Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für alle Tierbesitzer und -liebhaber
PETBOOK-Interview

TV-Hundetrainer Andreas Ohligschläger: »Ich plädiere für Tierschutz als Schulfach

TV-Hundetrainer Andreas Ohligschläger mit Hunden vor einem Zaun
Andreas Ohligschläger geht es nicht nur darum, Hunde zu trainieren – er möchte die Beziehung zwischen Mensch und Tier verbessern Foto: Andreas Ohligschläger

26.04.2024, 11:06 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Hundetrainer Andreas Ohligschläger ist durch TV-Formate wie „Hunde verstehen“ bekannt geworden. Doch sein Engagement geht weit über das Trainieren von Hunden hinaus. Im PETBOOK-Interview verrät er, warum vor allem der Mensch trainiert werden muss und wie man bereits in der Schule die Weichen für eine gute Mensch-Tier-Beziehung stellen könnte.

Artikel teilen

Andreas Ohligschläger ist seit fast 30 Jahren Hundetrainer und durch TV-Formate wie „Hunde verstehen“ (WDR) oder „Hundetrainer-Champion“ (SAT.1) bekannt. Mit seinem Revier für Hunde in Eschweiler, auf dem Gelände zwischen Hohenstein und Aue, betreibt er zudem die größte Hundetagesstätte Deutschlands. Neben Live-Touren und Fernsehsendungen setzt sich Andreas Ohligschläger vor allem auch im Tierschutz ein. Mit PETBOOK-Autorin und Hundetrainerin des Jahres 2023 Katharina Marioth spricht er über seine Wünsche dafür, das Leben für Hunde in Deutschland zu verbessern und wendet sich sogar mit einem Appell an die Tierschutzbeauftragte der Bundesrepublik.

„Meist geht es eher darum, dass die Menschen unglücklich sind“

PETBOOK: Andreas, wenn du die aktuelle Entwicklung in Deutschland in Bezug auf Hundetraining betrachtest. Wie schätzt du die Situation ein?
Andreas Ohligschläger: „Im Laufe meiner fast dreißig Jahre Berufserfahrung muss ich sagen, dass ich zum Menschentrainer geworden bin. Hunde zu trainieren ist das eine, aber die Menschen zu erreichen, damit diese dann wiederum ihre Hunde erreichen, ist die Kunst im Mensch-Hund-Coach-Bereich, finde ich.

Es gibt viele Menschen, die in der heutigen Zeit ein Problem mit sich selbst haben. Es zeigt sich dann, dass das primäre Problem nicht mit dem Hund besteht. Meist geht es eher darum, dass die Menschen unglücklich mit ihrer Arbeit oder in ihrer Beziehung sind oder generell mit sich unzufrieden. Dies überträgt sich dann emotional ungefiltert auf den Hund und das ist ein großes Problem. Es gilt dann in erster Linie den Menschen zu coachen, nicht den Hund.“

Auch interessant: TV-Hundetrainer Andreas Ohligschläger: »Bedankt euch bei eurem Hund, wenn er euch nervt!

Und in Bezug auf Hunde und Hundetraining in den sozialen Medien. Wie siehst du das?
„Also grundsätzlich finde ich es gut, wenn Menschen unterwegs sind, die versuchen anderen Menschen Tipps zu geben oder ihnen zu helfen. Ich mache mir dann Sorgen, wenn es Menschen gibt, die kaum Kontakt zur Natur, zu Hunden oder zu Tieren in ihrem Leben hatten. Und dann plötzlich sagen ‚Ach ja, ich mach’ jetzt irgendwie eineinhalb Monate eine Ausbildung als Hundetrainer.‘ Dann gehen sie auf die Menschheit und auf die Hunde los und coachen Menschen. Man braucht zum Coachen für Menschen-Hund-Teams Fingerspitzengefühl, vor allem aber ‚Pfotenspitzengefühl‘.

Es gibt viele gute Hundetrainerinnen und -trainer. Viele sind mir dennoch zu sehr am Hund, denn wenn wir primär nur mit dem Hund arbeiten, erreichen wir noch lange nicht den Hundehalter. Einem Hund im Jahr 2024 ‚Sitz, Platz, Fuß‘ beizubringen ist keine Kunst. Das Verhältnis Mensch-Hund und Coach-Mensch-Hund muss stimmen.“

„Menschen kennen ihre Hunde kaum noch“

Du bist ja auch im Fernsehen sehr präsent. Wie sähe deine ideale Sendung in Bezug auf Hundetraining im TV aus?
„Ich würde den Menschen erst mal die Sprache der Hunde näherbringen wollen. Ich würde mehr auf die hündische Kommunikation eingehen und auch auf verschiedene Hundetypen. Daher wünsche ich mir, dass wir zeigen, dass wir Menschen darin coachen, Hunde besser zu verstehen und zu lernen, sie besser zu lesen. Auch in Bezug darauf, wie eigentlich so ein Hund tickt, welche Bedürfnisse er hat und wie wir Menschen lernen, unsere Hunde besser deuten zu können.

