30. Mai 2025, 6:11 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Hundetrainerin Katharina Marioth gibt Tipps, was bei einer Vergiftung beim Hund zu beachten ist und was auf einer Notfall-Checkliste niemals fehlen sollte.
Es passiert schneller, als man denkt: Ein Stück Schokolade fällt zu Boden – und noch bevor man sich bücken kann, ist es schon im Hundemagen verschwunden. Oder Ihr Hund mopst sich beim Spaziergang einen Grillknochen – inklusive Alufolie – in vielen Parks leider keine Seltenheit. In Sekunden wird aus einem entspannten Moment ein potenzieller Notfall. Panik macht sich breit – aber was ist jetzt der richtige Weg? Was müssen Sie wirklich tun? In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über gefährliche Stoffe, Erste Hilfe beim Hund und wann Sie unbedingt zum Tierarzt müssen. Plus: eine praktische Notfall-Checkliste für Ihren Kühlschrank.
Gefahrenstoffe im Überblick
Viele typische Haushalts- und Essensreste sind für Hunde giftig oder zumindest gefährlich. Hier eine Übersicht über die häufigsten Substanzen, die du unbedingt vermeiden solltest:
- Schokolade: Enthält Theobromin, das für Hunde giftig ist. Je dunkler die Schokolade, desto höher der Gehalt. Bereits 20 mg Theobromin pro Kilogramm Körpergewicht können erste Symptome verursachen. Eine kleine Tafel Zartbitterschokolade kann für einen kleinen Hund lebensgefährlich sein.
- Alufolie: Hunde, die Essensreste samt Verpackung verschlingen, nehmen oft Alufolie mit auf. Diese kann zu Darmverschluss, inneren Verletzungen oder Verstopfungen führen.
- Grillknochen: Besonders Hähnchen- und Schweineknochen splittern leicht. Die Splitter können Speiseröhre, Magen oder Darm verletzen und im schlimmsten Fall lebensbedrohliche innere Blutungen verursachen.
- Rosinen und Trauben: Sie gelten als hochtoxisch für Hunde, obwohl noch nicht vollständig geklärt ist, warum. Bereits wenige Gramm können bei empfindlichen Tieren akutes Nierenversagen auslösen.
- Zwiebeln und Knoblauch: Schädigen die roten Blutkörperchen. Besonders gefährlich sind gekochte oder verarbeitete Formen (z. B. in Saucen oder Würzmischungen).
- Avocados, Macadamianüsse, Xylit (Birkenzucker): Alle drei gehören zu den besonders giftigen Lebensmitteln. Xylit kann bereits in geringen Dosen zu Insulinschock und Leberversagen führen.
Wichtig: Bei unsicherer Einschätzung lieber einmal zu viel zum Tierarzt – oft zählt jede Minute.
Symptome erkennen – ab wann wird es kritisch?
Vergiftungserscheinungen treten meist innerhalb weniger Stunden auf – können sich aber auch verzögert zeigen. Achten Sie auf folgende Symptome:
Akutphase (0-6 Stunden)
- Unruhe oder Nervosität
- Zittern, Muskelzuckungen
- Erbrechen (manchmal blutig)
- Hecheln oder übermäßiges Speicheln
Spätphase (6-24 Stunden)
- Durchfall, ggf. mit Blut
- Apathie oder ungewöhnliche Müdigkeit
- Krampfanfälle
- Herzrasen, erhöhte Atemfrequenz
- Blasses oder bläuliches Zahnfleisch
Schockanzeichen
- Kreislaufkollaps
- Atemnot
- Bewusstlosigkeit
- Kalt-feuchte Extremitäten
Beobachten Sie Ihren Hund genau – und notieren Sie sich den zeitlichen Verlauf der Symptome. Diese Information kann für die Diagnostik in der Tierklinik entscheidend sein.
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Erste Hilfe zu Hause – das sollten Sie wissen
Erste Hilfe kann das Leben Ihres Hundes retten – aber nur, wenn Sie die richtigen Maßnahmen ergreifen. Es gibt Situationen, in denen Sie besser gar nichts unternehmen, um keine zusätzlichen Schäden zu verursachen.
Das sollten Sie nicht tun
- Kein Erbrechen auslösen auf eigene Faust! Besonders bei Alufolie, spitzen Knochen oder stark ätzenden Stoffen kann das lebensgefährlich sein.
- Keine Hausmittel verabreichen: wie Milch, Öl oder Brot – sie helfen nicht, sondern können die Situation verschlechtern.
Das können Sie tun
- Hund ruhig halten und nicht zum Toben oder Fressen animieren.
- Frisches Wasser anbieten – aber nicht aufzwingen.
- Aktivkohle geben, wenn vom Tierarzt empfohlen – sie bindet Giftstoffe im Magen-Darm-Trakt.
