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Beziehung aufbauen

5 Tipps, damit mein Pferd mich mag

Mag mein Pferd mich, kann es Zuneigung zeigen? Eine Frau sucht Kontakt mit einem Schimmel
Pferdebesitzer fragen sich häufig, wie man erkennt, ob die eigene Zuneigung vom Tier erwidert wird. Oft zeigen die Tiere das nämlich eher verhalten. Foto: Getty Images
Porträtaufnahme von Autorin Manuela Lieflaender mit Hund Elvis
Freie Autorin

19.09.2022, 06:30 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Als Pferdeliebhaber gibt es wohl nichts Schlimmeres, als wenn man spürt, dass das Tier einen nicht mag. Aber wie zeigen Pferde überhaupt ihre Zuneigung? Was muss ich tun, damit ein Pferd mich mag? PETBOOK gibt Tipps für eine harmonische Pferd-Mensch-Beziehung.

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Nicht immer ist die gemeinsame Zeit mit dem geliebten Pferd mit Spaß verbunden. Manchmal kommen Zweifel auf, ob man alles richtig macht und ob die Chemie zwischen Mensch und Tier stimmt. Vor allem in Momenten, in denen man freudestrahlend auf die Wiese kommt, sich auf sein Pferd freut, Strick und Halfter schon parat hält und dann feststellen muss, dass die Freude ziemlich einseitig ist, weil das Pferd vor einem wegläuft und keinerlei Zuneigung zeigt. Aus menschlicher Sicht ist es völlig normal, in solchen Situationen enttäuscht zu sein und vielleicht sogar einen Stich ins Herz zu verspüren. So mancher Halter steht sich in dem Moment die Frage: Mag mein Pferd mich überhaupt? Zum Glück lassen sich diese unguten Gefühle schnell in positive umwandeln, wenn man versteht, warum die Tiere so reagieren.

Wie Pferde uns lesen

Pferde saugen unsere Stimmung förmlich auf und reagieren dementsprechend. Wie fein ihre Antennen für menschliche Empfindungen sind, belegen inzwischen zahlreiche Studien. Die Wissenschaftlerin Agnieszka Sabiniewicz vom Institut für Psychologie der Universität Wrocław in Polen sammelte dazu beispielsweise menschliche Körperproben auf Kosmetikpads. Diese wurde zuvor den Teilnehmern sowohl in Angst als auch in Glückzuständen unter die Achseln gelegt. Anschließend ließ man Pferde einzeln daran riechen und stellte fest, dass sie bei den Angstproben wachsam den Kopf hoben und die vertraute Person daraufhin häufiger und länger berührten als den unbekannten Forschungsassistenten. Beim Riechen des Glücksgeruchs hingegen senkten sie den Kopf und waren entspannter.1

Nicht nur unser Geruch gibt den Tieren Einblicke in unsere Gefühlswelt. Forscher vermuten, dass sie sogar menschliche Handlungen besser wahrnehmen als wir selbst. Sie fanden heraus: Wenn wir uns dem Pferd auf der Wiese auf direktem Weg nähern, es dabei anschauen und einen Führstrick in der Hand halten, bewegt es sich weiter weg. Eine indirekte Annäherung hingegen verringere seine Fluchtdistanz.

Pferde lesen uns also auf unterschiedlichste Art und Weise. Sie spüren, ob wir negativ oder positiv gestimmt sind, sie achten auf unsere Körpersprache, unsere Mimik, Stimme und darauf, wie wir riechen. Einem Pferd etwas vorzumachen, wird also ziemlich schwierig. Jeder Reiter, der im Sattel schon einmal dachte, dass sich das Pferd gleich erschreckt, weiß, dass genau das im nächsten Moment eintritt.

Vermutlich ist es für das Fluchttier Pferd also gar nicht so leicht, mit einem allzeit gestressten Menschen zusammenzuleben. Denn Pferde lieben Balance. Sicherheit ist für sie ein Grundbedürfnis.

Können Pferde Menschen lieben?

