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PETBOOK-Interview

Versicherung erklärt, warum bestimmte Rassen bei der Tierkrankenversicherung mehr bezahlen 

Fabian Stürmer-Heiber und Philip Timpe von der Allianz Versicherungs-AG sprechen im PETBOOK-Interview über die Herausforderungen durch die GOT und die damit explodierenden Kosten.
Fabian Stürmer-Heiber und Philip Timpe von der Allianz Versicherungs-AG sprechen im PETBOOK-Interview über die Herausforderungen durch die GOT und die damit explodierenden Kosten. Foto: Allianz Versicherungs-AG
Dennis Agyemang
Redakteur

17.04.2024, 14:14 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Seitdem im Herbst 2022 die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) in Kraft getreten ist, sind auch die Kosten für tiermedizinische Behandlungen enorm gestiegen. Für viele Haustierhalter ein Grund, sich mit einer Tierkrankenversicherung für den Fall der Fälle abzusichern, falls der Vierbeiner mal krank wird oder einen Unfall hat. PETBOOK sprach darüber mit Philip Timpe und Fabian Stürmer-Heiber von der Allianz Versicherungs-AG.

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Was vor zehn Jahren noch oft belächelt wurde, gehört heute schon fast zur Grundausstattung eines neuen Hundes oder einer neuen Katze dazu. Vor allem neue Haustierbesitzer entscheiden sich für eine Tierkrankenversicherung, um im Fall der Fälle abgesichert zu sein. Denn selbst wenn Katze oder Hund ihr Leben lang gesund bleiben, kommen durch Impfungen und regelmäßige Kontrollen schnell ein paar Hundert Euro zusammen. PETBOOK sprach mit Philip Timpe und Fabian Stürmer-Heiber von der Allianz-Versicherungs-AG über die explodierenden Kosten und darüber, für wen sich eine Tierkrankenversicherung lohnen kann.

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„Konkret beobachten wir eine hohe zweistellige Teuerungsrate“

PETBOOK: Tierversicherungen sind noch immer ein recht neues Feld. Viele Unternehmen kommen ursprünglich aus einer anderen Sparte und haben bis dato vielleicht Menschen oder Häuser versichert. Wie war das bei der Allianz Tierkrankenversicherung?
Philip Timpe: „Als Allianz sind wir seit 1890 tätig. Aufbauend auf unseren langjährigen Erfahrungen als Versicherungspartner der Landwirtschaft haben wir vor etwa 20 Jahren die ersten Schritte als Tierkrankenversicherer gewagt – so gesehen ist also dieses Thema recht neu. Seitdem haben wir konsequent in den Auf- und Ausbau unserer Tier-Expertise investiert und beschäftigen mittlerweile fast 50 Tiermediziner und tiermedizinische Fachangestellte. Mit diesem Know-How wollen wir der Partner für alle Tierfamilien sein.“

Vor etwa anderthalb Jahren ist die neue Tierarzt-Gebührenordnung (GOT) an den Start gegangen. Haben sich seitdem – mit dem Blick auf die gestiegenen Tierarztkosten – mehr Menschen eine Krankenversicherung geholt, um ihre Tiere für den Ernstfall abzusichern?
„Die neue Gebührenordnung stellt eine grundlegende Reform der tierärztlichen Abrechnungslogik dar, angepasst an den medizinischen Fortschritt und die Inflation. Daraus ergeben sich deutlich gestiegene Behandlungskosten beim Tierarzt. Konkret beobachten wir eine hohe zweistellige Teuerungsrate, die wir jetzt auch in unseren Leistungsausgaben sehen. Zum Beispiel hat die Behandlung eines Kreuzbandrisses – beim Hund keine seltene Verletzung – früher etwa 1000 Euro gekostet. Heute sehen wir hier Kosten von über 2500 Euro plus Nachbehandlung und Physio. Solche Kosten decken wir beispielsweise in unserem Komfort-Tarif auch voll ab, weil es uns wichtig ist, dass das Tier nicht nur gesund wird, sondern auch gesund bleibt.“

