
14. Mai 2025, 16:57 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Ein Moment, wie er seltener kaum sein könnte: Eine der größten Schnecken der Welt wird erstmals dabei gefilmt, wie sie ein Ei legt – aus einer Körperöffnung am Hals. Die spektakuläre Szene war Zufall, ist für den Artenschutz aber von enormem Wert.
Die neuseeländische Umweltbehörde Department of Conservation (DOC) hat zum ersten Mal gefilmt, wie eine seltene, fleischfressende Schnecke der Art Powelliphanta augusta – auch bekannt als Mount-Augustus-Schnecke – ein Ei über eine Öffnung am Hals legt. Der ungewöhnliche Moment ereignete sich während einer routinemäßigen Gewichtskontrolle der durch akute Bedrohungen in Gefangenschaft gehaltenen Tiere. Dabei schob sich plötzlich ein kleines, weißes Objekt aus der Halsregion der Schnecke.
Jahrzehntelanges Artenschutzprojekt soll bedrohte Schnecke retten
Die Mount-Augustus-Schnecke gehört zu den größten Landschnecken der Welt. Sie kann etwa die Größe eines Golfballs erreichen, wächst sehr langsam und kann mehrere Jahrzehnte alt werden. In Gefangenschaft leben manche Exemplare bereits seit 25 bis 35 Jahren. Ihre Nahrung besteht aus Regenwürmern und Nacktschnecken, die sie laut DOC wie Spaghetti aufsaugen. 1
Bei einer Routineuntersuchung von Schnecken in Hokitika auf der Südinsel Neuseelands wurde nun das überraschende Ereignis dokumentiert: Ein Ei schob sich sichtbar aus dem Körper der vom Aussterben bedrohten Mount-Augustus-Schnecke. Das allein wäre für die Art, die fast ihres kompletten Lebensraumes beraubt wurde, schon bemerkenswert genug. Allerdings gebar die Schnecke ihr Ei nicht irgendwo, sondern aus ihrem Hals heraus.
Die Entdeckung ist ein Meilenstein, denn obwohl die Tiere seit beinahe zwei Jahrzehnten in Gefangenschaft beobachtet werden, konnte zuvor keine Eiablage dokumentiert werden. Kath Walker, leitende wissenschaftliche Beraterin des DOC, erläuterte in einer Mitteilung, dass es sich bei den Tieren um Zwitter handelt, die über eine Genitalpore am Hals verfügen.
Vom Berg ins Kühlregal – Rettung unter widrigen Bedingungen
Diese anatomische Besonderheit ermögliche es ihnen, zur Fortpflanzung in ihrem Gehäuse zu bleiben: „Er streckt seinen Penis aus dieser Pore heraus und in die Pore seines Partners hinein, und sein Partner tut dasselbe und tauscht gleichzeitig Spermien aus, die sie speichern können, bis sie die empfangenen Spermien befruchten, um Eier zu erzeugen“, sagte Walker. Auch bei anderen Schneckenarten sei dieses Fortpflanzungsverhalten zu beobachten, wenngleich einige lebend gebären.
Vor Beginn des Projekts zur Erhaltung der Art war über die Lebensweise der Powelliphanta-Schnecken kaum etwas bekannt. Heute gilt das Erhaltungsprogramm als ausschlaggebend für das Überleben der Tiere. Seit 2006 hält die Behörde die gefährdete Schneckenart in gekühlten Containern. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte das Bergbauunternehmen Solid Energy begonnen, ihren einzigen natürlichen Lebensraum auf dem Mount-Augustus-Kamm abzutragen.
Schnecken sollen wieder ausgewildert werden
Die Genehmigung des Projekts trotz massiver Proteste und rechtlicher Auseinandersetzungen sorgte seinerzeit für große öffentliche Empörung. Etwa 4000 Schnecken wurden in benachbarte Gebiete umgesetzt. Weitere 2000 dienten als Grundstock für die Zucht in Gefangenschaft, um die genetische Vielfalt zu erhalten. So soll ein Aussterben der Art verhindert werden. Ein Rückschlag ereignete sich 2011, als rund 800 Tiere infolge eines technischen Defekts in einem DOC-Kühlschrank starben.
Im März 2025 befanden sich laut Behörde 1884 Schnecken aller Altersstufen und 2195 Eier in Gefangenschaft. Zudem etablierten die Artenschützer neue Kolonien in der freien Natur und überwachen deren Entwicklung kontinuierlich, um die Bildung stabiler Populationen sicherzustellen.
Lisa Flanagan, Rangerin des neuseeländischen Department of Conservation (DOC), betreut die Schneckenpopulation bereits seit über zwölf Jahren. Sie berichtet: „Es ist bemerkenswert, dass wir in all der Zeit, in der wir uns um die Schnecken kümmern, noch nie gesehen haben, wie eine ein Ei legt. Ich liebe es einfach, ihren Fortschritt jeden Monat zu beobachten, sie zu wiegen, zu sehen, wie sich ihre Gehäuse entwickeln und all die interessanten Dinge, die sie tun“, sagt Flanagan über ihre Arbeit mit den Schnecken, die sie anfangs selbst nie so erwartet hätte.