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Lesehund Rudi Rakete

Dieser Hund hilft Kindern mit Leseschwäche 

Lesehund Rudi Rakete hilft Kindern mit Leseschwäche und bringt ihnen nebenbei auch noch den Umgang mit Hunden bei.
Lesehund Rudi Rakete hilft Kindern mit Leseschwäche und bringt ihnen nebenbei auch noch den Umgang mit Hunden bei. Foto: Stadtbibliothek Köln
Dennis Agyemang
Redakteur

06.01.2024, 17:46 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

„Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ Das besagt jedenfalls ein altes Sprichwort. Doch nicht allen fällt es leicht, ein Buch zu lesen. Gerade in der Grundschulzeit gibt es einige Kinder, denen das Lesen lernen schwerer fällt als anderen. In Köln soll ihnen nun ein Lesehund helfen.

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Haben Sie schon mal von einem Lesehund gehört? Dabei handelt es sich um einen besonders kinderlieben Hund, dem Kinder mit Leseschwäche etwas vorlesen können, um so ihre Lesefähigkeit zu schulen und dabei selbstsicherer zu werden. So ein Lesehund ist der zehnjährige ungarische Hirtenhund Rudi Rakete. Er wird gemeinsam mit seiner Halterin Daniela Stolzenburg in der Kölner Stadtteilbibliothek Porz zur hundgestützten Leseförderung eingesetzt.

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So hilft Lesehund Rudi Rakete Kindern beim Lesenlernen

Die Kinder könnten so nicht nur die Scheu vor dem Lesen verlieren, sondern würden so auch in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt, sagt Diplom-Sozialarbeiterin Daniela Stolzenburg über das Lesehund-Projekt im Gespräch mit PETBOOK. „Durch seine Anwesenheit entspannt Rudi die Situation und gibt den Kindern ein Stück Sicherheit“, so die Halterin. „Denn Rudi wertet nicht und übt keinen Druck auf die Kinder aus.“ Einem Hund sei es egal, wie ein Kind liest. Ob flüssig oder nicht, ob es sich ständig verliest, beim Lesen selbstsicher oder flüsternd ist. Und auch die Sprache, in der vorgelesen wird, spiele für Rudi keine Rolle.

So könnten die Kinder ganz entspannt das Lesen üben und gleichzeitig auch den Umgang mit Hunden kennenlernen. Dabei höre Lesehund Rudi aber nicht nur zu, sondern gehe auch – wenn nötig – auf die Kinder ein, verrät Daniela Stolzenburg. „Er kuschelt sich auch mal an ein Kind ran, wenn er merkt, dass es unsicher ist.“ Das entspanne die Situation und nehme den meisten Kindern die Angst vor dem Lesen. „Er hört auch ganz fasziniert zu, wenn ein zweijähriges Kind ihm sein Bilderbuch erklärt. Das hatten wir auch schon“, sagt seine Halterin schmunzelnd.

Lesehund Rudi Rakete voll in seinem Element. In der Bibliothek hilft er Kindern beim Lesenlernen.
Lesehund Rudi Rakete voll in seinem Element. In der Bibliothek hilft er Kindern beim Lesenlernen. Foto: Stadtbibliothek Köln

Lesehund Rudi soll Kindern auch die Angst vor Hunden nehmen

Neben dem Lesefortschritt, den die Kinder in der Lesehund-AG machten, gibt es noch eine weitere Sache, die die ehrenamtliche Pädagogin in ihrer Arbeit bestärkt: „Es ist faszinierend zu beobachten, wenn ein Kind mit der einen Hand das Buch festhält und mit der anderen Hand den Rudi am Bauch krault. Die Kinder sind dabei in ihrer eigenen Welt und vergessen alles um sich herum. Sie sind in ihrer eigenen Blase und fühlen sich wohl.“

Doch durch dieses Angebot hätten nicht nur viele Kinder ihr Lesetalent ausgebaut, sondern auch Berührungsängste mit Hunden überwunden. So erinnert sich Daniela Stolzenburg an ein Mädchen, das während der Lesestunde etwas abseits gesessen sei, aber dennoch gut mitgemacht habe. Sie habe sich nichts groß dabei gedacht, doch nach der Stunde sei Kind zu seinem Vater mit den Worten gerannt: „Papa, Papa! Der Rudi ist ganz anders!“ Im Nachhinein habe sie erfahren, dass das Mädchen erst kurze Zeit zuvor von einem Hund angefallen wurde. „Der Vater hat seine Tochter bei uns angemeldet, um ihr zu zeigen, dass nicht alle Hunde aggressiv sind. Er wollte so ihre Angst vor Hunden abbauen, bevor sie sich verfestigt.“

Rudi Rakete hilft Kindern, Hunde zu verstehen

Mittlerweile biete die Bibliothek mehrere Projekte mit Hund an. Darunter auch einen Kurs namens „Sprichst du Hund?“, in dem den Kindern spielerisch der Umgang mit Hunden beigebracht wird. Dort soll den Grundschülern beigebracht werden, die Körpersprache des Tieres zu lesen und zu verstehen, sagt Yvonne Fischer. Sie ist die Leitung der Stadtteilbibliothek Köln-Porz.

