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Reptilienauffangstation berichtet

Attacke auf Wasserschildkröte in München! Tierärztin spricht von „Gewaltexzess“

Cumberland-Schmuckschildkröte auf einem Stein
In München wurde eine Cumberland-Schmuckschildkröte schwerstverletzt aufgefunden (Symbolbild) Foto: picture alliance / Hippocampus Bildarchiv | Frank Teigler
Dennis Agyemang
Redakteur

27. Mai 2025, 17:28 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Vorfall dürfte der Fachtierärztin Sabine Öfner und ihrem Team wohl nie wieder aus dem Kopf gehen. In der Reptilienauffangstation in München wurde eine schwerverletzte Schildkröte eingeliefert, die lebensgefährlich mit einem Messer verletzt worden war. Laut Polizeibericht hat der Täter die Schildkröte entführt, misshandelt und dann versucht, sie zu essen. Nun ist das Tier tot.

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„Wir haben einen Anruf im Notdienst erhalten“, erinnert sich Sabine Öfner, Fachtierärztin für Reptilien und tierärztliche Leiterin der Reptilienauffangstation München, im Gespräch mit PETBOOK. Demnach habe eine Tierarztpraxis am Vortag von der Polizei eine schwer verletzte Wasserschildkröte übernommen. „Der Vorbericht lautete, dass ein Mann das Tier misshandelt hatte – er soll es getreten, auf den Boden geworfen und mit einem Küchenmesser attackiert haben.“ Als die Polizei eintraf, habe der Mann erklärt, er habe die Schildkröte essen wollen.

„Es war ein Gewaltexzess!“

Der Anblick, der sich der Veterinärin im Anschluss bot, war mindestens genauso verstörend wie die Geschichte selbst. Doch was genau war passiert? „Angeblich hat er die Schildkröte aus einem Gartenteich gestohlen, über den Zaun gegriffen und ist zunächst mit ihr spazieren getragen. Später kam es dann zu der Misshandlung.“ Diese muss extrem gewesen sein, betont die Tierärztin. Über die psychische Verfassung des Täters oder ob Drogen im Spiel waren, gibt es bislang keine Informationen. Was sich aber laut Sabine Öfner klar sagen lässt: „Es war ein Gewaltexzess!“

So seien gleich mehrere Notrufe bei der Polizei eingegangen, „was zeigt, dass die Tat öffentlich wahrgenommen wurde“, erklärt die Veterinärin. „Die Gewalt muss enorm gewesen sein.“ Sie hat recherchiert, wie viel Kraft notwendig ist, um einen Schildkrötenpanzer zu zerstören. Und sie liegt im Bereich der Beißkraft eines Jaguars. Konkret beträgt diese etwa 1500 bis 2000 PSI (Pfund pro Quadratzoll) und macht den Jaguar nach Löwe, Tiger und Hyäne zum Tier mit der vierthöchsten Beißkraft. Dies verdeutliche die Brutalität der Tat, so Öfner.

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Attacke auf Schildkröte endet tötlich

Die Verletzungen der Schildkröte seien massiv gewesen. Daher habe der Tierarzt, zu dem die Polizei das Tier zuerst gebracht hatte, zwar eine Erstversorgung gemacht und Schmerzmittel gegeben. Aufgrund der Komplexität der Verletzungen habe er das Tier dann aber zur weiteren Versorgung zur Münchner Reptilienauffangstation gebracht. „Der Panzer war an der sogenannten Brücke vollständig gebrochen und teilweise nach innen eingeklappt und nur noch durch Haut zusammengehalten“, berichtet Öfner.

Doch nicht nur das. So habe die Cumberland-Schmuckschildkröte massive innere Verletzungen, unter anderem eine Einblutung in der Lunge und Verletzungen an den serösen Häuten, also den Organhäuten, gehabt. Trotz größter Bemühungen und der Gabe von Opiaten sei das Tier dann wenige Stunden nach Einlieferung einen vermutlich qualvollen Tod gestorben. „Sie hatte Blut in der Lunge, was einem innerlichen Ersticken gleicht. Wir haben Schmerzmittel, auch Opiate, eingesetzt, die vermutlich gut gewirkt haben.“ Doch wie gut diese tatsächlich bei Schildkröten wirken, lässt sich nicht genau sagen, da die Studienlage hier noch sehr dünn sei, räumt die Veterinärin ein.

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Wurde die Schildkröte bei Privatpersonen aus dem Garten entführt?

Eine weitere Frage, die sich stellt, ist die Herkunft der männlichen Cumberland-Schmuckschildkröte. Woher kam das Reptil? Was sich wohl ausschließen lässt ist, dass das ausgewachsene Tier, das die Veterinärin auf etwa 20 Jahre schätzte, dem Täter gehört hat. Allerdings konnte bisher nicht geklärt werden, ob die Schildkröte aus dem Teich einer Privatperson entwendet wurde oder ob es sich um ein ausgewildertes Exemplar handelt. Beides sei möglich, erklärt Sabine Öfner. „Bislang haben wir keine Rückmeldung von der Polizei erhalten. Es wurde in der Nachbarschaft nach Gartenteichen gesucht, aber es hat sich niemand gemeldet, der das Tier vermisst.“

Es sei aber auch denkbar, dass die verstorbene Schildkröte gar keine Besitzer hatte und wild gelebt hat. Denn die Cumberland-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta troostii) gilt als eine Unterart der Buchstabenschildkröten, die eigentlich in den USA heimisch sind. „Diese Art, Trachemys scripta, ist als invasive Art in Europa gelistet“, erklärt die Reptilienexpertin im Gespräch mit PETBOOK.

„Sie wurde früher häufig verkauft und wird oft ausgesetzt. Viele leben heute in freier Natur, verdrängen dort heimische Arten wie die Europäische Sumpfschildkröte und fressen nahezu alles – von Laich bis hin zu Insekten.“

Doch egal, ob Heim- oder Wildtier – Sabine Öfner und ihr Team fordern Gerechtigkeit für die Schildkröte und haben den Täter wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz angezeigt.

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