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Tipps und Hilfe

Verletztes Wildtier gefunden – das sollte man tun

Ein kleiner Igel sitzt im Gras
Ein verletztes Wildtier, wie zum Beispiel einen Igel, darf man nur unter bestimmten Bedingungen aus der Natur entnehmen Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

16.09.2022, 19:17 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Findet man ein verletztes Wildtier, ist bei vielen die erste Reaktion: schnell helfen! Doch wie erkennt man, ob ein Tier wirklich die Hilfe des Menschen braucht? PETBOOK erklärt, was man bei der Wildtierrettung beachten muss und an wen man sich im Zweifelsfall wenden kann.

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Ein verletztes Reh liegt am Straßenrand? Ein Jungvogel sitzt laut piepsend auf der Straße und kann nicht wegfliegen? So mancher möchte dem vermeintlich hilfebedürftigen Tier dann sofort helfen. Doch in welchen Fällen sollte man das tatsächlich – und wie? Und was gilt es sonst noch zu beachten, wenn man ein verletztes oder hilfloses Wildtier entdeckt?

Was sollte ich tun, wenn ich ein verletztes Wildtier finde?

Jedes Wildtier sollte zunächst aus sicherer Entfernung beobachtet werden, denn verletzte oder kranke Tiere können eine Gefahr für den Menschen und sich selbst darstellen. Wildschweine reagieren aggressiv, sobald sie einen Menschen riechen und verteidigen sich mitunter bis aufs Blut. Rehe werden großem Stress ausgesetzt, wenn sie durch eine Verletzung ihrem natürlichen Fluchtreflex nicht nachgehen können. Im schlimmsten Fall ist es möglich, dass sich ein Tier noch weiter verletzt bei dem Versuch, vor dem Menschen zu fliehen.

Auch kann es sein, dass Wildtiere Krankheiten haben, die auf den Menschen übertragbar sind. Im Idealfall berührt man ein Wildtier daher nicht. Bei Rehkitzen ist dies sogar besonders wichtig, damit sie von ihrer Mutter wieder angenommen werden. Am besten meldet man das verletzte Wildtier direkt, nachdem man es gefunden hat, und fragt Experten nach weiteren Informationen.

Wen muss ich benachrichtigen, wenn ich ein verletztes Wild gefunden habe?

Viele Wildtiere unterliegen dem Jagdrecht und im Zweifelsfall muss dann der zuständige Jäger entscheiden, was zu tun ist. Handelt es sich zudem um verletztes Wild, das im Straßenverkehr aufgefallen ist, sollte man zudem in jedem Fall die Polizei verständigen und die Unfallstelle absichern, wenn das Tier bei einem Unfall verletzt wurde.

Andere Tiere fallen nicht unter das Jagdrecht, darunter Eichhörnchen, Fledermäuse, Igel, Mauersegler und viele Singvögel wie z. B. Schwalben. In diesen Fällen kann man auch einen Tierarzt anzurufen. Handelt es sich wirklich um einen Notfall, ist er dazu verpflichtet, sich um das Tier zu kümmern. Jedoch ist es möglich, dass die Kosten der Behandlung selbst zu tragen sind. Eine weitere Möglichkeit ist, Tierschutzvereine oder Wildtierstationen zu kontaktieren, sofern es welche in der Nähe gibt.

Woran erkenne ich, ob ein Wildtier wirklich Hilfe braucht?

Generell sollte man nur eingreifen und Hilfe rufen, wenn das Tier offensichtlich nicht in der Lage ist, sich selbst zu helfen und tatsächlich in Not zu sein scheint. Dies gilt bei:

  • Tieren, die wegen offensichtlicher Verletzungen nicht weglaufen oder fliegen können
  • einem Tier, das apathisch wirkt oder sogar bewusstlos ist
  • einem Tier, das viel zu dünn ist
  • Tieren, die wegen Kälte und/oder Schock zittern
  • Jungtieren, die nach mehreren Stunden noch immer am gleichen Platz sitzen
  • Jungtieren ohne Federn oder Fell
  • einem Tier, das in der Nähe oder direkt auf einer Straße liegt
  • Tieren, die von einem Hund oder einer Katze angegriffen wurden, auch wenn sie nicht sichtbar verletzt sind

Wer sich unsicher ist, ob ein Tier Hilfe benötigt, findet Unterstützung beim Wildtierschutz, der eine Übersicht mit wichtigen Erstinformationen über verschiedene Arten und lokale Auffangstationen für Wildtiere bietet.

Was muss ich bei der Erstversorgung eines verletzten Wildtieres beachten?

