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Erfahrungsbericht Bark Date

PETBOOK-Autorin: „So aufwühlend war’s beim Speed-Dating für Adoptionshunde“

Bei den Bark Dates treffen Menschen mit Hundewunsch auf Vierbeiner, die nach einem neuen Zuhause suchen. (Symbolbild)
Bei den Bark Dates treffen Menschen mit Hundewunsch auf Vierbeiner, die nach einem neuen Zuhause suchen. (Symbolbild) Foto: GettyImages/ Jelena Lalic

26.04.2024, 12:04 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Seit kurzem gibt es in einigen deutschen Städten „Bark Dates“. Dort können bei einer Art Speed-Dating Menschen, die sich einen Hund wünschen, Vierbeiner aus dem Tierschutz kennenlernen – unverbindlich und in entspannter Atmosphäre. PETBOOK-Autorinnen Carmen Dörfler und Rebecca Stringa waren beim zweiten Bark Date in Berlin dabei.

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„Adopt, don’t shop“ ist ein gängiges Motto, wenn es darum geht, einen Hund in sein Leben zu holen. Oft stehen Menschen, die sich ein Haustier wünschen, dann aber vor einem Dilemma: Online-Seiten, auf denen Hunde adoptiert werden können, scheinen oft unseriös, private Pflegestellen sind schwer zu finden, im Tierheim erwartet einen häufig ein langwieriger Prozess. Und bei Hundeadoptionen aus dem Ausland holt man sich quasi die Katze bzw. den Hund aus dem Sack. Diese Problematik scheinen auch die Köpfe hinter „Bark Dates“ erkannt zu haben. Was Bark Dates sind und wie sie ablaufen, erklärt Ihnen PETBOOK im Folgenden.

Das steckt hinter „Bark Dates“ und so laufen sie ab

Bark Dates sieht sich laut Website als Kennenlernplattform. Nicht für Singles mit Haustieren, sondern für Menschen, die einen Hund suchen. „Unser Ziel ist es, Mensch und Hund auf einer lokalen Ebene zusammenzubringen, um ihnen die Chance zu geben, sich kennenzulernen.
Bei einem Bark Date kannst du gleich mehreren Hunden begegnen, dich mit ihren Pflegestellen oder Tierschutzorganisationen austauschen und hast so eine bessere Auswahl. Statt dich nur auf Bilder aus dem Internet zu verlassen, kannst du dich hier ganz auf den Charakter und die Persönlichkeit des Hundes konzentrieren. Es ist die Gelegenheit, zu spüren, ob die Chemie zwischen euch stimmt, und deinen besten Freund zu finden“, heißt es dazu auf der Webseite.

Wer Interesse an einem Hund aus dem Tierschutz hat, geht zum angegebenen Treffpunkt und kann sich dort von den zu vermittelnden Vierbeinern beschnuppern lassen. Wenn es passt, werden Kontaktdaten ausgetauscht und das weitere Vorgehen vereinbart. Direkt vor Ort wird kein Hund adoptiert. Dies dient dazu, übereilte Entscheidungen zu vermeiden, die häufig dazu führen würden, dass der Hund nach kurzer Zeit wieder zurückgegeben werden muss, heißt es dazu.

„Bark Dates bietet eine breite Auswahl an Hunden aller Altersklassen, Rassen und Charaktere!“

An einem Sonntagmorgen treffe ich meine Kollegin und wir laufen über das Tempelhofer Feld in Berlin. Wir sind heute allerdings nicht zum Flanieren hier, sondern mit einer Mission: Hier findet nämlich heute ein Bark Date statt, das wir uns angucken wollen. Rund 15 Hunde sollen dort im Idealfall ihr neues Zuhause finden. In einer ruhigeren Ecke auf einer Wiese sehen wir eine Menschengruppe mit Hunden an Leinen. Das rote Halstuch, das sie tragen, macht mit einem klaren Aufdruck deutlich: „Adopt me“.

