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Studie zeigt

Mutierte Wölfe von Tschernobyl sind gegen Krebs resistent

Wölfe streifen durch ein verlassenes, kleines Dorf in der Nähe von Tschernobyl
Wölfe können heute frei durch die Umgebung von Tschernobyl streifen und bekommen nicht einmal Krebs durch die ständige Strahlenbelastung Foto: Getty Images / Film Studio Aves
Louisa Stoeffler
Redakteurin

12.02.2024, 12:52 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten

Am 26. April 1986 nahm eine der schwersten Reaktorkatastrophen aller Zeiten ihren Anfang. Seitdem ist der Ort Tschernobyl von Menschen verlassen – doch nicht von anderen Lebewesen. Viele Tiere und Pflanzen haben sich an das Leben in der radioaktiven Sperrzone angepasst. Die Wölfe von Tschernobyl sogar so sehr, dass sie scheinbar Resistenzen gegen Krebs entwickelt haben.

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Das Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine steht wie kein anderes für die Zerstörung, die Atomunfälle ausrichten können. Circa 100.000 Menschen wurden 1986 aus der Umgebung des Kraftwerks evakuiert und sind seitdem nicht zurückgekehrt. Doch die hohen Strahlenwerte der Umgebung halten zumindest Tiere nicht davon ab, sich die Gegend um die verlassene Stadt Pripjat und die alten Atommeiler zu eigen zu machen. Nicht nur eine Population halb verwilderter Hunde entwickelt sich dort prächtig, sondern auch ihre direkten Vorfahren. Laut einer Studie haben die Wölfe von Tschernobyl sogar mithilfe bestimmter Mutationen eine Resistenz gegen Krebs entwickelt.

Mutationen der Wölfe aus Tschernobyl könnten bahnbrechende Fortschritte für die Krebsforschung bedeuten

Dr. Cara Love, Evolutionsbiologin und Ökotoxikologin an der Princeton University in den USA, war mit ihrem Team seit 2014 vor Ort und hat die Wolfspopulation in Tschernobyl untersucht. Unter anderem nahm das Team Proben des Blutes der Tiere und statteten sie mit GPS-Trackern aus. In diesen GPS-Halsbändern befanden sich außerdem Dosimeter, mit denen die Forscher die radioaktive Belastung der Tiere erfassen konnten.

Es zeigte sich, dass die Wölfe in Tschernobyl und Umgebung 11,28 Millirem an Strahlung ausgesetzt sind. Dieser Wert ist sechsmal höher als die Richtlinie im Sicherheitsstandard für Menschen, die in einem Kernkraftwerk arbeiten. Sie potenziert sich sogar noch in den viel kleineren Körpern der Wölfe. Eigentlich würde man erwarten, dass die Tiere mehrere Arten von Krebs und verschiedene Tumore entwickeln. Diese Belastung halten die Wölfe jedoch jeden Tag ihres Lebens aus. Ohne, dass sich ihre Zellen verändern.

Warum das so ist, wollen Love und Kollegen auch anhand von Wölfen untersuchen, die sich außerhalb der Sperrzone aufhielten. So haben sie herausgefunden, dass die Tiere innerhalb des Sperrkreises Mutationen in ihrem Immunsystem zeigen. Diese ähneln denen von Menschen, die gerade eine Chemotherapie durchlaufen. Obwohl Mutationen Krebs eigentlich begünstigen, scheinen diese jedoch tatsächlich sehr nützlich für die Tiere, und senke ihr Tumorrisiko, anstatt es zu steigern. Die Forscher konnten sogar bestimmte Gene im Wolfsgenom sequenzieren, die resistent gegen Krebszellen geworden sind.

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Forschung an Wölfen in Tschernobyl liegt seit Jahren auf Eis

Die Anpassung der Wölfe ist jedoch nicht die einzige, die im Sperrkreis von Tschernobyl beobachtet werden konnte. Auch die DNA der dort lebenden Hunde hat sich den Gegebenheiten angepasst. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in diesem Artikel: So haben sich die Hunde in Tschernobyl genetisch verändert.

Beide Studienreihen an den Hunden und Wölfen Tschernobyls könnten auf Dauer helfen, die Entwicklung von Krebs besser zu verstehen. Denn die Zellen der Tiere kämpfen auf ähnliche Art wie die von Menschen gegen Mutationen und Tumore. Somit könnten diese Forschungen auch wichtige Erkenntnisse für die Humanmedizin liefern.

Leider ruht die Forschung in Tschernobyl jedoch seit Ausbruch der Corona-Pandemie und wird durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zusätzlich erschwert. „Unsere Priorität ist, dass die Menschen und Mitarbeiter dort so sicher wie möglich sind“, sagte Love in einer Pressemitteilung. Jedoch finde die Forschung in keinem Vakuum statt und sei noch gefährlicher geworden, da in den abgeschiedenen Landstrichen um Tschernobyl nun auch noch Landminen auf den bereits verstrahlten Feldern gelegt worden seien. Es scheint also, als ob die Hunde und Wölfe von Tschernobyl das Geheimnis um ihre Resilienz gegenüber Radioaktivität noch etwas länger für sich behalten würden.

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