
25. Juni 2025, 15:02 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Mauersegler brüten oft unter Dächern. Im Sommer können sich die Nester so sehr aufheizen, dass die Jungvögel sich auf der Suche nach Kühlung aus dem Nest stürzen. Auch wenn sie den Sturz überleben, haben sie am Boden keine Chance und sind immer auf menschliche Hilfe angewiesen. PETBOOK erklärt, warum das so ist und was zu tun ist, wenn man einen Jungvogel findet.
An heißen Sommertagen zieht es uns Menschen in den Schatten, an den See oder unter die Dusche – Hauptsache Abkühlung. Doch was tun eigentlich Wildtiere bei extremer Hitze? Besonders hart trifft es die Mauersegler. Viele brüten im urbanen Raum bevorzugt unter Dächern. Doch das kann den Jungen im Sommer zum Verhängnis werden. Denn in den Nestern kann die Temperatur im Extremfall auf bis zu 100 Grad Celsius ansteigen. Aus purer Not stürzen sie sich ins Ungewisse – und landen am Boden. Und auch wenn man Jungvögel, die bereits Federn haben, in der Regel lieber in Ruhe lassen sollte, gilt für Mauersegler die Ausnahme: immer retten! Denn ohne unsere Hilfe ist ein junger Mauersegler verloren.
Warum junge Mauersegler im Sommer auf dem Boden landen
Die Nester der Mauersegler befinden sich oft in Mauerspalten und unter Dachziegeln – Orte, die sich im Hochsommer auf bis zu 100 Grad Celsius aufheizen können. Für die Jungtiere, dicht gedrängt in winzigen Hohlräumen, wird die Situation schnell lebensbedrohlich. „Sie können nicht einfach einen kühleren Ort aufsuchen oder Wasser trinken, wenn sie durstig sind“, erklärt Ursula Bauer, Diplom-Biologin bei Aktion Tier – Menschen für Tiere e. V. Auf der Suche nach frischer Luft kriechen sie in Richtung Einflugloch, wo es kühler ist – und stürzen dabei oft ab. Nicht selten werden sie auch von ihren Geschwistern versehentlich hinausgedrängt.1
Zwar überleben einige den Sturz, doch am Boden beginnt der wahre Überlebenskampf. Anders als viele andere Vogelarten bekommen junge Mauersegler außerhalb des Nestes keine Nahrung mehr von ihren Eltern. Das bedeutet: Ohne menschliches Eingreifen droht ihnen der Tod durch Verhungern oder Fressfeinde.
Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass die Tiere vom Boden aus nicht selbstständig wieder losfliegen können. Das stimmt jedoch nicht. Allerdings sitzen Mauersegler auch nie freiwillig auf dem Boden. Mauersegler, die aus falsch verstandener Tierliebe in die Luft geworfen werden, prallen mit hoher Wahrscheinlichkeit dabei auf dem Boden auf. Sie fliegen durch solche Aktionen nicht wieder, sondern können schwer verletzt werden!
Andere Gründe, warum Mauersegler aus Nestern fallen
Nicht nur im Sommer können junge Mauersegler aus den Nestern stürzen. Weitere Ursachen für die Abstürze sind: 2
- Hunger und Wetterumschwünge: Bei Kälteeinbrüchen oder Nahrungsmangel betteln die Jungen aggressiver am Nestloch – und können dabei leicht den Halt verlieren.
- Ausbleibende Altvögel: Kommt ein Elternteil nicht zurück – etwa durch Unfall oder Tod – wagen die Jungen manchmal in Panik den Absprung.
- Bauarbeiten am Dach: Sanierungen im Sommer können Bruten zerstören. Manche Segler stürzen beim Abriss ab, andere verhungern, weil ihnen das Gerüst den Zugang zum Nest versperrt.
- Bruchlandung beim Jungfernflug: Selbst flugfähige Segler können nach ihrem ersten Flug am Boden landen – oft wegen unglücklicher Windverhältnisse oder Hindernissen wie Bäumen. Hier hilft oft ein zweiter Versuch – aber nur, wenn keine Verletzung vorliegt.