»Aktuell passen wir unsere Beiträge im Rahmen der gestiegenen Behandlungskosten an

Ab wann ist mit einer Beitragserhöhung zu rechnen?
Fabian Stürmer-Heiber: „Nachdem die neue GOT bereits seit November 2022 in Kraft ist, passen wir aktuell und laufend unsere Beiträge im Rahmen der gestiegenen Behandlungskosten an. Aber das passiert nie zu einem fixen Stichtag, sondern jeweils zum Fälligkeitsdatum im Vertrag.“

Haben sich seit der GOT-Einführung mehr Leute für die Vollversicherung oder für die reine OP-Versicherung entschieden? Wie ist da das Verhältnis?
„Wir haben ungefähr ein Verhältnis von 60 zu 40 zwischen OP-Versicherung und Vollschutz. Das hat sich auch seit der GOT nicht stark verschoben.“

„Je jünger das Tier ist, desto umfassender und günstiger die Versicherung“

Eine Zahnbehandlung für Hund und Katze kann teuer werden. Viele Tierkrankenkassen decken Zahnbehandlungen nicht oder nur teilweise ab. Wie ist das bei euch?
„Also grundsätzlich gilt: Wir versichern fast alle Hunde, Katzen und Pferde ab einem Alter von acht Wochen – alle Rassen und auch mit Vorerkrankungen bis auf wenige, seltene Ausnahmen. Wenn die Katze allerdings schon Zahnprobleme hat, werden Folgebehandlungen ausgeschlossen. Daher ist es wichtig: Je jünger das Tier ist, desto umfassender und günstiger die Versicherung. Das Prinzip kennen wir auch von privaten Krankenzusatzversicherungen. Analog gilt bei Tieren: Je gesünder das Tier, desto mehr können wir dann tatsächlich eine vollumfängliche Versicherung anbieten. Die übernimmt dann auch die Zahnerkrankung.“

Also werden bei euch wirklich auch Leistungen wie Zahnsteinentfernung und Ähnliches übernommen?
Philip Timpe: „Ja, genau. Wir covern solche Präventionsleistungen im Rahmen des Vorsorgebudgets in unserem Heilbehandlungsbaustein. Wir wollen, dass die Tiere gesund bleiben und nicht nur derjenige sein, der am Ende die Rechnung für die schwerwiegende Behandlung bezahlt. Das ist natürlich wichtig, wenn es teuer wird. Aber unser Anspruch ist es, dabei zu helfen, die Tiere gesund zu halten und den Tieren und ihren Besitzerinnen auch einfach ein schönes und unbeschwertes Leben zu ermöglichen.“

»Die Allianz schließt also keine Rassen aus, sondern individuelle Tiere mit individuellen Vorerkrankungen

Ihr hattet vorhin von seltenen Ausnahmen bei Rassen und Vorerkrankungen gesprochen, die ihr nicht mitversichert. Habt ihr da ein Beispiel?
„Das wichtigste Beispiel ist hier die Behandlung von Kurzköpfigkeit bei Hunden und Katzen. Das betrifft etwa die erwähnte Französische Bulldogge oder Scottish Fold Katzen. Für die Behandlung von Kurzköpfigkeit leistet die Allianz nicht, aber wir versichern die Tiere dieser Rassen eben trotzdem gegen andere Risiken gemäß unserer Bedingungen.“

Fabian Stürmer-Heiber: „Für andere rassespezifische Krankheiten wie beispielsweise Fehlentwicklungen des Hüft- oder Ellenbogengelenks leisten wir – je nach Tarif – einmalig bis zu einer fixen Höchstsumme. Darüber hinaus gibt es noch einige sehr seltene Vorerkrankungen, bei denen die Tiere bereits so krank sind, dass wir keinen Versicherungsschutz mehr anbieten können. Das betrifft zum Beispiel Katzen und Hunde mit einer Über- oder Unterfunktionen der Nebenniere, Entzündungen des Zentralen Nervensystems oder Blutgerinnungsstörungen. Deshalb ist insgesamt wichtig die Tierkrankenversicherung möglichst früh abzuschließen. Die Allianz schließt also keine Rassen aus, sondern individuelle Tiere mit individuellen Vorerkrankungen.“