Kurz umgeguckt, wissen wir kaum, wo wir anfangen sollen mit kennenlernen – die Tiere sind so unterschiedlich und alle so niedlich, dass es fast schade ist, dass wir beide schon eigene Hunde haben. Die Menschen, die außer uns hier sind, meist jedoch nicht. Sie sind auf der Suche nach einem neuen Liebling und können hier in überwiegend entspannter Atmosphäre mögliche tierische Kandidaten dafür kennenlernen.

Erste Annäherung an eine 9-jährige Spitz-Hündin

Wir entscheiden uns bei einer 9-jährigen Spitz-Hündin zu starten. Weißes Fell, zutrauliche Augen und ein ruhiges Gemüt hat die Kleine, wie auch ihre Pflegemutter attestiert. Für Suzy ist es bereits das zweite Bark Date. „Beim letzten Mal hat es leider nicht gepasst“, erklärt die vorläufige Besitzerin. Doch das soll sich heute ändern.

Allerdings hat die Kleine große Konkurrenz. Vor allem die Hunde, die freudig mit dem Schwanz wedeln und neugierig an all den Menschen schnuppern, die auf sie zukommen, stehen hier hoch im Kurs. Um einen Mischlingshund mit karamellfarbenem Fell hat sich schnell eine Traube an Menschen gebildet, die im Gras sitzen und verliebt den Hund anblicken, der vor lauter Aufregung aufgedreht von links nach rechts hüpft und alle kennenlernen will.

Überwiegend gut sozialisiert scheinen die Tiere zu sein. Dafür sorgen die Pflegestellen. Natürlich gibt es auch hier den ein oder anderen schwierigeren Fall. Einer der Hunde beispielsweise sitzt eher abseits, streckt die Rute nach oben und kommt dann aber doch neugierig auf Interessenten zu. Allerdings ist er wählerisch, nicht alle dürfen in seine Nähe. Es sei etwas viel Aufregung für ihn, erklärt seine Pflegestelle. Mit Leckerli lässt er sich aber gerne bestechen.

Einige Hunde haben bereits schlechte Erfahrungen gemacht und suchen Sicherheit

Andere haben in ihrem Leben bereits einiges erlebt, wie der Frenchie Bax. Als Welpe viel zu früh verkauft, lebte er laut seiner Pflegemutter in einer Wohnung mit 14 Menschen, davon zehn Kindern, die wohl wenig tierfreundlich mit dem Hund umgegangen seien. Wenn er nicht von ihnen herumgezogen wurde, sei er im Bad eingesperrt gewesen. Für sein Alter und seine Rasse ist er zu dünn und trägt zudem einen Maulkorb, der potenzielle Interessenten erstmal auf Abstand hält. Auch uns.

Aber weil unsere Neugierde einfach zu groß und Bax zu süß ist, um es nicht zu versuchen, näheren wir uns langsam und erfahren seine Geschichte. Den Maulkorb trägt er überwiegend, weil er alles frisst, was ihm unter die Schnauze kommt. Kein Wunder, bedenkt man, dass er bei seiner letzten Familie wohl kaum ausreichend Futter bekommen hat. Nach kurzem vorsichtigen Annähern meinerseits geht alles ganz schnell: Ich setze mich ins Gras, Bax wird auf mich aufmerksam gemacht und kommt angeschossen – wie Frenchies eben so angeschossen kommen – und kuschelt sich sofort an mich. Er wolle gestreichelt werden, brauche Liebe, Aufmerksamkeit und vor allem Sicherheit, erklärt man uns. Das merkt man. Schwierig ist es, von so einem süßen Hund wegzugehen.

Meine große Liebe des Events: Khaleesi, eine junge Whippet-Mischlingshündin

Doch es gibt noch mehr tolle Vierbeiner beim Bark Date kennenzulernen. Khaleesi ist eine von ihnen. Die viermonatige Whippet-Mischlingsdame erinnert mich so sehr an meinen eigenen Hund, dass ich mich sofort verliebe. Aus Griechenland stammend, mit einem schmalen Gesicht, ängstlich, aber mit so lieben Augen. Sie ist zurückhaltender, was das Kennenlernen angeht. Allerdings ist sie großer Fan von Leckerli und lässt sich so auch problemlos streicheln. Erst seit wenigen Wochen sei sie in Berlin. „Aber sie macht sich richtig gut!“, lobt ihre Pflegemutter. Aus eigener Erfahrung mit meinem Hund denke ich mir: Ja, das macht sie.

