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Sturz

Landen Katzen wirklich immer auf den Pfoten?

Katze im Sprung
Wenn Katzen weite Sprünge wagen oder aus großer Höhe fallen, landen sie dabei in der Regel auf ihren Pfoten Foto: Getty Images
Sonja Jordans

17.03.2023, 16:48 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Katzen, sagt zumindest der Volksmund, landen immer auf ihren Pfoten – angeblich sogar, wenn sie aus größerer Höhe hinabfallen. Doch stimmt das wirklich? Und wenn ja, aus welchem Grund schaffen es Katzen oftmals, nach einem Sturz auf allen Vieren aufzukommen? PETBOOK erklärt, was es mit dem Mythos auf sich hat.

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Jeder Katzenliebhaber kennt die spektakulären Aufnahmen, wie eine Katze sich im Fall aus großer Höhe in der Luft dreht. So landen sie meist auf allen Vieren und nicht auf dem Rücken oder der Seite. Diese Fähigkeit nennt sich Stellreflex oder auch Drehreflex, erläutert Carmen Schell, Tierpsychologin und Expertin für Katzenverhalten aus Dieburg in Hessen. Fällt eine gesunde Katze irgendwo herunter, läuft also innerhalb von Sekundenbruchteilen regelmäßig eine Art automatisches Programm ab, das die Katze nicht aktiv steuert. Aber landen Katzen beim Fall wirklich immer auf ihren Pfoten?

So funktioniert der Stellreflex

Beim Stellreflex wendet die Katze zunächst Kopf und Vorderkörper und dann den Hinterleib mithilfe ihres Schwanzes und der Pfoten in Richtung Boden. Der Schwanz dient dabei als eine Art Balancierstange und bremst zugleich die Fallgeschwindigkeit des Tiers. Außerdem streckt die Katze ihre Beine von sich, wodurch sich ihre Körperfläche vergrößert und der daraus resultierende größere Luftwiderstand ebenfalls die Fallgeschwindigkeit reduziert. Beim Landen krümmt die Katze zudem ihren Rücken, macht also einen Katzenbuckel, um eine harte Landung zusätzlich abfedern zu können. Ihr ausgeprägter Gleichgewichtssinn sorgt unter anderem dafür, dass eine Katze schnell realisiert, wenn sie kopfüber irgendwo hinabstürzt.

Katze fällt aus großer Höhe und dreht sich in der Luft
Der Stellreflex der Katze sorgt dafür, dass sich die Tiere noch im Fall drehen, um auf den Pfoten zu landen Foto: Getty Images

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Muss eine Katze das Drehen nach einem Sturz üben?

Der Begriff Reflex verrät es eigentlich schon: Die Fähigkeit, sich in der Luft zu drehen – also der Stellreflex – ist Katzen angeboren und muss nicht erlernt werden. Das Tier kann die Drehung also nicht bewusst steuern. Vielmehr wird der Stellreflex unter anderem durch den sehr ausgeprägten Gleichgewichtssinn der Katze bestimmt.

Dafür verantwortlich ist das sogenannte Vestibular-Organ im Innenohr der Katze. Es besteht – vereinfacht dargestellt – aus drei Bogengängen, auch Labyrinth genannt, die mit Flüssigkeit gefüllt sind. Dieses Gebilde funktioniert in etwa wie eine Art Wasserwaage und signalisiert dem Tier, in welcher Position sich Kopf und Körper im Vergleich zum Boden befinden. Das System spricht – wie beim Menschen auch – unter anderem auf die Erdanziehung an. Beim Sturz sorgt es dafür, dass sich die Katze ausrichten und auf allen Vieren landen kann. „Allerdings entwickelt sich der Stellreflex bei einem neugeborenen Kätzchen erst nach rund drei bis vier Wochen, also etwa dann, wenn das Tier kontrolliert laufen lernt“, erklärt Katzenexpertin Carmen Schell.

Welche Höhe brauchen Katzen, damit der Stellreflex funktioniert?

Um sich in der Luft drehen und wirklich sicher auf den Pfoten landen zu können, braucht die Katze tatsächlich eine gewisse Mindest-Sturzhöhe, wie Carmen Schell, Expertin für Katzenverhalten, erläutert. „Etwa zwei Meter sollten es schon sein.“

Ansonsten bestehe die Gefahr, dass das Tier nicht genug Zeit hat, um sich im freien Fall drehen zu können. Dann landet die Katze womöglich doch auf Rücken oder Flanke und kann den Sturz nicht richtig abfedern. Nur wenn eine gewisse Mindesthöhe und damit ausreichend Zeit vorhanden ist, um sich drehen zu können, läuft beim Fallen innerhalb von Sekundenbruchteilen die bereits beschriebene Reihenfolge ab: Erst dreht die Katze Kopf und Oberkörper, dann den Hinterleib, um schließlich auf den Pfoten landen zu können.