»Natürlich hängt der konkrete Beitrag von Alter und Rasse ab

Gerade für Halter mit älteren Tieren ist es schwer, eine Versicherung zu bekommen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung mit einem früheren Hund. Der war schon zwölf Jahre, als ich ihn aus dem Tierschutz bekommen habe. Da war es beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, ihn irgendwie versichert zu bekommen. Habt ihr ein Maximalalter?
„Wir haben bei uns kein Maximalalter. Das heißt, auch dein Hund, der schon älter ist, ist bei uns willkommen. Auch ihm bzw. dir würden wir ein Angebot machen. Natürlich hängt der konkrete Beitrag aber auch von der Rasse ab. Es gibt beispielsweise bestimmte Rassen, die eine Tendenz zu Atemwegsproblemen haben – wie zum Beispiel die französische Bulldogge, für die ist der Beitrag tendenziell etwas teurer.“

Gibt es Rassen, die ihr schon im Vorhinein ausschließt oder die es besonders schwer bei euch haben?
Philip Timpe: „Wir schließen grundsätzlich keine Rassen aus. Es gibt aber spezifische Vorerkrankungen, die wir ausschließen. Wir haben ja gerade die französische Bulldogge angesprochen. Da würden wir dann sogenannte rassespezifische Krankheiten, die ja meist aus so einer Überzüchtungstendenz kommen, nicht mitversichern bzw. nur einmalig bis zu einem Limit –je nach Fehlbildung. Es geht ja schließlich darum, unser gesamtes Versicherungskollektiv an dieser Stelle fair zu behandeln. Allerdings schließt das dann eben nicht die ganzen anderen Gefahren aus, denen auch eine französische Bulldogge ausgesetzt ist. Beispielsweise, wenn der Frenchie mal vom Sofa springt und sich dabei die Hüfte verknackst. Daher halten wir es für wichtig, keine Rassen pauschal auszuschließen.“

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„Eine Not-Operation kann beim Pferd leicht mal zwischen 10.000 und 20.000 Euro kosten“

Wie ist das bei euch? Trete ich bei einer Behandlung in Vorkasse oder überweist ihr dem Arzt die Kosten direkt?
„Wir bieten beide Wege an und das ist auch wichtig. Nehmen wir mal als Beispiel eine Not-Operation, die kann beim Pferd leicht mal zwischen 10.000 und 20.000 Euro kosten. Aber auch bei Hunden und Katzen sind mehrere tausend Euro keine Seltenheit mehr. Das in Vorleistung zu zahlen und dann auf das Geld zu warten – das wollen wir unseren Kunden ersparen. Deshalb bieten wir die Direktabrechnung mit Tierkliniken an. Das ist ein großer Service für beide Seiten – also auch für die Kliniken –, weil wir so schneller auszahlen und flexibler reagieren können. Auch für uns ist das leichter, da wir den Kunden nicht dreimal fragen müssen, falls bei der Kosteneinreichung mal ein Zettel fehlen sollte. Natürlich kann aber auch jederzeit der Kunde seine Rechnung selbst bei uns einreichen.“

Wir wurden mehrfach von Haltern kontaktiert, die aus ihren Krankenversicherungen geflogen sind, weil die Tiere durch Operationen oder chronische Erkrankungen hohe Kosten erzeugt haben. Kann einem so etwas auch bei euch blühen? Gab es da bereits Fälle?
Fabian Stürmer-Heiber: „Nein, wir machen so was nicht, denn das entspricht nicht unserer Vorstellung von einer Tierkrankenversicherung. Wir sind und bleiben an der Seite unserer Kunden und machen immer ein faires Angebot zur Fortführung der Versicherung.“

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