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Tierische Orientierung

Wie schaffen es Katzen, wieder den Weg nach Hause zu finden?

Manche Katzen scheinen immer wieder nach Hause zu finden
Manche Katzen scheinen immer wieder nach Hause zu finden Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

2. Juli 2025, 16:43 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Immer wieder liest man erstaunliche Geschichten von Katzen, die nach Tagen, Wochen oder Monaten ihren Weg nach Hause gefunden haben. Hinter dieser Heimkehr steckt mehr als nur Glück – allerdings auch ein Instinkt, der gepflegt werden muss. PETBOOK-Redakteurin Louisa Stoeffler weiß durch ihre eigenen, komplett unterschiedlichen Tiere, dass manche Katze jede Tür als Einladung ins Abenteuer sieht – und die andere den Schutz ihres Zuhauses sucht, das sie nie mehr verlassen will.

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Meine Katzen hätten nicht unterschiedlicher sein können. Während es Minka immer nach Freiheit verlangte, will Remo so gar nichts von der Außenwelt, solange sie nicht auf „seinem“ Balkon stattfindet. Aber warum ist es so, dass manche Katzen anscheinend nie den Weg nach Hause vergessen? Im Folgenden verrate ich, was man darüber weiß, oder auch nur vermutet.

Abenteurerin mit innerem Kompass vs. totale Abkehr von der Straße

Bleiben wir erst einmal bei meinem persönlichen Beispiel. Meine weiße Katzendame Minka wurde mit sieben Monaten von einer befreundeten Tierschützerin aus einer Inzestkolonie gerettet. Nachdem sie bei mir angekommen und zur Ruhe gekommen war, wurde klar: Dieses Tier braucht Freiheit. Schon nach wenigen Tagen stand sie mit aufgereckten Ohren an der Tür und miaute, als wolle sie sagen: „Ich möchte bitte mal raus, aber ich komme wieder!“ Und sie kam tatsächlich immer wieder. Manchmal nach einer, manchmal erst nach 72 flauen „Wo ist meine Katze?“-Stunden, oft mit Erdklümpchen an Fell und Pfoten sowie funkelnden Augen, als hätte sie beste Zeit ihres Lebens gehabt.

Wie sie ihren Weg fand? Ihre Sinne schienen perfekt abgestimmt: Sie kannte die Geräusche in der Umgebung, die Gerüche der Nachbarschaft, und vor allem, den genauen Zeitpunkt meiner Rückkehr, inklusive des Klangs meiner Schritte auf dem Weg. Ich kann mich an so viele Tage erinnern, wo sie immer bereits dasaß, wenn ich nach Hause kam, oder nonchalant um die Ecke schlenzte, frei nach dem Motto: „Heute bist du aber besonders langsam geradelt, ich habe schon gewartet.“

Ganz anders mein jetziger Kater: Remo, orange-weiß, ein spanischer Rowdy von der Straße, von dem ich eigentlich dachte, dass er auf Freigang niemals verzichten würde. Doch es kam ganz anders. Die ersten Versuche, Remo an Freigang zu gewöhnen, sind grandios gescheitert. Schon beim ersten Versuch, ihn in den Hof zu lassen, wich er zurück, duckte sich und suchte Schutz in einem Erdloch.

Seine Zeit in Spanien hat tiefe Spuren hinterlassen. Auf der Straße musste er kämpfen. Im Tierheim hatte er den Drang nach Krawall nicht abgelegt und prügelte auf andere Kater ein, was dazu führte, dass er allein in seinem Käfig hocken musste. Nur auf seiner Pflegestelle in der Nähe von Granada kam er zur Ruhe und zeigte sich von seiner menschengebundenen, liebevollen Seite. Remo scheint heute den Drang nach draußen gar nicht mehr zu kennen – vielleicht, weil er es mit „Obdachlosigkeit“ oder dem Verlust eines Zuhauses assoziiert, das für ihn Sicherheit bedeutet. Für ihn ist unser Wohnzimmer sein Universum, der Balkon der einzige Kontakt zur Außenwelt, den er will.