Entscheiden Sie sich nach dem Beobachten der Situation und ggf. einer Rücksprache mit einem Experten dazu, das Tier selbst zu retten, sollte man wissen: Wildtiere haben meist Todesangst, wenn sie hilflos und verletzt sind. Trägt man daher keine dicken Handschuhe oder wickelt das Tier in ein Handtuch ein, kann es sein, dass es sich durch Beißen und Kratzen verteidigt und man selbst Verletzungen erleidet.

Die meisten Wildtiere sind, wenn sie wirklich Hilfe benötigen, unterkühlt. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, das Tier in eine Decke zu wickeln oder je nach Größe in einen Karton oder eine abgedeckte Kiste setzen. So beruhigen sie sich und sind außer Gefahr, bis Hilfe eintrifft. Gesicherte Kleintiere kann man so auch zum Tierarzt oder einer Auffangstation fahren.

Gut zu wissen: Obwohl relativ klein, unterliegen auch Feldhasen und Wildkaninchen dem Jagdrecht. Jedoch ist das Tierschutzgesetz dem Jagdrecht übergeordnet. Im Zweifelsfall steht das Wohl des Tieres an erster Stelle.

Auf keinen Fall sollte man ein Wildtier direkt nach der Rettung füttern, denn Fütterungsfehler können im schlimmsten Fall zum Tod führen. Dem Tier sollte auch nicht in allen Fällen direkt etwas zu trinken angeboten werden, hier gilt wieder die Faustregel: Zuerst einen Experten kontaktieren und sich dazu belesen.

Was mache ich, wenn ich einen verletzten Vogel gefunden habe?

Wildvogelrettung gestaltet sich meist schwieriger, als wenn man einem kleinen Säugetier hilft. Viele Vogelarten unterliegen zudem Jagdrecht, das bedeutet, dass umgehend ein Jäger verständigt werden muss. Bei vielen Greifvogelarten ist es für Laien ohnehin sehr schwierig, Hilfe zu leisten.

Befindet sich ein Greifvogel in einer akuten Notlage, und man kann nicht auf das Eintreffen des alarmierten Jägers warten, sollte man sich dem Tier langsam und am besten außerhalb des Sichtfeldes nähern. Fangen sollte man sie dann mit einem Handtuch, einer Decke oder einer Jacke. Ist das Tier im Dunkeln, beruhigt es sich meistens schnell.

Schnabel und Klauen sollten durch Festhalten fixiert werden, damit das Tier sich nicht bei einem Fluchtversuch weiter verletzt. Auf keinen Fall sollte man nach den Federn des Tieres greifen. Werden Federn oder Flügel beschädigt, kann dies zur Flugunfähigkeit führen.

Greifvögel und Eulen sollten zu einem auf Vögel spezialisierten Tierarzt gebracht werden, wenn kein Jäger zu erreichen ist. Dieser kann abwägen, ob das Tier in eine Auffangstation muss oder ob es nach kurzer Behandlung wieder entlassen werden kann.

Ein anderer Fall sind aus dem Nest gefallene Jungvögel. Entgegen der landläufigen Meinung sind sie meist kein Fall für eine Wildtierrettung. Ein Ästling stößt Rufe aus, um Altvögel zu sich zu locken, die ihn dann zurück ins Nest bringen. Sollte sich doch nach mehreren Stunden der Beobachtung herausstellen, dass der Jungvogel tatsächlich verwaist ist, sollte man eingreifen. Die Wildvogelhilfe bietet einen Überblick über lokale Auffangstationen.

Bei der Rettung eines Vogels ist es wichtig, den genauen Standort zu benennen, damit die Tiere nach der Genesung in ihrem angestammten Gebiet wieder ausgewildert werden können. Gerade Jungvögel haben so die Möglichkeit, es zu ihrem Nest zurückzuschaffen und natürlich von ihren Eltern großgezogen zu werden. Aber auch Altvögel sollten nach ihrer Heilung wieder im gewohnten Gebiet ausgesetzt werden.

Auch interessant: Sollte man Wildvögel das ganze Jahr über füttern?

Darf ich ein verletztes Wildtier mit nach Hause nehmen?

Wildtiere ohne triftigen Grund aus der Natur zu entfernen ist laut § 39 des Bundesnaturschutzgesetzes eine Straftat, gleichgestellt mit Wilderei. Dies kann Bußgelder von bis zu 50.000 Euro nach sich ziehen.1

Daher ist es nur in absoluten Ausnahmefällen und zum Aufpäppeln von einigen kranken Wildtierarten erlaubt, diese mitzunehmen. Dies gilt unter anderem für Igel, Jungvögel oder Eichhörnchen. Die Pflege dieser Tiere erfordert jedoch große Sachkenntnis und in den meisten Fällen sind sie in einer Wildtierauffangstation besser aufgehoben. Eine Übersicht über die regionalen Stationen bietet unter anderem der NABU.