Trotz all dem Stress, dem Pferde durch ihre Menschen auf unterschiedliche Weise ausgesetzt werden, sind sie in der Regel kooperationsbereit. Was sie hingegen für ihre Bezugsperson empfinden, ist wissenschaftlich noch nicht gänzlich erforscht. Von Liebe möchte Pferdeverhaltensexpertin Dr. Vivian Gabor nicht sprechen: „Liebe ist etwas sehr Abstraktes“, sagt sie zu PETBOOK. „Die sollte der Mensch besser bei anderen Menschen suchen, anstatt das Pferd zu vermenschlichen.“ In ihren Ausbildungen zum Pferdeverhaltenstrainer sind die Gefühle von Pferd zu Mensch und von Tier zu Tier immer wieder ein Thema. So habe eine Teilnehmerin Zuneigung unter Pferden damit begründet, dass sie sich gegenseitig kraulen würden. Dr. Gabor: „Ein Pferd krault einen Artgenossen, weil es ihm selbst juckt. Pferde sind wie wir Menschen – sie machen nichts uneigennützig. Wenn sie auf eine bestimmte Weise reagieren, versprechen sie sich eine Bedürfnisbefriedigung davon. So ist die wissenschaftliche Betrachtungsweise.“

Tierfilmer und Buchautor Marc Lubetzki sieht das aus einer anderen Perspektive. Er beobachtet seit mehr als zehn Jahren Wildpferdeherden in Europa. Ihm ist es gelungen, auf seinen Expeditionen selbst Teil einer Herde zu werden. In seinem Buch „Im Gespräch mit wilden Pferden“ berichtet Lubetzki von seinen Erfahrungen. Der Autor ist sich sicher: „Ja, Pferde können für Menschen Zuneigung empfinden.“ Wie diese aussieht, das lässt sich aus seiner Sicht ganz einfach erkennen.

Wie zeigt ein Pferd seine Zuneigung?

„Pferde zeigen ihre Zuneigung, in dem sie die Nähe des Menschen suchen“, so der Wildpferde-Experte zu PETBOOK. „Das muss aber nicht bedeuten, dass sie dicht bei uns stehen. Stuten bleiben beispielsweise meistens mehr auf Distanz. Sie sind weniger aufdringlich als Hengste und wollen oft keinen direkten Kontakt. Trotzdem sind sie in der Nähe.“ So könne es sein, dass das Tier sich parallel zum Menschen stellen würde, vergleichbar mit dem gemeinsamen Grasen in der Herde, bei dem Pferde ebenfalls nebeneinanderstehen. Gemeinsame „Fellpflege“ sei ein weiteres Indiz für Zuneigung. „Pferde können uns zeigen, wo sie geputzt werden möchten. Oder sie knabbern leicht an uns. Das tut nicht weh und darf man ruhig zulassen.“ Was aber tun, wenn mal all diese Verhaltensweisen, die auf Zuneigung hindeuten können, bei seinem Pferd bislang nicht beobachten konnte oder man sich nicht sicher ist, ob es einen tatsächlich mag?

Auch interessant: Hilfe, mein Pferd beißt! Ursachen und was man dagegen tun kann

Was sollte man tun, damit das Pferd einen liebt?

Damit sich Mensch und Tier miteinander wohlfühlen und sich vertrauen, helfen diese Schritte:

Zur Ruhe kommen

Wir befinden uns täglich in einem Hamsterrad aus Verpflichtungen und denken ständig darüber nach, was wir noch alles zu erledigen haben. Das verursacht eine innere Anspannung, die uns im Umgang mit einem so feinfühligen Wesen, wie dem Pferd im Weg steht und zu unerwünschten Verhaltensweisen vonseiten des Tieres führt. Es läuft möglicherweise vor uns weg, schnappt, ist unruhig und nicht motiviert, weil es den menschlichen Konflikt spürt. Für die gemeinsame Zeit am Stall gilt:

  • inneren „Aus“-Knopf drücken, zur Ruhe kommen
  • sich selbst zurückzunehmen
  • auf den Moment konzentrieren

Beobachten

Pferde kommunizieren über Körpersprache permanent mit uns. Nimmt man sich die Zeit, auf die Signale zu achten, lernt man mit der Zeit viel über ihren Charakter, ihre Empfindungen und Bedürfnisse. Am meisten lernt man über die Tiere von ihnen selbst. Ein Verständnis für die Pferdesprache zu entwickeln und darauf einzugehen, stärkt die Bindung und schafft Vertrauen. „Wichtig ist, sich damit vertraut zu machen, wie Pferde lernen“, erklärt Pferdeverhaltensexpertin Dr. Vivian Gabor.