Theorien, warum Katzen immer nach Hause finden, gibt es viele

Manche Katzen kehren von weiten Streifzügen zuverlässig zurück – andere wagen keinen Schritt vor die Tür. Warum das so ist, ist – wie so vieles an unseren Hauskatzen – nicht abschließend geklärt. Es gibt jedoch mehrere Theorien, mal mehr oder mal weniger sinnige. Darunter die Astronavigation: Einige Forscher vermuten, dass sich Katzen am Sonnenstand orientieren, wie es bei Zugvögeln bereits nachgewiesen wurde. Eine weitere spekulative Theorie ist die vom morphischen Feld, das eine energetische Verbindung zwischen Tier und Ort voraussetzt.

Einig ist man sich jedoch, dass Katzen über ein ausgezeichnetes Orientierungsvermögen verfügen. Dies basiert auf einer Kombination hochspezialisierter Sinne, die einander ergänzen. Der Orientierungssinn einer Katze ist kein einzelnes Werkzeug, sondern ein fein abgestimmtes Zusammenspiel von vielen sensorischen Informationen:

  • Geruchssinn: Mit etwa 200 Millionen Geruchsrezeptoren sind Katzen wahre Spürnasen. Sie können Duftspuren auch über große Distanzen aufnehmen. Selbst der Geruch eines entfernten Beetes oder der heimischen Umgebung kann für sie als Richtungsgeber dienen.
  • Gehör: Ihr hochsensibles Gehör erlaubt es ihnen nicht nur, ein breites Frequenzspektrum wahrzunehmen, sondern auch Geräuschquellen präzise zu lokalisieren. Wissenschaftler gehen davon aus, dass bestimmte Geräuschkulissen wie das Rauschen eines Baches oder das Läuten einer Glocke sogenannte „Hörbilder“ erzeugen, die sich Katzen einprägen und später wiedererkennen.
  • Sehen bei schlechtem Licht: Dank ihrer für die Dämmerung optimierten Augen behalten Katzen selbst bei wenig Licht den Überblick. Orientierungspunkte sind auch in der Dunkelheit gut erkennbar.
  • Tastsinn und Vibrissen: Die empfindlichen Tasthaare an Schnauze und Beinen – sogenannte Vibrissen – erfassen selbst kleinste Luftverwirbelungen. Das hilft Katzen besonders beim Abschätzen von Abständen und beim Navigieren durch enge Passagen. Mit diesen Sinnen erschließen sie sich ihre Umgebung genau.
  • Magnetfeldwahrnehmung: Inzwischen gibt es zudem zahlreiche Hinweise darauf, dass Katzen – ähnlich wie Vögel oder Schildkröten – das Magnetfeld der Erde wahrnehmen können. Diese Fähigkeit könnte ihnen vor allem in unbekanntem Terrain als innerer Kompass dienen.

Was ist an der Magnetfeld-Theorie dran?

Besonders die Theorie über die magnetische Anziehung haben Wissenschaftler bereits genauer untersucht. V. B. Pavlenko und A. M. Kulichenko von der Tavrida National University in Simferopol (Ukraine) haben sich 2004 dem Thema gewidmet und ihre Ergebnisse im Fachjournal „Biophysics“ veröffentlicht.

Ziel der Untersuchung war es, herauszufinden, wie niederfrequente (8 Hz) und hochfrequente (51,47 GHz) elektromagnetische Felder (EMF) das Verhalten von Katzen beeinflussen. Besonders die neuronale Aktivität im sogenannten Locus coeruleus (LC) stand im Fokus. Dies ist eine Region im Hirnstamm, die eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Aufmerksamkeit, Emotionen und Reaktionen spielt.

Neben der Analyse der neuronalen Aktivität wurde auch das Verhalten der Tiere analysiert. Dabei zeigte sich, dass unter Einwirkung von modulierten elektromagnetischen Frequenzen die Aktivität der Neuronen deutlich anstieg. Besonders die niederfrequenten Felder können Verhalten und Bewegung beeinflussen. Die betroffenen LC-Neuronen spielen eine zentrale Rolle bei Aufmerksamkeit, motorischer Kontrolle und emotionaler Reaktion. Katzen sind also in hohem Maße dazu in der Lage, magnetische Felder zu erspüren und reagieren neuronal stark darauf. 1

Nicht jede Katze will (oder kann) zurück

Das würde erklären, warum Minka nach jedem Ausflug zuverlässig zurückfand: Sie hatte sich ihr neues Zuhause auf allen Ebenen eingeprägt. Geräusche, Gerüche, Lichtverhältnisse – all das speichert eine Katze offenbar ab wie wir Menschen ein Fotoalbum.

