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Vermeintliches Fehlverhalten

Hilfe, mein Pferd beißt! Ursachen und was man dagegen tun kann

Pferd beißt – was tun? Pferd zeigt Zähne
Und plötzlich beißt das Pferd und so mancher fragt sich: Warum? Die Ursachen können vielfältig sein. Foto: Getty Images
Porträtaufnahme von Autorin Manuela Lieflaender mit Hund Elvis
Freie Autorin

18.09.2022, 17:09 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Wenn das eigene Pferd schnappt oder beißt, überwiegt im ersten Moment die Verwunderung. Gar nicht so leicht, danach emotionslos zu bleiben und nicht enttäuscht oder wütend über die vermeintliche Attacke zu sein. Die gute Nachricht: Die allermeisten Pferdemenschen kennen das Problem. Kein Wunder. Gehört das „Schnappen“ doch genauso zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Pferden wie das Bocken, Steigen, Weglaufen oder Treten.

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Wie auch immer sich ein Pferd uns gegenüber verhält, es steckt eine Botschaft dahinter. Bevor es also darum geht, was zu tun ist, sollte man nach den möglichen Ursachen für das Fehlverhalten forschen – und da ist die eigene Beobachtungsgabe gefragt. Um ein Grundverständnis dafür zu entwickeln, warum Pferde überhaupt schnappen und beißen, hilft ein Blick in die Natur: In der Herde wird Beißen zu unterschiedlichen Zwecken angewendet. Hengste und Wallache beißen sich beispielsweise, um sich zum Spielen aufzufordern. Stuten hingegen beißen meistens zu Erziehungszwecken. Beide Geschlechter beknabbern oder beißen sich während der gegenseitigen Fellpflege in unterschiedlicher Intensität. Putzt der Mensch sein Pferd, kann das Beißen in einigen Fällen auch eine Aufforderung sein, stärker zu „schrubben“. Vor allem Jungpferde müssen erst lernen, dass dieses Verhalten im Umgang mit uns nicht erwünscht ist. Wenn Pferde Angst haben, können sie zur Verteidigung ebenfalls ihre Zähne einsetzen.

Mögliche Ursachen, warum das Pferd beißt

Füttern aus der Hand

Ein häufiger Grund, warum das Pferd beißt, ist das Füttern aus der Hand. Viele Pferdefreunde möchten dem Tier mit einer Belohnung etwas Gutes tun und es für ein erfolgreiches Training mit einem Leckerli aus der Hand belohnen. Wiederholt sich dieses Ritual ein paar Mal, baut sich beim Pferd eine Erwartung auf. Es riecht beispielsweise, dass sich in der Jackentasche eine Möhre befindet und versucht, mit seinem Maul an der Jacke zu ziehen, damit die Möhre herausfällt. Die Intensität des Fehlverhaltens kann so weit ansteigen, dass das Pferd schon schnappt, wenn der Mensch zur Begrüßung die Hand vor die Nüstern des Pferdes hält.

Das Problem ist meistens gelöst, sobald es kein Futter mehr aus der Hand gibt. Dann nimmt die Erwartung des Tieres rasch ab.

Futterlob mit Clickern
Möchte man weiterhin mit Futterlob arbeiten, ist das sogenannte Clickern eine sinnvolle Alternative. Hierbei konditioniert man das Pferd darauf, dass es für den Klick mit dem Clicker Futter bekommt: 1x Klick = Futter. Dazu hält der Mensch in der einen Hand den Clicker und in der anderen ein Leckerli. In schneller Abfolge erhält das Pferd nach jedem Klick seine Belohnung. Zu Beginn misst das Pferd dem Klick-Geräusch keine besondere Bedeutung bei. Nach einigen Wiederholungen wird das Leckerli nach dem Klick erst einen Moment später gegeben. Jetzt tritt das Klick-Geräusch in der Wahrnehmung des Pferdes in den Vordergrund. Stellt man fest, das Pferd erwartet nach dem Klick bereits sein Stückchen Futter, hält man den Arm anschließend mit dem Objekt der Begierde ein Stückchen weiter weg. Sobald diese Übung 100-prozentig vom Pferd verstanden wurde, kann der Clicker generell als Signal für richtiges Verhalten eingesetzt werden. Wichtig, damit es nicht wieder zum Schnappen kommt: Man sollte das Futter immer eine Armlänge vom Körper entfernt geben.

