltern auch Frust darüber breitgemacht haben, ihr Tier beim Finanzamt und idealerweise bei Tasso und Findefix längst gemeldet zu haben – und dann noch eine vierte Registrierung vornehmen zu müssen! Denn Tasso und Findefix sind kostenlos und bieten Haltern denselben Service, wie es das Berliner Hunderegister tun würde – nur eben nicht für 17,50 oder 26,50 Euro.
Im Berliner Hunderegister „klafft eine große Lücke“
„Die aktuellen Zahlen zeigen ganz klar: Noch immer klafft eine große Lücke zwischen der Anzahl der steuerlich gemeldeten Hunde und den tatsächlich im zentralen Register erfassten Tieren“, sagte CDU-Rechtsexperte Alexander J. Herrmann der B.Z.
Er warnte außerdem: „Diese Zahl und die große Dunkelziffer der überhaupt nicht steuerlich erfassten Hunde ist nicht nur ein Problem für die Steuergerechtigkeit, sondern erschwert auch die effektive Kontrolle und Sicherheit im öffentlichen Raum.“
Überprüfung der Registrierungen sollen die Ordnungsämter – zusätzlich zu ihren täglichen Aufgaben – übernehmen. Mithilfe spezieller Lesegeräte sollen sie die unter der Haut der Hunde implantierten Transponder auslesen. Auf diese Weise ließen sich nicht nur vermisste Tiere ihren Haltern zuordnen, sondern auch potenziell gefährliche Hunde besser identifizieren.

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Schafft das nächste Bundesland die Rasseliste für Hunde ab?

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Hunderegister könnte helfen, Ruf von „gefährlichen Hunden“ wiederherzustellen
Die Idee eines Hunderegisters könnte bei richtiger Umsetzung sinnvoll sein. Denn aktuell gibt es einen Vorstoß, die sogenannte Rasseliste für gefährliche Hunde in Berlin abzuschaffen (PETBOOK berichtete). Die Daten aus dem Hunderegister könnten hier – wenn es vollständig wäre – den Ruf von American Staffordshire Terrier, Pitbull Terrier und Bullterrier wiederherstellen.
Denn schon jetzt belegt die Bissstatistik der deutschen Hauptstadt, dass diese Tiere weniger häufig zubeißen als andere. Im Jahr 2024 wurden 523 Berliner von Hunden attackiert, davon 97 bedrohlich angesprungen. In 357 Fällen wurden Hunde untereinander aggressiv.
Allerdings belegen Mischlinge, die nicht mit den „Listenhunden“ gekreuzt wurden, Platz 1 auf der Bissstatistik. Mit 248 registrierten Beißvorfällen verursachen sie fast viermal so viele wie alle „gefährlichen Hunde“ der Berliner Rasseliste zusammen.
Anschließend folgt auf Platz 2 der Deutsche Schäferhund mit 47 Vorfällen und ist damit ebenfalls auffälliger als alle gefährlichen Rassen zusammengenommen. Auch der Rottweiler mit 42 Vorfällen überschreitet diese Marke deutlich. Zum Vergleich: Der offiziell „gefährliche“ American Staffordshire Terrier sorgte für 28 Vorfälle, der Pitbull für 14 und der Bullterrier für sieben.