Doch der Heimfindeinstinkt ist nicht bei jeder Katze gleich stark ausgeprägt. Eine Katze, die keinen Freigang kennt oder möchte, wird sich nicht in demselben Maße orientieren können, wie es Freigänger können. Katzen, die nur in Wohnungshaltung leben und durch Zu- oder Unfall nach draußen gelangen, entfernen sich nie weit von ihrem Heim. Sie suchen sich vielmehr eine Zuflucht, wo sie nicht gesehen werden. Ihre persönliche Erfahrung mit diesem Thema schildert meine Kollegin Saskia Schneider hier: Was Sie sofort tun sollten, wenn Ihre Katze entlaufen ist.

Vielleicht überwiegt bei Katzen wie Remo also die Angst vor dem Unbekannten. Und genau das macht deutlich: Der emotionale Kompass ist genauso wichtig wie die Sinne. Nur wer sich irgendwo wirklich zu Hause fühlt, will auch dorthin zurück – oder gleich dort bleiben. Denn neben den biologischen Sinnen spielt auch die emotionale Bindung an ein vertrautes Revier eine zentrale Rolle. Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Prägung ein Schlüsselfaktor dafür ist, dass eine Katze überhaupt das Bedürfnis hat, nach Hause zurückzukehren. Dies erklärt auch, weshalb manche Katzen irgendwann nicht mehr nach Hause kommen, besonders, wenn es keine enge Bindung zu Heim und Halter gab.

Was man tun kann, damit die Katze ihre Umgebung kennenlernt

Nicht nur deshalb raten Fachleute dazu, neu eingezogene Katzen zunächst mehrere Wochen ausschließlich im Haus zu lassen. In dieser Zeit prägt sich das Tier die Umgebung ein – visuell, olfaktorisch und akustisch – und akzeptiert sie als neuen Rückzugsort.

Katzen verlassen ihr Zuhause selten bewusst – vielmehr werden sie oft durch äußere Reize abgelenkt oder in ungewohnte Situationen verwickelt. Häufige Gründe für ihr Verschwinden sind:

  • Paarungsverhalten bei nicht kastrierten Tieren
  • Revierkämpfe mit anderen Katzen
  • Jagdtrieb: Ein Beutetier oder ein Ort mit vielen Nagern kann sie anlocken
  • Krankheit oder Verletzung: Manche Tiere suchen dann Schutz unter Veranden oder in Scheunen
  • Futtersuche: Fütternde Nachbarn oder Müllplätze können anziehend wirken
  • Veränderungen im Zuhause: Neue Personen, Tiere oder Baumaßnahmen können Stress auslösen

Auch Tierfänger oder Organisationen wie das Tierheim könnten das Tier aufgenommen haben – ein Anruf lohnt sich.

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Wie man Vorsorge treffen kann

Ob Abenteurerin wie Minka oder Rückzugskünstler wie Remo – unsere Aufgabe als Halter besteht darin, den individuellen Bedürfnissen unserer Katzen gerecht zu werden. Denn auch wenn viele Katzen ihren Weg zurückfinden, sollten Halter sich nicht allein auf diese Fähigkeit verlassen. Wer einer Katze Freigang ermöglicht, sollte sie vorher chippen, kastrieren und ihr ausreichend Zeit zur Eingewöhnung lassen. Mit diesen Maßnahmen lassen sich viele Dramen verhindern – und die Chancen auf eine sichere Rückkehr erhöhen.

Themen Katzenverhalten

Quellen

  1. Pavlenko, V. B. & Kulichenko, A. M. (2004). Influence of Extreme Frequency Electromagnetic Fields on Cat Behavior and Neural Activity of Locus Coeruleus. Biophysics, Vol. 49, Suppl. 1, S. S111–S114. ↩︎

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