Fazit: Wer mit Futter trainieren möchte, braucht Disziplin. Ansonsten trainiert man sich Fehlverhalten an.

Schmerzen als Grund für Fehlverhalten

Auch Schmerzen können der Grund sein, warum das Pferd schnappt oder gar beißt. Diese können etwa orthopädischer Natur sein oder mit dem Magen-Darm-Trakt zu tun haben.

Schmerzen sollte man immer als Ursache in Betracht ziehen, denn die Tiere leiden stumm vor sich hin und zeigen deutliche Verhaltensänderungen oftmals erst dann, wenn es ihnen so schlecht geht, dass sie nicht mehr anders können.

Eine gute Beobachtungsgabe ist also gefragt: Wann zeigt mein Pferd das Fehlverhalten? Ist das zum Beispiel beim Satteln der Fall, gilt es zu hinterfragen:

  • Passt der Sattel?
  • Ist der Sattelgurt zu fest oder sitzt nicht richtig? Den Sattelgurt auszutauschen kann Abhilfe schaffen.
  • Wird ruckartig oder langsam angegurtet?
  • Wie ist es um den Magen des Pferdes bestellt, hat es Bauchweh? Dann schmerzt das Angurten natürlich. Übrigens haben sehr viele Pferde Magenbeschwerden.

Es ist also wichtig, medizinisch abklären zu lassen, ob Schmerzen der Auslöser sind.

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Welche Rolle die Geschlechterkonstellation spielen kann

Können medizinische Gründe ausgeschlossen werden, liegt die Ursache möglicherweise in uns selbst. Pferdeexpertin Alexandra König ist der Ansicht, die Geschlechterkonstellation von Pferd und Reiter könne eine Rolle spielen. So könne es sein, dass Stuten beißen, wenn eine Frau in ihrem Leben gerne mit ihrem Sexappeal spiele, erklärt sie PETBOOK. „Die Stute signalisiert der Frau sozusagen, dass sie Gefahr läuft, für Übergriffigkeiten Tür und Tor zu öffnen.“ Auch der harte und dominante Umgang, den viele Frauen mit ihren Stuten pflegten, führe zu Übergriffigkeiten seitens des Tieres.

In der Herde hingegen beißen Stuten beispielsweise zur Disziplinierung ihrer Fohlen. Dabei variieren sie in der Intensität. Ist die Rangfolge zum Menschen also nicht eindeutig geklärt, zeigt die Stute ein ähnliches Verhalten, um ihre Grenzen aufzuzeigen und dem Menschen einen Platz zuzuweisen.

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Pferde als Spiegel der eigenen Seele

„Pferde nehmen von den Menschen nicht nur das Verhalten aus der Körpersprache als Information, sondern auch aus dessen Ausstrahlung“, so König zu PETBOOK. „Diese beinhaltet die energetische Signatur mit dessen innerer Haltung und Lebensweise.“ Alexandra König sieht ihren Schwerpunkt im Übersetzen der Pferdesprache. Dies lehrt sie seit 2009 in ihrer „Saliho School“.

Während Stuten also nach Meinung der Expertin ihre Besitzerinnen wieder in ein gesundes Gleichgewicht bringen wollen, verlangen Wallache nach einer klaren Struktur im gemeinsamen Umgang sowie nach Emotionslosigkeit. Zudem sei es ratsam, bei gemeinsamen Bewegungen wie dem Führen oder der Freiarbeit, auf die eigene Individualdistanz zu bestehen, die das Tier mit seinem Kopf nicht unterschreiten dürfe. „Das sind rund um den Körper ungefähr 50 Zentimeter“, erklärt Alexandra König. „Während der Sozialpflege oder dem Putzen ist es erlaubt. Alles andere darüber hinaus sieht der Wallach oder Hengst schon als Erlaubnis, die Frau zu dominieren.“

Männer hätten aufgrund ihrer männlichen Energie übrigens deutlich seltener das Problem, von Pferden gebissen zu werden. Dennoch kommt es sowohl bei Stuten und bei Wallachen bzw. Hengsten auch bei ihnen vor: „Pferde spiegeln ganz sensible Themen aus der Kindheit wider. Traumata wie z. B. Erniedrigung oder Missbrauch können ein Pferd zu Monstern werden lassen, um das noch wirkende Monster im Menschen aufzuzeigen.“

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Was kann man gegen das Schnappen und Beißen tun?