Losreißen kann ich mich von ihr nur, weil es Interessenten gibt, die sich ihr langsam nähern. So ist es bei vielen Hunden. Zu Beginn ist der Großteil der Zweibeiner noch sehr zaghaft, sehen sie aber, dass die Hunde sich streicheln lassen, teilweise Grundkommandos kennen oder einfach spielen und kuscheln wollen, tauen sie auf.

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Auch Kinder sind vor Ort

Nach etwa einer Stunde sind grob 40–50 Menschen hier, darunter auch Kinder, was ich im ersten Moment mutig, aber dann auch schlichtweg logisch und wichtig finde. Denn wer als Familie ein vierbeiniges neues Mitglied sucht, muss natürlich wissen: Ist der Hund wirklich kinderfreundlich? Da bieten Bark Dates einen entscheidenden Vorteil im Vergleich zu Online-Adoptionen, denn hier lässt es sich vor Ort herausfinden.

Und das ganz ohne Zwang. Denn keiner der Hunde kann direkt vom Fleck weg mitgenommen werden. Stattdessen werden Nummern ausgetauscht oder man nimmt eine Visitenkarte des Wunschhundes mit und kann sich so zu weiteren Treffen verabreden. So geht man sicher, dass es zwischen Hund und Mensch wirklich passt und es sich beim nächsten Zuhause der Hunde um ihr Zuhause auf Lebenszeit handelt.

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Mit den Bark Dates sollen auch die Tierheime entlastet werden

Nachdem wir so gut wie alle Hunde kennengelernt – und gestreichelt – haben, ist das Bark Date auch schon fast vorbei. Zwei Stunden sind dafür angesetzt. Sicher auch genug Aufregung für Hund und Mensch. Wie es dann weitergeht, ist ganz individuell, sagt uns die Organisatorin. Wenn es beim Date zwischen Mensch und Hund gefunkt hat, kann man sich mit dem Verein in Kontakt setzen und weitere Adoptionsdetails besprechen. Aber die Möglichkeit, zu adoptierende Hunde mit Menschen zusammenzubringen, die sich einen Hund wünschen, ist eine gute und wichtige Idee.

Ziel sei es in Zukunft deutschlandweit Bark Dates anbieten zu können, erklärt Bark Date-Mitarbeiterin Lisa gegenüber PETBOOK. „Wir wünschen uns, dass so viel mehr Menschen zu einem Hund aus dem Tierschutz kommen und viele Hunde ihr Zuhause für immer finden. Auch, um die Tierheime zu entlasten.“

Mein Fazit zum „Bark Date“

Nach nur knapp zwei Stunden muss ich sagen: Das Konzept der Bark Dates finde ich großartig. Ich selbst habe meinen Hund über einen Verein aus Griechenland adoptiert – ohne ihn vorher live zu sehen. Ich (und alle, die ich kenne, die so ihren Hund gefunden haben) hatte Glück – er ist lieb, verspielt, fährt liebend gerne Auto und geht vorsichtig mit Kindern um – doch das ist Zufall und lässt sich als selbst kinderloser Mensch leicht sagen. Möchte man auf Nummer sicher gehen, nicht nur, weil Kinder im Haushalt leben, sind die Bark Dates eine gute Möglichkeit, Hunde verschiedenster Altersklassen, Rassen und Gemüter unverfänglich kennenzulernen. Aber auch umgekehrt bringt ein solches Event den Vorteil, dass selbst Hunde, die sonst aufgrund ihres Alters oder ihres Aussehens durch das Raster fallen würden, hier ein neues Zuhause finden können. Denn hier können sie live mit ihrem Charakter überzeugen – und das tun sie! Mich auf jeden Fall.

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