Menschen kennen ihre Hunde kaum noch. Der Fairness halber würde ich beim Coachen auch den Hund einmal zu Wort kommen lassen. Und wir dürfen die Charaktereigenschaften eines Hundes nicht vergessen. Überlegt vorher, welche Rassen ihr euch ins Haus holt und beschwert euch dann nicht darüber, dass die Verhaltensweisen vom Hund euch auf die Nerven gehen. Darauf würde ich viel lieber tiefer eingehen und auf das Coaching der Menschen. Welcher Hund passt überhaupt in mein Leben oder passt überhaupt einer in mein Leben? Darauf würde ich gerade im Fernsehen Schwerpunkte setzen.“

„Ich plädiere für ein Schulfach ‚Tierschutz‘ oder ‚Umgang mit Tieren‘“

Angenommen, du hättest drei Wünsche frei, mit denen du das Leben von Hunden in Deutschland verbessern könntest. Welche wären das?
„Erstens: Weg vom unnötigen Züchten einiger Rassen, hin zum Tierschutzhund. Ganz klar: Die Tierheime müssen besser unterstützt werden, die Menschen dort auch besser bezahlt werden.

Als Zweites würde ich mir wünschen, dass wir zeitgemäß mehr am Menschen trainieren als am Hund, damit Menschen auch für Hunde berechenbarer werden.

Ein dritter Wunsch wäre, dass wir uns wieder ein Stück mehr auf unsere Instinkte verlassen und wir respektvoller und harmonischer miteinander umgehen – und dass wir uns wieder mehr mit den Herzen begegnen als mit den Köpfen.“

Du hast auch einen politischen Appell an die Deutsche Tierschutzbeauftragte …
„Ich plädiere für ein Schulfach ‚Tierschutz‘ oder ‚Umgang mit Tieren‘. Das sollte dringend in die Kindergärten und Schulen. Man könnte doch ein Jahr auf Erdkunde verzichten und dafür den Umgang mit Tieren lehren. Etwa, woher kommt das Fleisch, das ich esse? Wie gehe ich artgerecht mit welchen Tieren um? Das sind doch Themen, die nachhaltig sind.

Dazu gehört für mich auch, mit Kindern Tierheime zu besuchen oder Schulhunde noch weiter zu etablieren. Allgemein lautet mein Appell, ein Bewusstsein für Tiere zu schaffen. Mir ist egal, ob jemand Fleisch isst oder sich vegetarisch oder vegan ernährt. Ich glaube, die Welt funktioniert nicht über Verbote, sondern über Gespräche und Aufklärung.“

Mehr zum Thema

„Mich hat noch niemand gefragt, warum ich so mit Menschen und Hunden arbeite“

Du hast bestimmt schon unzählige Interviews geführt. Gibt es eine Frage, die dir noch nie gestellt wurde und die du dir wünschen würdest, dass du sie gestellt bekommst und dann beantworten darfst?
„Mich hat noch niemand gefragt, warum ich so mit Menschen und Hunden arbeite oder wie ich dazu komme, mit Menschen und Hunden so zu sein, wie ich es seit vielen Jahrzehnten bin.“

Magst du die Frage beantworten?
„Weil ich mich liebe, weil ich die Natur liebe, weil ich die Menschen liebe, weil ich die Hunde liebe. Das ist die Basis von allem, was ich tue. Ich gebe jedem Lebewesen die Chance, noch einmal neu durchzustarten. Auch wenn er/sie/es Fehler gemacht hat im Leben. Ich nehme mich da gar nicht raus. Ich bin ein Riesenfreund der Selbstreflexion. Das heißt, wenn mich etwas an einer Person – zum Beispiel dir (lacht) – stören würde, frage ich mich zuerst: Was triggert das denn in mir? Und fange bei mir an und nicht bei dir. Genauso gehe ich mit meinen Mensch-Hund-Teams um. Fair, ehrlich, sensibel und vertrauensvoll.“

Themen Interview
Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale-Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.