- Temperatur kontrollieren (Normalwert: ca. 38 bis 39 Grad Celsius) – bei starker Abweichung sofort handeln.
Rufen Sie direkt bei der Giftzentrale oder beim tierärztlichen Notdienst an. Halten Sie wichtige Informationen bereit: Was wurde gefressen, wann, wie viel, wie schwer ist Ihr Hund?
Wann Sie sofort zum Tierarzt müssen
Zögern Sie niemals, professionelle Hilfe zu holen. Selbst wenn Ihr Hund (noch) keine Symptome zeigt, kann sich eine Vergiftung schleichend entwickeln.
Sie sollten sofort zur Tierklinik oder in die nächste Praxis fahren, wenn:
- Sie wissen oder vermuten, dass Ihr Hund Schokolade, Rosinen, Xylit, Alufolie oder Knochen aufgenommen hat
- Ihr Hund klein oder sehr jung ist – kleinere Körper verarbeiten Giftstoffe schneller
- Symptome auftreten – selbst milde
- Sie sich unsicher sind: Im Zweifel immer zum Arzt!
Viele Kliniken arbeiten mit individuellen Risikobewertungen, bei denen Alter, Gewicht, Menge und Art der Substanz einbezogen werden. Je früher Sie dort sind, desto besser die Prognose.
Prävention: So vermeiden Sie Notfälle im Alltag
Die beste Erste Hilfe für Ihren Hund ist, wenn es gar nicht erst zu einem Notfall kommt. Ein paar einfache Vorkehrungen können im Alltag viel bewirken:
- Mülleimer sichern – besonders nach Grillabenden oder Partys
- Essensreste nie unbeaufsichtigt lassen, auch nicht auf der Terrasse oder im Garten
- Maulkorbtraining: Für Hunde, die draußen alles fressen – ein gut sitzender Maulkorb schützt im Zweifel Leben
- Abbruchsignal („Nein“, „Aus“) regelmäßig trainieren – idealerweise unter Ablenkung
- Tabuzonen einrichten: Küche, Mülleimerbereiche oder bestimmte Räume sollten hundefrei sein
- Besuch sensibilisieren – Gäste wissen oft nicht, was für Hunde gefährlich ist
Viele Vergiftungsfälle passieren nicht durch Nachlässigkeit, sondern durch Unwissen. Es lohnt sich, Freunde und Familie aufzuklären.
Notfallcheckliste für den Kühlschrank
Eine gute Vorbereitung kann im Ernstfall Zeit – und damit Leben – retten. Drucken Sie sich diese Liste aus und hängen Sie sie gut sichtbar auf:
- Was wurde gefressen? Wann? Wie viel?
- Gewicht, Alter und Rasse des Hundes
- Symptome (Datum, Uhrzeit, Beschreibung)
- Telefonnummern: Haustierarzt, Tierklinik/Notdienst, Giftzentrale z. B. Berlin: 030 19240 (deutschlandweit erreichbar)
- Aktivkohle: Packung + Dosierung griffbereit
- Wichtige Informationen zum Hund: Allergien, chronische Erkrankungen, Medikamente
Tipp: Legen Sie diese Informationen auch digital auf Ihrem Handy ab – z. B. als Notiz oder in einer Haustier-Notfall-App.
Erfahrungsbeispiel: Als Bella die zuckerfreien Brownies klaute
Ein Beispiel aus der Praxis: Die neun Kilogramm schwere Mischlingshündin „Bella“ fraß einen halben Brownie – gesüßt mit Xylit (Birkenzucker), während ihre Besitzerin telefonierte. Zunächst schien alles in Ordnung. 45 Minuten später: Unruhe, Zittern, Erbrechen. In der Tierklinik wurde eine Vergiftung diagnostiziert – zum Glück rechtzeitig. Ohne schnelles Handeln hätte das anders ausgehen können.
Fazit: Auch kleine Mengen können gefährlich sein – insbesondere bei dunkler Schokolade und Xylit und kleinen Hunden.

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Fazit: Ruhe bewahren – aber nicht zögern!
Ein Notfall mit dem Hund ist immer ein Schockmoment – aber wer vorbereitet ist, kann schnell, gezielt und besonnen reagieren. Lernen Sie, die Symptome richtig einzuschätzen, holen Sie Hilfe, wenn Sie sich unsicher sind, und tun Sie alles dafür, dass Ihr Hund gar nicht erst in diese Situation kommt. Denn am Ende zählt genau das: Schutz durch Wissen.
Hängen Sie sich die Checkliste an den Kühlschrank – sie kann im Ernstfall Gold wert sein. Und vergessen Sie nicht: Jeder Hundebesitzer kann zum Lebensretter werden – mit der richtigen Information zur richtigen Zeit.