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Studie

„Extrem seltenes Ereignis“ erklärt, warum es drei eierlegende Säugetiere gibt

Ein Langschnabeligel kriecht auf den Boden
Der Kurzschnabeligel gehört zu den Ameisenigeln, darüber hinaus ist er eines von nur drei Säugetieren, die Eier legen Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

6. Mai 2025, 11:13 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Normalerweise bringen Säugetiere ihre Jungen lebend zur Welt. Drei kuriose Arten halten sich jedoch nicht daran. Auch die Wissenschaft ist fasziniert von dem Phänomen und spricht von einem „extrem seltenen Ereignis“, das bei der Entstehung dieser besonderen Tiere stattfand.

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Als Mitte November 2023 ein Langschnabel in Indonesien wiederentdeckt wurde, war dies aufsehenerregend. Das Tier, dass 1961 auf einer Wildtierexpedition gesichtet und dem bekannten Tierforscher David Attenborough gewidmet wurde, war seitdem nämlich nie wieder gesichtet worden. Das Besondere an diesem kleinen Tier, das sich über ein halbes Jahrhundert vor der Wissenschaft versteckte? 1 Es ist eines von nur drei Säugetieren auf der Welt, die Eier legen. Wie es zu dieser Besonderheit der Biologie kommen konnte, hat auch eine Studie untersucht – mit bemerkenswertem Ergebnis.

Was eierlegende Säugetiere so besonders macht

Säugetiere zeichnen laut Definition dadurch aus, dass sie ihren Nachwuchs mit Milch versorgen – sie also säugen. Normalerweise bedeutet das auch, dass diese Tiere lebend geboren und über eine Plazenta mit Nährstoffen versorgt werden. Bei einigen kuriosen, den Säugetieren zugeordneten Arten – den Kloakentieren – ist dies aber nicht der Fall. Denn sie legen stattdessen Eier.

Sie werden auch als Ursäuger bezeichnet und zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine Körperöffnung für verschiedene Zwecke wie Stoffwechsel und Sexualverhalten nutzen. Auch säugen sie ihren Nachwuchs nicht über Zitzen, die Milch absondern. Während also die Kloake eher für einen Körperbau wie von Vögeln spricht und die Milchernährung des Nachwuchses eben für Säugetiere, war lange unklar, wie sich die Kloakentiere überhaupt entwickelten.

Doch welche Tiere zählen überhaupt zu den eierlegenden Säugetieren? Im Folgenden stellen wir die einzelnen Arten – und mögliche Unterarten – dieser spannenden Tierfamilie vor.

Das Schnabeltier

Das wohl bekannteste Säugetier, welches Eier legt, ist das Schnabeltier. 2008 wurde die DNA des Tieres untersucht und bot Aufschluss darüber, dass Kloakentiere tatsächlich nah mit Vögeln und auch Reptilien verwandt sind. Dass sie zum Beispiel über einen Giftstachel verfügen, haben sie laut der DNA-Untersuchung ihren Reptilien-Genen zu verdanken, den Schnabel haben sie wohl von den Vögeln.

Es konnte gezeigt werden, dass sich ihre Vorfahren etwa vor 166 Millionen von den Vögeln und Reptilien evolutionär trennten. In ihrem Genom finden sich aber noch immer viele Bestandteile der DNA, die sich auch bei diesen Tierklassen finden. Somit bilden sie eine evolutionäre Schnittstelle und sind sozusagen ein erster Prototyp der Säugetiere, die sich nach ihrer Entstehung jedoch noch stark veränderten. 2

Wie versorgen Schnabeltiere ihren Nachwuchs aber nun, so ganz ohne Zitzen? Indem sie ihren Nachwuchs durch die Bauchdecke säugen! Die jungen Schnabeltiere suchen sich einfach eine Stelle am Bauch der Mutter und nuckeln solange, bis dort Milch herausläuft. 3

Ein Schnabeltier wird von einer Tierpflegerin auf einem Handtuch transportiert
Schnabeltiere wirken auf uns heute seltsam, denn sie entsprechen nicht der klassischen Definition eines Säugetiers Foto: Getty Images

Auch interessant: Darum ist das Schnabeltier das giftigste Säugetier der Welt

Der Langschnabeligel

Weniger gut analysiert als das Schnabeltier sind die beiden anderen geschnäbelten Säugetiere, die Eier legen. Zu ihnen gehört eben der lang verschollene Langschnabeligel. Diese Art umfasst vermutlich drei Unterarten. Allerdings bekommen Forscher diese so selten zu sehen, dass es bis heute nicht vollständig geklärt ist, ob es sich dabei nicht auch um eigene Arten handelt. Momentan gelten die folgenden Gruppen als Unterarten des Langschnabeligels:

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  • Barton-Langschnabeligel oder Östlicher Langschnabeligel (Zaglossus bartoni)
  • Westlicher Langschnabeligel (Zaglossus brujini)
  • Attenborough-Langschnabeligel (Zaglossus attenboroughi)

Alle drei Unterarten finden sich vor allem in Neuguinea und Indonesien und sind so selten, dass sie als stark gefährdet auf der Roten Liste stehen.

