
11. Juli 2025, 15:38 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Das Handlesen kennen die meisten von Wahrsagerinnen, die das Schicksal oder den Charakter an der Form unserer Handinnenflächen deuten. Doch auch bei Katzen soll sich die Persönlichkeit anhand ihrer Pfotenform ablesen lassen. Nekteso heißt der Trend aus Japan, der immer mal wieder in den sozialen Netzwerken kursiert. Hier wird sogar behauptet, das Ganze würde auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhen. PETBOOK-Redakteurin und Biologin Saskia Schneider ist der Sache auf den Grund gegangen.
Kann man die Persönlichkeit einer Katze an ihren Pfotenballen erkennen? Genau das verspricht Nekteso – ein Trend aus Japan, der so ähnlich funktioniert, wie das Handlesen bei der Wahrsagerin auf dem Jahrmarkt. Wen wundert es da, dass er auch genau dort seinen Ursprung hat. Erfunden hat das Ganze der Japaner Akatsuki, „ein großer Katzenliebhaber und Handleser“, wie es in der Beschreibung zu seinem Buch „Nekoteso“ auf Amazon heißt. Der Begriff setzt sich aus „neko“ (Katze) und „teso“ (Handlinienlesen) zusammen. Die erste Ausgabe erschien im Jahr 2013 – neu ist der Pfotenlese-Trend also nicht.
Er taucht allerdings immer mal wieder in den sozialen Medien auf und hat sich dem Eindruck nach irgendwie verselbstständigt. Mittlerweile gibt es Beiträge auf der Plattform TikTok, in denen behauptet wird, dem Ganzen liegt eine Studie mit über 2000 Katzen zugrunde. Aber kann das wirklich stimmen?
Nekteso – das soll die Pfote über die Persönlichkeit der Katze sagen
Für das Pfotenlesen muss man sich die Pfotenballen der Katze ansehen. Entscheidend ist hier die Form des sogenannten Sohlenballens. Das ist der Ballen, der am größten ist und in der Mitte liegt.
Je nach Quelle finden sich verschiedene Einteilungen. In der Regel werden fünf – manchmal auch vier oder sechs – Formen unterschieden. Nicht immer lassen sich die Einteilungen miteinander vereinbaren, und ohne das Buch „Nekteso“ von Akatsuki gelesen zu haben, ist es schwer zu erfassen, welche Einteilung der ursprünglichen des Autors am nächsten kommt. Die häufigsten Ballenformen und ihre Bedeutung. Hier eine Übersicht über die häufigsten Formen:1 2 3
Herzchenform
Beschreibung: mittlerer Teil des Ballens sieht aus wie ein Herz
Persönlichkeit: Katzen mit dieser Pfotenform gelten als wahre Kuschelmonster. Sie lieben es, mit ihren Besitzern zu kuscheln und sind große Feinschmecker. Manchmal findet man auch die Aussage, sie würden viel miauen.
Runde Form oder auch „Reisball“
Beschreibung: mittlerer Teil des Ballens ist rund wie ein Ball
Persönlichkeit: Diese Form sollen Katzen haben, die abenteuerlustig und sozial sind. „Diese Katzen funktionieren hervorragend in einem Haushalt mit mehreren Katzen“, heißt es in manchen Quellen, wohingegen andere schreiben, die Katzen seien treu und entschlossen, ihre Halter zu beschützen, wenn Gefahr droht, und würden ihr Revier verteidigen.
Abgeflachte Spitze mit Einkerbung oder auch „Mount Fuji“
Beschreibung: Sohlenballen ist oben abgeflacht, mit einer Einkerbung
Persönlichkeit: Diese Katzen werden als ruhig und einzelgängerisch beschrieben. Sie bevorzugen es, die einzige Katze im Haushalt zu sein und sind Fremden gegenüber misstrauisch. Sie punkten durch ihre Ruhe und ihr würdevolles Auftreten.
Abgeflachte Spitze, aber ohne deutliche Einkerbung
Beschreibung: Sohlenballen ist oben abgeflacht, aber ohne deutliche Einkerbung
Persönlichkeit: Diese Katzen gelten als unnahbar. Sie sollen kein Interesse an den meisten Dingen haben und nur Menschen tolerieren können, die sie zuvor für würdig erachtet haben.
Dreieck oder „Raketen-Ballen“:
Beschreibung: oberer Teil des Ballens läuft nach oben hin spitz zu und formt mit dem Rest des Sohlenballens ein Dreieck
Persönlichkeit: Der Charakter dieser Katzen wird als „schrullig“ oder auch etwas verrückt beschrieben. Diese Tiere möchten nicht ständig angefasst werden und bevorzugen es, alleine zu sein. Sie können manchmal recht deutlich zeigen, wenn ihnen etwas nicht passt – dann kommt ihr feuriges Temperament zum Vorschein.
„Reiskorn“
Beschreibung: alle drei Teile des Sohlenballens ähneln der Form eines Reiskorns
Persönlichkeit: Diese Katzen werden als eher scheue, zurückhaltende Persönlichkeit beschrieben. Sie sind schnell verängstigt und ducken sich bei lauten Geräuschen. Trotzdem sind sie sanft zu Menschen.