„Dort lernen die Kinder, wie man mit einem Hund interagiert und wie er sich ausdrückt. Beispielsweise, wenn wir lächeln und die Zähne zeigen, ist das eine positive Reaktion. Wenn der Hund die Zähne zeigt, dann ist das eine negative Reaktion. Das lernen die Kinder spielerisch und interaktiv. Wir haben dann einen abgesperrten Bereich in der Bibliothek und dann hört man mal wie die Kinder bellen oder heulen, weil sie quasi lernen, wie ein Hund spricht.“ Immer mit dabei: Rudi Rakete.

Ihm lesen die Kinder besonders gerne vor. Lesehund Rudi Rakete ist ein geduldiger Zuhörer.
Ihm lesen die Kinder besonders gerne vor. Lesehund Rudi Rakete ist ein geduldiger Zuhörer. Foto: Stadtbibliothek Köln

Von der Tötungsstation in die Stadtbibliothek

Doch bevor Rudi zum Lesehund wurde, hatte der Rüde ein trauriges Leben. Zwar ist nicht viel über seine Vergangenheit bekannt, man weiß aber, „dass er aus einer ungarischen Tötungsstation kommt und wohl davor einige Zeit an der Kette zugebracht hat.“ Dank einer Tierschutzorganisation kam Rudi dann zu Daniela Stolzenburg und ihrem Mann, kurz nachdem ihr vorheriger Hund verstorben war. „Rudi war ein Angsthund, der vor allem Angst hatte – auch vor Menschen. Insbesondere vor Händen“, erinnert sie sich zurück.

Doch mit viel Geduld, Liebe und Humor konnte sie Rudi zu dem Hund machen, der er heute ist. „Bei seinem Einzug habe ich ihm unsere Hausordnung vorgelesen“, verrät Daniela Stolzenburg lachend. Nun, dreieinhalb Jahre später, sei er nach einem guten Training, in dem Rudi „ein Streber sondergleichen war“, nicht nur Lesehund in zwei Kölner Stadtteilbibliotheken, sondern dort auch ein kleiner Star. So seien die Kinder ganz verrückt nach dem kuscheligen Riesen und freuten sich immer sehr, ihn in der Porzer Bibliothek zu sehen. „Wir werden manchmal sogar auf der Straße angesprochen“, sagt Stolzenburg. „Dann fragen Eltern, wann die nächsten Termine sind und ob ihre Kinder auch mal zum Lesen vorbeikommen können.“

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Die Idee wurde in der Corona-Zeit geboren

Doch wie kommt man eigentlich auf die Idee, aus dem eigenen Hund einen Lesehund zu machen? Der Einfall sei ihr 2020 während Corona gekommen, erklärt die Wahl-Kölnerin. „Ich konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten und brauchte eine Beschäftigung.“ Sie sei schon immer „ein großer Bücherwurm“ gewesen und habe besonders in der Corona-Zeit bemerkt, dass sie durch das Lesen dem reglementierten Alltags entfliehen und mit ihren Büchern reisen und Abenteuer erleben konnte. Dieses fantastische Werkzeug wollte sie mit Kindern teilen und ihnen beim Lesenlernen helfen. Denn: „Man war ja total eingesperrt und es gab keine sozialen Kontakte. Damals wurde mir klar, wie wichtig Lesen ist.“

Der Distanzunterricht sei für die Kinder kein Zustand mehr gewesen, sagt Daniela Stolzenburg. Da sei sie aktiv geworden und habe in ihrer Stadtteilbibliothek gefragt, ob man nicht an einem Vorlesehund interessiert sei. In dieser Stadtteilbibliothek habe man bereits einen Vorlesehund gehabt, doch über Umwege sei sie schon wenige Tage später in der Stadtteilbibliothek Porz gelandet „und der Rest ist Geschichte“, sagt sie lachend.

Warum die beiden – Lesehund Rudi Rakete und seine Halterin – so ein gutes Team sind, weiß Daniela Stolzenburg ganz genau: Hier treffen ihr beruflicher Hintergrund und „ein souveräner und gechillter Hund, der absolut kinderfreundlich ist“ aufeinander.

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