20. Mai 2025, 5:48 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Hunde sind angeblich treudoof, Katzen schlau und selbstständig. Doch was ist dran an diesen Vorurteilen und kann man die Intelligenz von Hund und Katze tatsächlich miteinander vergleichen? PETBOOK-Autorin Nina Ponath sprach mit einer Wissenschaftlerin und einem Tierarzt über diese spannende Frage.
Hunde- oder Katzentyp: Wenn man stolze Haustierbesitzer nach ihrem Lieblingstier fragt, spalten sich die Meinungen häufig in zwei Lager – völlig unberechtigterweise, wie ich finde, denn Tier ist Tier und entweder man mag Tiere oder eben nicht. Hunde seien treuer, echte Freunde und weniger berechnend, heißt es da oft von der einen Seite, Katzen hingegen seien pflegeleichter, selbstständiger und man müsse sich weniger um sie kümmern, heißt es oft aus dem Katzenlager. Von dort heißt es auch häufig, Katzen seien intelligenter. Ist das wirklich so? Wir haben eine Wissenschaftlerin und einen Tierarzt gefragt.
Mein Leben mit klugen und weniger klugen Vierbeinern
Ich bin mit Hunden aufgewachsen und habe selbst seit mehr als zwölf Jahren einen Mischlingsrüden. Vor einem halben Jahr kam eine weitere Hündin dazu – ein Bodeguero Andaluz, die spanische Form des Jack Russell Terriers – aus dem Tierschutz. Mal abgesehen davon, dass alle von ihnen vier Beine, eine kalte Schnauze und einen sehr ausgeprägten Appetit haben beziehungsweise hatten, sind die Gemeinsamkeiten nicht allzu groß. Auch nicht, was die Intelligenz angeht. Unser Familienhund Maxi ist früher überall ohne Leine mit gegangen und hat ansonsten aber eher sein eigenes Ding gemacht – außer man hat sich in der Küche etwas zu Essen gemacht. Dann war er plötzlich ganz schnell zur Stelle und immer abrufbereit.
Mein Hund Rudi weigert sich bis heute, etwas anderes als Sitz und Platz zu machen und bietet beides gern hektisch an, auch wenn man ihm eigentlich einen völlig anderen Befehl gibt. Meine Hündin Pippa wiederum wirkt manchmal so, als würde sie heimlich Rechenaufgaben lösen. Sie beobachtet ganz genau, was ich mache und hat ganz eindeutig Freude daran, sich Dinge abzugucken und Kommandos zu lernen.
Mit Katzen ist das nicht anders. Hier habe ich zwar weniger Berührungspunkte; wenn man sich aber die Erzählungen von Katzenhaltern anhört, dürfte der IQ von Katzen irgendwo zwischen Toastbrot und Einstein anzusiedeln sein. Manche Katzen schaffen es nicht mal, unbeschadet in den Flur zu gehen, während andere offenbar Schränke selbst öffnen können und sich die Handlungen ihrer Besitzer abschauen.
Wenn alle Hunde und Katzen, so unterschiedlich sind, lässt sich dann überhaupt etwas Verlässliches über ihre Intelligenz sagen?
Wie definiert sich Intelligenz?
Was ist überhaupt „Intelligenz“? Unter menschlicher Intelligenz versteht man die kognitive und geistige Leistungsfähigkeit im Problemlösen. Dementsprechend beinhalten IQ-Tests, welche die menschliche Intelligenz messen sollen, verschiedene Aufgaben, die logisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten, mathematisches Verständnis und sprachliche Fähigkeiten wissenschaftlich abfragen.
Eine kurze, ernst gemeinte Anmerkung von mir als Journalistin, deren kreative Fähigkeiten eindeutig ausgeprägter sind als die naturwissenschaftlichen: klassische IQ-Tests messen nur das, was sich in Zahlen und Regeln pressen lässt: Logik, Mathematik, Sprache. Träumen, Fantasie und kreative Vorstellungskraft entziehen sich solchen starren Kriterien und sind dennoch ein grundlegender Teil von Intelligenz – vielleicht sogar der schöpferischste. Dass sie in klassischen Tests kaum Beachtung finden, zeigt, wie schwierig es ist, Intelligenz grundsätzlich zu messen.
Woran misst man Intelligenz von Tieren?
Wie soll aber eine solche Messung bei Tieren aussehen? Ist Intelligenz hier gleichbedeutend mit Gelehrigkeit? Ist ein Hund, der hoch motiviert Tricks lernen will, wirklich schlauer als ein Hund, der eigensinnig weghört, wenn wir ihn ermahnen?
„Tiere sind genauso intelligent, wie sie es zu sein brauchen“, sagt Dr. Heike Rettig auf Anfrage von PETBOOK. Die Sprachwissenschaftlerin befasst sich mit der Tier-Mensch-, insbesondere mit der Hund-Mensch-Interaktion, und hat zu der Fragestellung, wer denn nun intelligenter ist – Hund oder Katze – eine ganz entschiedene Meinung: „Aus meiner Sicht ist die Fragestellung allerdings ziemlich zweifelhaft: Konkret hängt der IQ ja davon ab, was gefragt wird im IQ-Test. Es zeigt sich, dass man für IQ-Tests trainieren kann und viele Bereiche (wie so etwas wie ‚soziale Intelligenz‘) gar nicht berührt werden.“