Darum brauchen Mauersegler immer Hilfe
Im Gegensatz zu vielen anderen Vogelarten können Mauersegler ihre Jungen nicht außerhalb der Nisthöhle versorgen. Sobald ein Jungvogel das Nest verlässt – freiwillig oder nicht – stellt sich die Versorgung durch die Eltern ein. Das bedeutet: Jeder am Boden gefundene Jungsegler ist ein absoluter Notfall.3
Die Tiere sind nicht in der Lage, von allein zum Nest zurückzukehren oder sich mit Futter zu versorgen. Zusätzlich drohen Gefahren durch Katzen, Hunde oder Verkehr. Viele Fundtiere sind bereits dehydriert, unterkühlt oder verletzt, wenn sie entdeckt werden – häufig mit Knochenbrüchen, Prellungen oder sogar Kloaken-Prolaps (Ausstülpung des Enddarmes). Daher stehen die Überlebenschancen meist nicht gut.
Mauersegler gefunden? Das ist jetzt zu tun
„Dass unter der Hitze leidende Jungvögel ihre Nester verlassen, kann man im Grunde nicht verhindern“, erklärt Ursula Bauer. Alles, was man für die Tiere tun kann, ist aufmerksam zu sein, wenn sich Nester in der Nähe befinden. Sollten Sie einen jungen Mauersegler finden, zählt jede Minute. So helfen Sie richtig:4
- Aufnehmen und sichern: Heben Sie den Vogel vorsichtig auf, am besten in einem weichen Tuch. Setzen Sie ihn in einen kleinen, dunklen Karton mit Luftlöchern, ausgepolstert mit Küchenpapier.
- Kühl und ruhig lagern: Stellen Sie den Karton an einen schattigen, ruhigen Ort.
- Vogel identifizieren: Mauersegler erkennt man an den vier nach vorn gerichteten Krallen – anders als bei anderen Vögeln.
- Kein Wasser geben: Geben Sie den Jungvögeln niemals Wasser direkt in den Schnabel. Es droht Erstickungsgefahr! Besser ist, alle zwei Stunden vorsichtig einen Tropfen Wasser an den Schnabel zu streichen.
- Füttern? Nur mit Fachwissen! Auf keinen Fall Mehlwürmer, Katzenfutter oder Haferflocken geben. Mauersegler sind spezialisierte Insektenfresser. Die einzige Notfallnahrung: Heimchen aus dem Zoofachhandel – aber bitte nur mit Anleitung oder Fachexpertise!
- Nicht hochwerfen! Der Ratschlag, den Vogel in die Luft zu werfen, ist gefährlich und falsch. Nur erfahrene Helfer können entscheiden, ob ein erneuter Startversuch möglich ist.

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Wo finde ich Hilfe für Mauersegler?
Mauersegler sind sensible Wildtiere. Ihre Pflege gehört in erfahrene Hände. „Tierheime zu kontaktieren, macht wenig Sinn“, so Bauer. Denn diese seien in der Regel weder entsprechend ausgestattet noch befugt, Wildtiere aufzunehmen. Am besten ist es, Fachstationen oder Menschen mit Erfahrung mit der Aufzucht von Wildvögeln zu kontaktieren:5
- Mauerseglerklinik Frankfurt/Main: Sie ist bundesweit eine der wichtigsten Anlaufstellen. Erreichbar unter Tel. 069/35351504 oder per E-Mail an info@mauersegler.com (Vermerk: „Notfall – Mauersegler gefunden“).
- Wildvogelhilfe.de: Bietet Listen erfahrener Pflegestellen in Deutschland.
- Facebook-Gruppen: Es gibt spezialisierte Gruppen, die bei der Erstversorgung und Vermittlung helfen.
- Tierärzte mit Wildvogelerfahrung: Besonders wichtig bei Verdacht auf Verletzungen.
Generell gilt: Versuchen Sie nicht, den Vogel selbst großzuziehen, wenn Sie keine Erfahrung haben. Fehler bei Futter, Haltung oder Hygiene können für den Segler tödlich enden. Doch da die wenigen Fachstationen meistens überfüllt und an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit sind, kann es trotzdem passieren, dass man den Vogel selbst aufpäppeln muss, merkt Bauer an. Informationen hierzu erhalte man bei den Auffangstationen, die auch im weiteren Verlauf der Aufzucht beratend zur Seite stehen, so die Diplom-Biologin.

Zur Autorin
Dr. Saskia Schneider ist promovierte Biologin. In ihrem Studium an der Freien Universität Berlin widmete sie sich vor allem der Zoologie und dem Verhalten von Tieren.