Ein Westlicher Langschnabeligel, der auf Neuguinea gesichtet wurde
Ein Westlicher Langschnabeligel, der auf Neuguinea gesichtet wurde Foto: Getty Images / Julien Viry

Der Kurzschnabeligel

Noch komplizierter wird es beim Kurzschnabeligel, dem dritten Säugetier, das Eier legt und vor allem in Australien vorkommt. Manche teilen die Art in bis zu sechs verschiedene Unterarten auf, zu denen unter anderem der Südwestaustralische und der Nordwestaustralische Kurzschnabeligel gehören. Diese Zuordnung ist jedoch nicht überall anerkannt. Auch ob der Tasmanien-Kurzschnabeligel eine eigene Art darstellt, ist bislang noch nicht geklärt. Als ob die Welt der eierlegenden Säugetiere nicht bereits kompliziert genug wäre …

Haben eierlegende Säugtiere einen amphibischen Vorfahren?

Doch wie kam es nun dazu, dass Kloakentiere Eier legen? Sind sie näher mit Vögeln, Reptilien oder doch Amphibien verwandt? Eine neue Studie legt nahe, dass es tatsächlich einen semiaquatischen gemeinsamen Vorfahren gibt. Die Basis für diese Annahme bildet ein kleiner 108 Millionen Jahre alter Knochen.

Dieser gehört zur ausgestorbenen Art Kryoryctes cadburyi, die 2005 benannt wurde. Äußerlich ähnelt der Knochen stärker dem der modernen Ameisenigel als dem Schnabeltier, was zunächst zur Annahme führte, dass er von einem direkten Vorfahren der Ameisenigel stammt.

Bei einem CT-Scan zeigte jedoch die innere Struktur des Knochens zusätzlich auch eine Verwandtschaft zum Schnabeltier und könnte somit das lange verschollene Bindeglied zwischen den Ursäugerarten darstellen. Allein dieser Knochen belegt, dass der gemeinsame Urahn der Kloakentiere nicht nur im Wasser lebte, sondern mit seinen schweren Knochen auch gut tauchte und besonders gut graben konnte. 4

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„Extrem seltenes Ereignis“ durch Urahn der eierlegenden Säugetiere belegt

Die Studie liefert zudem ein bislang noch nicht bekanntes Beispiel für eine evolutionäre Umkehrung: die Rückkehr eines Säugetiers vom Wasser an Land. Bei Reptilien ist eine ähnliche Entwicklung vor allem bei Meeresschildkröten belegt. In der Säugetiergeschichte sind solche Übergänge aber vor allem in die umgekehrte Richtung belegt, wie die Studienleiterin Professor Emeritus Suzanne Hand in einer Mitteilung beschreibt.

Demnach gebe es etwa 30 Fälle, in denen sich Säugetiere von Landbewohnern zu ganz oder teilweise im Wasser lebenden Tieren entwickelt haben, etwa Wale, Delfine, Dugongs, Robben, Walrosse, Otter und Biber. Aber eine umgekehrte Entwicklung war bei Säugetieren praktisch unbekannt.

Die Untersuchung eines einzigen Fossils hat also weitreichende Implikationen: Der Lebensstil des Schnabeltiers reicht über 100 Millionen Jahre zurück und hat sich bewährt – während der heutige Ameisenigel wohl das Resultat einer späteren Rückkehr an Land ist. „Wir sprechen hier von einem semiaquatischen Säugetier, das das Wasser aufgegeben hat, um an Land zu leben, und obwohl das ein extrem seltenes Ereignis wäre, glauben wir, dass genau das bei den Ameisenigeln passiert ist“, schätzt Hand die bahnbrechenden Ergebnisse weiter ein.

Quellen

  1. UniversityofOxford.ac.uk, „Found at last: bizarre, egg-laying mammal finally rediscovered after 60 years“ (aufgerufen am 16.11.2023) ↩︎
  2. Zhou, Y., Shearwin-Whyatt, L., Li, J., Song, Z., Hayakawa, T., Stevens, D., ... & Zhang, G. (2021). Platypus and echidna genomes reveal mammalian biology and evolution. Nature, 592(7856), 756-762. ↩︎
  3. WashingtonUniversityinSt.Louis.com, „Platypus genome holds clues to mammals’ evolution“ (aufgerufen am 16.11.2023) ↩︎
  4. Hand, S. J., Wilson, L. A., López-Aguirre, C., Houssaye, A., Archer, M., Bevitt, J. J., ... & Beck, R. M. (2025). Bone microstructure supports a Mesozoic origin for a semiaquatic burrowing lifestyle in monotremes (Mammalia). Proceedings of the National Academy of Sciences, 122(19), e2413569122. ↩︎

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