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Zwangsstörung

Was ist ein Zwingerkoller und wie geht man damit um?

Der Zwingerkoller tritt hauptsächlich auf, wenn Hunde, die im Zwinger sozialisiert wurden, sich in geschlossenen Räumen aufhalten.
Der Zwingerkoller tritt hauptsächlich auf, wenn Hunde, die im Zwinger sozialisiert wurden, sich in geschlossenen Räumen aufhalten. Foto: picture alliance/dpa | Andreas Arnold

02.02.2024, 06:28 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Zwangsstörungen und schadhaftes Verhalten treten nicht nur bei uns Menschen auf. Auch Hunde können solch ein Verhalten entwickeln. Eine Störung, die mitunter Tiere betrifft, die im Zwinger aufgewachsen sind, ist der sogenannte „Zwingerkoller“. PETBOOK-Autorin Nina Ponath hat die Symptome der Zwangsstörung bei ihrer Pflegehündin erlebt und sprach mit einem Hundetrainer darüber, wie man betroffenen Tieren helfen kann. 

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Eigentlich hatte sich „Dolly“ den ganzen Abend ganz normal benommen: Während ich mit meinen Freundinnen auf dem Boden saß, zwischen uns Glühwein und Kekse, legte sie mal den Kopf schief, um zu betteln, mal stupste sie mich an, um gestreichelt zu werden. Erst später, als zwei meiner drei Freundinnen schon aufgebrochen waren, stand sie plötzlich auf und jagte in einem engen Kreis um ihre eigene Achse dem eigenen Schwanz hinterher. „Ich glaube, die ist ein bisschen gaga“, sagte meine Freundin Jana, die ich aus der Schule kannte und ich konnte verstehen: Böse meinte sie das nicht – eher besorgt.  

Dolly war eine Pflegehündin, die ich 2012, ein Jahr bevor ich endlich einen eigenen Hund hatte, bei mir aufnahm. Sie kam aus Ungarn nach Berlin, wo ich damals für ein Praktikum wohnte. Sie war eine tolle Hündin: schlau, absolut lieb, verträglich mit anderen Hunden, ruhig und souverän.

Was ist Zwingerkoller?

Bis Dolly von einem Tierschutzverein aus dem Tierheim befreit wurde, hatte sie im Zwinger gelebt und das merkte man ihr deutlich an. Die Wohnung, in der ich damals wohnte, war relativ klein und sie schien sich draußen merklich wohler als drinnen zu fühlen.

In engen Räumen sprang sie plötzlich auf und lief im Kreis. Ich sollte sie damals nur so lange bei mir behalten, bis eine Familie für sie gefunden wurde. Ihr Glück fand Dolly dann in einem Berliner Vorort, mit einem Halter, der sie zur Arbeit mitnehmen konnte, täglich mit ihr spielte und bei dem sie sich nie wieder eingesperrt fühlen musste. Ein Verhalten, wie ich es bei Dolly kennenlernte, wird als „Zwingerkoller“ bezeichnet. 

So äußert sich die Zwangsstörung

Zwingerkoller ist ein zwanghaftes Verhalten, bei dem Hunde im Kreis laufen oder durch den Raum jagen und stressbedingte Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Die erkrankten Hunde kommen dabei nicht zur Ruhe und sind völlig überfordert mit der Situation. Das kann so weit gehen, dass sich die Hunde beißen und selbst verletzen. Oft sind die Hunde körperlich und geistig unterfordert.

Das Verhalten wird nur im geschlossenen Raum gezeigt, draußen legen die Hunde ihre Symptome gänzlich ab. Wenn sie herausgelassen werden, zeigen sie dieses Verhalten nicht und freuen sich über jede Aufmerksamkeit. 

Auch interessant: Warum Hunde manchmal den eigenen Schwanz jagen

Gründe für Zwingerkoller

Zwingerkoller tritt bei Hunden auf, die schlechte Erfahrungen mit beengten Räumen und Zimmern gemacht haben. Oft sind es Hunde, die aus dem Tierschutz kommen, oder zuchtbedingt im Zwinger gehalten wurden, die ein solches Verhalten entwickeln.  

Was tun gegen Zwingerkoller?

Treten Symptome auf, die zu einem Zwingerkoller passen, sollten Sie zunächst körperliche Ursachen abklären. Liegt dem Verhalten ein Zwingerkoller zugrunde, sollten Sie einen Hundetrainer aufsuchen, mit dem Sie einen Trainingsplan erarbeiten. „Gott sei Dank tritt Zwingerkoller nicht so häufig auf“, sagt Hundetrainer Steve Kaye.

Grundsätzlich sollte man erst einmal versuchen, das Zwangsverhalten zu verstehen. „Das ist einfach gesagt ein Tick, eine Strategie, um mit den Umständen klarzukommen. Man muss sich das so vorstellen: beim Zwingerkoller war der Hund früher stundenlang in so einem Ding. Die ganze Energie wusste nicht, wohin mit sich, und da wird die ganze Energie jetzt in so einer Zwangsbewegung abgelassen.“

So kann man Hunde mit Zwingerkoller unterstützen

Hunde, die an Zwingerkolller leiden, brauchen daher vor allem psychische Unterstützung. Steve Kaye empfiehlt hier Bewegung und eine geistige Beschäftigung, um den Hund auszulasten. „Man sollte sich direkt, wenn man den Zwingerkoller beobachtet, notieren, was konkret die Auslöser sind“, empfiehlt er. Wichtig ist hier, festzuhalten, wo und wann der Zwingerkoller sich gezeigt hat, und ob der Hund ab- oder umgelenkt werden kann. „Wichtig ist, den Hund von Grund auf aufzubauen und ihm Sicherheit zu geben“, sagt Steve Kaye. Mit intensivem Training kann Ihrem Hund der Alltag erleichtert werden. 

Dolly hat mit ihrem neuen Besitzer einen Menschen gefunden, der sich sehr geduldig um sie gekümmert und sich intensiv mit ihr beschäftigt hat. Neben Hundetraining besuchte Dollys neuer Halter auch Agility-Trainings mit ihr und sorgte so für einen geistigen Ausgleich.  

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Fazit

Unter „Zwingerkoller“ versteht man ein zwanghaftes, schadhaftes Verhalten, das Hunde, die lange Zeit im Tierheim oder im Zwinger gelebt haben, mitunter zeigen. Hunde mit Zwingerkoller reagieren auf enge Räume, indem sie im Kreis laufen, dem eigenen Schwanz hinterherjagen oder sich sogar selbst beißen. Das schadhafte Verhalten bekommt man mit viel Geduld in den Griff. Der Hund muss dabei lernen, Vertrauen zur Umwelt zu fassen. Hilfreich können Spiel, geistige Forderung und alles, was die Bindung zu Ihrem Hund stärkt, sein.  

Themen Hundeverhalten
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