„Wir sollten auch erkennen können, wann das Pferd Stress hat. Zum Beispiel, wenn es Sorgenfalten über den Augen hat, die Mundwinkel angespannt sind oder es andere Pferde beißt, wenn es zurück in die Herde kommt. Pferde können selbst dann Stress haben, wenn sie eigentlich ruhig wirken, die Mundwinkel hängen lassen und die Augen leicht schließen. Solche Pferde wirken äußerlich entspannt, haben sich aber innerlich aufgrund von erlernter Hilflosigkeit – oft gleichzusetzen mit Depression – vielleicht schon aufgegeben. Solche Dinge erkennen zu können, ist mit lebenslangem Lernen verbunden. Doch damit helfen wir dem Pferd mehr als mit einer neuen Schabracke.“

Richtig trainieren

Statt sofort in den Sattel zu springen und ins Gelände zu gehen, sollte zunächst in sicherer Umgebung vom Boden aus gearbeitet werden. „Mithilfe der Bodenarbeit können wir ein Verständnis dafür entwickeln, wie wir unsere Körpersprache am besten einsetzen“, erklärt Dr. Vivian Gabor. Die Verhaltensexpertin macht sich ihre Erfahrungen und Pferde-Beobachtungen ebenso wie ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in Form der Lerntheorie für das eigene Training zunutze. „Wenn wir ein Zielbild vor Augen haben und es schaffen, klar zu kommunizieren und diese Übung auf genau die gleiche Art und Weise zu wiederholen, bekommt das Pferd Vertrauen.“

Vertrauen bedeutet nichts anderes, als einschätzen zu können, wie die nächste Handlung aussieht, also eine Reaktion voraussagen zu können. Sie legt Wert auf ein abwechslungsreiches Training mit Freiarbeit, Führtraining und kleinen Übungen wie Kopfabsenken, damit das Tier lernt, sich in stressigen Situationen schnell wieder zu entspannen. Auch Clicker-Training wendet sie gelegentlich an. „Es ist wichtig, einen Plan zu haben, dem das Pferd folgen kann.“

Auch Marc Lubetzki legt Wert auf abwechslungsreiches Training, denn es sollte immer ein Geben und Nehmen sein: „Natürlich kann man auch mal was machen, was einem selbst Spaß macht. Dann aber auch wieder etwas, was dem Pferd Spaß macht, wie zum Beispiel, es einfach mal rennen zu lassen.“

Pausen machen

„Pferde können sich nur einige Minuten lang konzentrieren. Deshalb sind viele Pausen so wichtig“, weiß Lubetzki. Hierbei kommt es auf das richtige Timing an. Sobald das Tier bei einer Übung im Ansatz die richtige Idee hatte, sollte es eine kleine Verschnaufpause bekommen, bevor die Einheit fortgesetzt wird.

Gemeinsam die Ruhe genießen

„Ruhephasen mit dem Pferd gemeinsam zu haben, sind sehr wichtig“, findet Marc Lubetzki, „manche mögen es, dabei gekrault zu werden.“ Der Grundgedanke dabei ist, eine Beziehung zwischen Tier und Mensch entstehen zu lassen. „Das funktioniert, wenn man sich auf das Pferd und seine Art der Kommunikation einlässt. Schon vor 40 Jahren verbrachten Kinder Zeit auf der Weide und schliefen auch mal dort. So sollte es heute wieder sein. Wir sollten uns in die Herde einreihen, Zeit mit den Pferden auf der Weide verbringen und ein Gespür für sie entwickeln. Ruhe ausstrahlen, sie nicht „zu brabbeln“, sondern Kommandos nur geben, wenn es nötig ist. Dann wird’s ein harmonisches Miteinander.“

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Quellen

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