„Kleeblatt“
Beschreibung: alle drei Teile des Sohlenballens haben eine ähnliche Form und bilden eine auffällige Einbuchtung am unteren Teil des Ballens
Persönlichkeit: Diese Katzen werden als sehr emotional beschrieben. Sie verlangen nach viel Liebe und Aufmerksamkeit und können sehr anhänglich sein. Die Tiere lieben es zu spielen und sind oft von ungewöhnlichen Dingen oder Gegenständen fasziniert.
Der Selbstversuch mit meiner eigenen Katze
Schaut man sich die verschiedenen Beschreibungen an, gibt es schon große Unterschiede zwischen den einzelnen Charakteren. Dennoch sind die Formulierungen – genau wie bei Horoskopen – so schwammig, dass man immer irgendeine Charaktereigenschaft auch bei der eigenen Katze wiederfinden würde.
Trotzdem war ich neugierig, was Nekteso über meine eigene Katze verraten würde. Als Erstes fiel mir auf: Es ist gar nicht so leicht, die Ballenform zu „lesen“, denn dafür muss man erst einmal in die Nähe der Katzenpfote gelangen. Das gelingt am besten beim Schmusen. Bei Sweety, meiner Maine-Coon-Mix-Seniorin kommt die Schwierigkeit dazu, dass das Fell zwischen den Ballen recht lang ist. Am ehesten trifft die „Rocket“- oder Dreieck-Form.
Beschreibung passt erstaunlich gut
Dazu heißt es: „Diese Kätzchen werden von ihren Besitzern und anderen Katzen gleichermaßen geliebt und sind abenteuerlustig und sozial. Diese Katzen funktionieren hervorragend in einem Haushalt mit mehreren Katzen und obwohl sie nicht allzu große Kuschelbedürfnisse haben, ertragen sie die zärtlichen Ausbrüche ihrer Menschen.“
Diese Beschreibung passt erstaunlich gut auf Sweety. Sie kommt gut mit anderen Katzen zurecht, mag es aber nicht, auf den Arm genommen zu werden. Kuscheln findet nur unter ihren Bedingungen statt. Auch die Beschreibung abenteuerlustig trifft zu, denn Sweety geht tatsächlich mit in den Hinterhof zum gemeinsamen Spaziergang. Ist also doch was dran am Nekteso?
Nekteso basiert auf keiner wissenschaftlichen Grundlage
In den sozialen Medien gibt es einige Beiträge, die behaupten, Nekteso basiere auf einer Studie, in der über 2000 Katzen analysiert wurden. Dafür gibt es keinerlei Hinweise, was auch einige Nutzer in ihren Kommentaren anmerken. Wie bereits erwähnt, hatte der Japaner Akatsuki die Idee dazu. Er gilt als berühmter Handleser und soll schon so manchen Prominenten das Schicksal gedeutet haben. Er übertrug sein Wissen und seine Erfahrungen einfach auf die Katzenpfote und definierte verschiedene Pfoten-Typen. Später griffen auch andere Autoren die Idee auf und der Trend verselbstständigte sich.
Es handelt sich bei Nekteso also vielmehr um eine spielerische, esoterisch inspirierte Methode, bei der versucht wird, die Persönlichkeit einer Katze anhand der Form ihrer Pfoten zu interpretieren – vergleichbar mit dem Handlinienlesen.
Das sagt die Wissenschaft über Katzenpfoten und Persönlichkeit
Es gibt aber tatsächlich Studien, die den Charakter von Katzen in Zusammenhang mit den Pfoten untersucht haben. Allerdings ging es hierbei um den Einsatz und nicht um die Form. So fand ein US-amerikanisches Forscherteam heraus, dass eine starke Pfotenpräferenz auch die Persönlichkeit und den Charakter der Katzen beeinflusst. Katzen, die lieber die linke Pfote benutzen, sind ängstlicher und vermeiden neue Reize. Rechtspfötige Katzen sind dagegen erkundungsfreudiger und nähern sich Unbekanntem eher an. Die Studie erschien 2016 in der Fachzeitschrift „Journal of Comparative Psychology“.

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Fazit
Obwohl Nekteso wissenschaftlich nicht fundiert ist und eher in die Kategorie der esoterischen Spielerei fällt, zeigt der Trend doch eines ganz deutlich: unsere tiefe Faszination für Katzen und der Wunsch, sie besser zu verstehen. Die Charakterbeschreibungen wirken vertraut und charmant – ähnlich wie Horoskope – und laden dazu ein, die Eigenheiten der eigenen Tiere mit einem Augenzwinkern neu zu entdecken.
Auch wenn die Form der Pfotenballen vermutlich wenig über die Persönlichkeit einer Katze verrät, kann das Pfotenlesen durchaus Spaß machen und die Beziehung zwischen Mensch und Tier auf liebevolle Weise bereichern. Am Ende gilt: Wer seine Katze gut kennt, braucht keine Ballenform, um ihren Charakter zu lesen – aber ein bisschen Katzenmystik hat noch niemandem geschadet.

Zur Autorin
Dr. Saskia Schneider ist promovierte Biologin. In ihrem Studium an der Freien Universität Berlin widmete sie sich vor allem der Zoologie und dem Verhalten von Tieren. Neben der Ausbildung zur Redakteurin absolvierte sie eine Ausbildung zur Verhaltensberaterin mit Schwerpunkt Katze.