Also landen Katzen nicht immer auf den Pfoten?

„Oft, aber nicht immer“, sagt dazu Katzentherapeutin Carmen Schell. „Es kommt unter anderem auf die Höhe an, aus der das Tier fällt.“ Auch Alter, Gewicht und gesundheitlicher Zustand der Katze spielten eine Rolle. Tiere, die keinen Schwanz haben – etwa, weil er nach einem Unfall amputiert werden musste oder solche wie Katzen der hierzulande als Qualzucht verbotenen Rasse Manx, die ohne Schwanz gezüchtet werden – haben meist Schwierigkeiten, sicher auf allen Vieren zu landen. Zwar können auch schwanzlose Katzen auf den Pfoten landen, wenn sie herunterspringen oder fallen. Jedoch fehlt ihnen der Schwanz als Steuerelement und zum Bremsen des Sturzes. Landen Katzen normalerweise sanft und leise, landen Katzen ohne Schwanz plumper und härter auf dem Boden. Carmen Schell, Verhaltenstherapeutin für Katzen, erläutert es lautmalerisch: „Die Landung einer schwanzlosen Katze macht dann eher ‚Plumps‘ statt ‚Fluff‘.“

Können Katzen auch Stürze aus großer Höhe überleben?

Der Stellreflex bedeutet nicht, dass eine Katze auch Stürze aus höchster Höhe unbeschadet übersteht, betont Tierpsychologin Carmen Schell. „Ab dem dritten Stock kann es bereits kritisch werden.“ Zwar würden auch immer wieder Fälle bekannt, bei denen Katzen Stürze aus höher gelegenen Stockwerken überstehen. Zwar hat die Katze dann ausreichend Zeit, sich in der Luft zu drehen und sich auf die Landung vorzubereiten. „Verlassen sollte man sich jedoch nicht darauf“, warnt die Katzenexpertin.

Oft geht ein Sturz aus mittlerer, aber auch großer Höhe nicht gut aus. Denn auch wenn ein Tier genügend Zeit hat, sich zu drehen, können Pfoten und Katzenkörper nur ein gewisses Sturzgewicht abfedern. Die Fallgeschwindigkeit spielt dabei eine Rolle, ebenso wie das Eigengewicht der Katze. „Das heißt, dass eine Katze, auch wenn sie auf den Pfoten landet, wegen Fallhöhe und Gewicht dennoch mit dem Kopf aufschlagen und sich etwa den Kiefer brechen kann“, so Katzenexpertin Schell.

Ebenso könne sich das Tier zahlreiche andere Knochen, etwa in den Beinen, brechen. Auch innere Verletzungen und Blutungen, die nicht sofort ersichtlich werden, sind möglich. „Deswegen sollten Katzen, die auch aus geringerer Höhe aus einem Fenster oder vom Balkon gestürzt sind, immer sofort zum Tierarzt gebracht werden“, sagt Schell. „Auch, wenn das Tier äußerlich unversehrt wirkt.“ Katzen seien zuddem meisterhaft im Verbergen von Verletzungen und Krankheiten. Schlimmstenfalls würden Katzenhalter ansonsten erst dann bemerken, dass mit ihrem Tier etwas nicht stimmt, wenn es vielleicht schon zu spät ist.

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Fazit

Katzen landen zwar oft auf ihren Pfoten, aber nicht immer. Entscheidend sind Gesundheit der Katze, Gewicht und Fallhöhe. Katzen ohne Schwanz haben darüber hinaus Probleme, einen Sturz abzufedern und auf allen Vieren zu landen. Um Katzen vor Stürzen zu schützen, sollten Balkone mit speziellen Katzennetzen gesichert werden. Zudem sollten Katzen nicht am offenen, ungesicherten Fenster sitzen. Auf dem Sprung nach einem Vogel ist schon so manches Tier herausgestürzt. Auch hier können Netze helfen. Für gekippte Fenster gibt es spezielle Gitter, die verhindern, dass sich ein Tier durch den Spalt zwängt und verletzt oder abstürzt. Ganz wichtig: Nach einem Sturz sollte die Katze unbedingt ärztlich begutachtet werden, auch wenn keine Verletzungen ersichtlich sind!

Themen #fellby Katzenverhalten
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