Intelligenz, so die Sprachwissenschaftlerin, sei ein menschliches Konzept, das selbst bei der Anwendung auf Menschen umstritten sei. Hunde und Katzen würden demnach immer so agieren, wie sie es in ihrem Hunde – beziehungsweise Katzenleben eben tun müssen, um darin jeweils klarzukommen. Das bestätigt Tierarzt Dr. Hölter aus Stade: Hunde und Katzen zeigen je nachdem, welche Stärken im jeweiligen Test im Fokus sind, unterschiedliche Stärken.
Ist die Art der Intelligenz entscheidend?
Letztlich haben sich Hunde und Katzen im Laufe ihrer Evolution auf unterschiedliche Lebensweisen spezialisiert. Hunde sind in der Zusammenarbeit mit Menschen herausragend, während Katzen in anderen Bereichen, etwa beim selbstständigen Lösen von Problemen, ihre Intelligenz beweisen. Die Frage, wer schlauer ist, hängt also vor allem davon ab, welche Art von Intelligenz man betrachtet.
Forscher der University of Salford in England sehen das anders. In einer Studie haben sie Signale von Hunden ausgewertet und identifizierten dabei 47 verschiedene Gesten, die Hunde artenübergreifend zur Kommunikation benutzen – was laut den Forschern eine erstaunlich hohe Zahl für nicht-primate Säugetiere, insbesondere im Kontext der artübergreifenden und nicht der innerartlichen Kommunikation, sei. 19 der 47 Gesten konnten die Forscher „übersetzen“ und entschlüsselten Gesten, wie die Pfote anzuheben oder sich auf den Rücken zu werfen, als Aufforderung zur Streicheleinheit. Und Katzen? Die erkennen zumindest, wenn wir Menschen mit ihnen kommunizieren, auch wenn sie möglicherweise weniger mit uns in den Kontakt treten.1
Auch interessant: Sind Hunde wirklich auf dem geistigen Stand eines zweijährigen Kindes?
Heißt das nun „schlaue Hunde, blöde Katzen“?
Nicht, wenn es nach Dr. Rettig geht. „Der Vergleich zwischen verschiedenen Spezies erscheint mir nicht sinnvoll“, so die Wissenschaftlerin und gibt weiter zu bedenken: „Wir vergleichen uns ja auch nicht mit anderen Spezies. Es wäre komisch zu sagen, dass Schimpansen ‚sportlicher‘ sind als Menschen, weil sie ‚besser‘ klettern oder Fische ‚besser‘ schwimmen können als Menschen. Was soll denn der Maßstab für eine allgemeine ‚tierische‘ Intelligenz sein?“
Wenn ein Hund mit seiner Supernase einen versteckten Gegenstand schneller findet als eine Katze, sei er nicht „intelligenter“, genauso wenig, wie er nicht dümmer als eine Katze sei, wenn er sich stärker an den mit ihm zusammenlebenden Menschen orientiere und somit lenkbarer sei.
„Hunde wurden über Jahrtausende hinweg auf Zusammenarbeit mit Menschen hin gezüchtet. Dadurch haben sie eine besondere Begabung entwickelt, menschliche Signale zu deuten“, ergänzt Tierarzt Dr. Hölter. „Viele wissenschaftliche Studien zeigen, dass Hunde menschliche Hinweise sehr gut erkennen und bereitwillig mit Menschen zusammenarbeiten.“ Katzen zeigen ihre Intelligenz oft auf weniger offensichtliche Weise, so der Tierarzt. „Sie können zum Beispiel Stimmen ihren Besitzern zuordnen und auf subtile Hinweise reagieren – allerdings oft nur dann, wenn die Situation für sie stimmt.“ Viele klassische Intelligenztests seien auf kooperatives Verhalten ausgerichtet und passen deshalb nicht gut zu Katzen, die von Natur aus unabhängiger sind. Vergleiche man Aufgaben, die besser auf die Eigenheiten von Katzen zugeschnitten sind, schneiden diese ähnlich gut ab wie Hunde.

Sind Hunde wirklich schlauer als andere Tiere?

Wie Sie erkennen, ob Ihr Hund besonders intelligent ist

Sind Hunde wirklich auf dem geistigen Stand eines zweijährigen Kindes?
Fazit
Wer ist denn nun schlauer? Hunde oder Katzen? Das kommt ganz darauf an, welche Stärke wir in den Fokus stellen. Am Ende ist es völlig egal, ob Hunde oder Katzen als „intelligenter“ gelten, denn Intelligenz lässt sich weder bei Menschen noch bei Tieren auf eine Zahl oder eine einzelne Fähigkeit reduzieren. Jede Art – und jedes Individuum – bringt genau die Eigenschaften mit, die es für sein Leben braucht. So wie wir uns unsere Freunde nicht nach deren IQ aussuchen, lieben wir auch unsere Haustiere. Tiere erobern unser Herz nicht durch ihre Cleverness, sondern durch ihre Persönlichkeit. Und genau deshalb ist die Frage, wer intelligenter ist, im Grunde die falsche.