Es kann jedoch vorkommen, dass die Auffangstationen im Moment keinen Platz für ein krankes Tier haben und man sich zumindest für einige Tage um das verletzte Tier kümmern muss.

Wildtiere aufpäppeln: Was muss ich beachten?

Das Aufpäppeln von verletzten Tieren ist außerhalb der Wildtierstationen nur in Ausnahmefällen gestattet. Eine solche Ausnahme besteht, wenn man im Winter einen verletzten oder unterernährten Igel findet. Wenn man vorhat, ein Tier aufzupäppeln, sollte man sich in jedem Fall beraten lassen, und das Tier nach der Genesung wieder in die Freiheit entlassen.

Igel aufpäppeln

Igel gelten als besonders schützenswerte Tiere, da sie immer mehr ihres natürlichen Lebensraums an Menschen verlieren. Die Igel-Hilfe ist aber unter bestimmten Umständen erlaubt. Unter anderem klärt der Bund Naturschutz in Bayern über die Möglichkeiten auf, den Tieren im eigenen Garten zu helfen. Hilfe und Beratung für die Igelrettung findet man auf der Seite des Igelvereins oder der bundesweiten Igel-Hotline 01805/555 95 51.

Die artgerechte Ernährung eines Igels besteht größtenteils aus Insekten. Es gibt jedoch auch Igel-Futter, das die essenziellen Nährstoffe für die Kleinsäuger enthält. Auch bei der Zusammenstellung des richtigen Futters sollte man einen Experten zurate ziehen und sich gründlich informieren, um Mangelernährung zu vermeiden. Auf keinen Fall sollte man Igeln Milch oder Obst anbieten, um sie aufzupäppeln, da beides schlimme Folgen für den Stoffwechsel der Tiere haben kann.

Jungvögel aufpäppeln

Man kann Jungvögel per Hand aufziehen, jedoch ist das nicht empfehlenswert, da die Tiere eine Vollzeitbetreuung mit Spezialfutter benötigen. Die Wildvogelhilfe hat jedoch hilfreiche Tipps für die Handaufzucht. Man sollte jedoch bedenken, dass Jungvögel, die von Menschen aufgezogen wurden, eine recht lange Auswilderungsphase haben und erst wieder lernen müssen, wie man in der Natur überlebt und sich mit Artgenossen sozialisiert.

Eichhörnchen helfen

Ist ein junges Eichhörnchen aus dem Kobel gefallen und befindet sich in einer Notlage, sucht es nicht selten Hilfe von Menschen. Hilfebedürftige Eichhörnchen muss man warmhalten und mit tropfenweise warmem Wasser oder ungesüßtem Kräutertee versorgen, bis Hilfe kommt. Junge Hörnchen sind noch sehr unselbstständig und schaffen es meist nicht von sich aus, Urin abzulassen. Ein schnelles Eingreifen von Experten ist daher gefordert. Der Eichhörnchen-Notruf bietet Hilfe und Unterstützung beim Aufpäppeln.

Kann ein Wildtier, das ich wieder aufgepäppelt habe, mein Haustier sein?

Hat man ein Wildtier gepflegt und liebgewonnen, stellen sich viele Tierliebhaber die Frage, ob die Tiere nun nicht domestiziert sind und als Haustiere gehalten werden können? Die klare Antwort darauf: Nein.

Für Wildtiere gelten Besitz- und Zugriffsverbote nach Bundesnaturschutzgesetz § 44, denn ein Wildtier gehört in die Natur, sobald es gesund genug ist und wieder selbst für sich sorgen kann. Wildtiere stehen unter Artenschutz und müssen also schnellstmöglich wieder in die Freiheit entlassen werden, denn nur so können sie artgerecht leben.2

Manchmal kann sich die Wiederauswilderung als schwierig erweisen, besonders nach langer Krankheit, während derer die Tiere auf die Hilfe der Menschen angewiesen waren. Hat man über den Winter bspw. einen Igel versorgt, empfiehlt es sich, die Menge an Futter im Frühjahr langsam zu reduzieren, damit das Tier wieder seiner eigenen Wege geht und in die Freiheit zurückkehrt.

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Quellen

Themen Heimische Wildtiere
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