Das Schnappen und Beißen gehört zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Pferden. Vor allem Wallache spielen untereinander, indem sie sich gegenseitig beißen. Diese Verhaltensweise wird untereinander auch benutzt, um Druck auszuüben und auszuprobieren, wer wen bewegen darf. Man spricht in diesem Fall von sogenannten „Raumspielen“, das bedeutet, ob und wie weit das eine Pferd die Individualdistanz des anderen Pferdes unterschreiten darf. Der ausgeübte Druck mit den Zähnen ist bei solchen Spielen als Frage zu sehen: Wie weit darf ich in deinen Raum?

Als Mensch machen wir uns dieses Pferdeverhalten häufig zu eigen, in dem wir das Pferd rückwärts schicken, wenn es uns zu nah kommt oder wenn wir uns Respekt verschaffen wollen. Die Pferdeexpertin Alexandra König sieht das kritisch: „Das ist eine künstliche und viel zu späte Dominanzgeste. Sie ist kontraproduktiv für die Beziehung, weil die Frau als unberechenbar erscheint, wenn sie versäumt, den Abstand durch ein Signal zu begrenzen.“ Die Trainerin rät, selbst zurückzutreten und den Raum wieder friedfertig bis auf 50 Zentimeter herzustellen. Doch Vorsicht: Weicht man zurück, weil das Pferd droht oder gar schnappt, können sich die Probleme verschlimmern, weil das Tier durch den Rückzug des Menschen mit seinem Verhalten Erfolg hatte.

Es kommt also auf das eigene Zielbild an. Erst wenn wir eine Vorstellung davon haben, welchen Abstand das Pferd zu uns halten soll, können wir das passende Timing entwickeln, um das Pferd zu begrenzen, bevor es zu weit in unseren Raum eindringt. Zeigt das Tier die ersten Ansätze richtigen Verhaltens, zum Beispiel, in dem es stehen bleibt und nicht weiter auf uns zukommt, wird der Druck weggenommen, in dem erst mal keine weitere Aktion erfolgt oder man gar einen Schritt zurücktritt. Das Pferd sieht es als Belohnung an, wenn kein Druck mehr existiert. Es empfindet in dieser Situation Komfort. Ein Leckerchen aus der Hand ist nicht mehr notwendig.

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Die einzelnen Maßnahmen im Überblick

Zunächst sollte man sich fragen: In welcher Situation beißt oder schnappt das Pferd? Was könnte der Auslöser sein? Dabei sollte auch das eigene Verhalten betrachtet werden. Anschließend folgt die Frage: Wie ist mit dem Beißen oder Schnappen umzugehen?

  • Pferd schnappt schon bei der Begrüßung nach der Hand: In diesen Fall wird entweder komplett auf Futterlob verzichtet oder es werden alternative Methoden wie z. B. Clickern gewählt.
  • Pferd beißt beim Satteln: Dann gilt es zu hinterfragen, ob der Sattel nicht passt oder ein Problem mit dem Sattelgurt besteht. Anschließend sollte man den Sattler bestellen und den Sattelgurt austauschen. Auch möglich: Magenprobleme. Dies sollte vom Tierarzt untersucht werden.

Wenn das Pferd schnappt oder beißt, sollte man sich auch fragen, ob man persönliche Probleme hat. Die eigene Stimmung sollte analysiert werden, wenn man zum Stall fährt. Unsicherheit, schlechte Gedanken, mangelndes Selbstvertrauen und generell schlechte Stimmung werden vom Pferd wahrgenommen. Da die Tiere sich stets Sicherheit und Komfort wünschen, können unsere Stimmungsschwankungen bei ihnen unerwünschte Reaktionen hervorrufen. Dessen sollten wir uns bewusst sein und im Sinne des Pferdes in Persönlichkeitsentwicklung investieren.

Respekt und Vertrauen zwischen Mensch und Pferd dürfen keine Einbahnstraße sein. Führung wird von Pferden nicht anerkannt, wenn es an diesen beiden Beziehungskomponenten mangelt. Nicht, weil es dominant ist, sondern weil es seine eigene Sicherheit gewährleisten möchte.

Und bei allem sollte man nie vergessen: Respekt kann nicht angefüttert werden.

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